Beiträge von RA Berbuir

    korrekt, aber dass ist doch inzwischen schon "ständige Rechtsprechung" des Senats, auch wenn es hiergegen massive Kritik gibt. Mir liegt zB gerade ein Rundschreiben der KGNW vor, die dazu aufruft, sich generell nicht auf sachlich-rechnerisch mit all seinen Folgen einzulassen...

    bezüglich des Urteils zum Az. B 1 KR 13/14 R dürfte es auch Diskussionen geben, ob die Bewertung der ND N17.9 korrekt war, das BSG sah hier offenbar Anhaltspunkte dafür, dass gar keine eigenständige Erkrankung ANV vorlag, sondern die Werte nur Folge der Exsikkose waren, und damit gem. DKR D002 Symptome als ND ggf. nicht kodierfähig war, wobei ich ein ANV grds. immer als wichtiges Problem sehen würde...

    die Begründung zum letzten Urteil des BSG zur AWP (Zahlung auch wenn erst im Gerichtsverfahren die Korrektheit der Abrechnung festgestellt wird) ist online. Es verstecken sich in dieser eigentlich positiven Entscheidung leider noch einige bittere Pillen:

    • Wiederholung, dass auch die Auffassung des 3. Senats passé ist, wonach der Minderungswille bei jeder Einzelfallprüfung der KK vermutet wird (Rz. 9)
    • die Rechtsprechung des 3. Senats, wonach Abschläge bei der Investitionskostenpauschale für die AWP unbeachtlich sind wird aufgegeben (Rz. 10). ist zwar bislang nur ein obiter dictum, da es vorliegend hierauf nicht ankam, dürfte aber im Streitfall die Richtung vorgeben...
    • AWP entfällt auch dann, wenn zunächst Auffälligkeitsprüfung erfolgt, dann aber nur wegen sachlich-rechnerischer Gründe eine Minderung erfolgt (Rz. 10)
    • Wer nach Ablauf der 6.Wochenfrist freiwillig Unterlagen zur Prüfung vorlegt, muss sich daran festhalten lassen (Rz. 11)
    • Wiederholung, auf die AWP gibt es nur Prozesszinsen von 5%-Punkten über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, keine Verzugszinsen (Rz. 14ff.)

    Insoweit hat der BGH im Zivilrecht mal ein paar interessante Ausführungen gemacht:

    Zitat von BGH Urteil vom 18.01.1996, IX ZR 69/95

    Höchstrichterliche Urteile sind kein Gesetzesrecht und erzeugen keine damit vergleichbare Rechtsbindung. Durch das Abweichen von einer früher vertretenen Rechtsansicht verstößt der Richter grundsätzlich nicht gegen Art. 20 Absatz III GG. Gerichtliche Entscheidungen, die die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts betreffen, wirken schon ihrer Natur nach auf einen in der Vergangenheit liegenden, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt ein. Diese sog. unechte Rückwirkung ist, ebenso wie bei gesetzlichen Vorschriften, grundsätzlich zulässig. Jedoch ergeben sich Schranken aus dem rechtsstaatlichen Prinzip der Rechtssicherheit, welche für den Bürger in erster Linie Vertrauensschutz bedeutet. Durfte die betroffene Partei mit der Fortgeltung der bisherigen Rechtslage rechnen und verdient dieses Vertrauen bei einer Abwägung der gegenläufigen Interessen der Beteiligten sowie der Belange der Allgemeinheit den Vorzug, greift die Rückwirkung in rechtlich geschützte Positionen ein.

    Fraglich ist dann, ob vor Jahren abgerechnete und bezahlte AWP-Forderungen einen abgeschlossenen Sachverhalt in diesem Sinne darstellen oder ein Sachverhalt erst mit Ablauf der Verjährungsfrist als abgeschlossen gilt (ähnlich wie mehrjährige MDK-Prüfungen...)

    so, habe jetzt die ersten Fälle vorliegen, bei denen einzelne KKen 5-stellige Beträge bzgl. längst gezahlter AWP von einzelnen KHs zurückfordern - rückwirkend bis 2011... Teilweise recht beliebig inkl. Verweildauerprüfungen (das wird dann wohl einfach verdientes Geld), teilweise aber auch nur Kodierungsfälle. Bin jedenfalls gespannt, wie die Gerichte reagieren, wenn sie dutzendfach dieselbe Klagebegründung mit einem Streitwert von je € 300,- reinbekommen... ||

    da es sich letztlich um eine Urteilsverfassungsbeschwerde handeln würde, kann das nur das jeweilige KH, welches auch das Klageverfahren durch die Instanzen getrieben hat machen, selbstverständlich bleibt es der DKG unbenommen, insoweit Hilfestellungen anzubieten. Insbesondere die weiteren Kosten (ggf. auch für zusätzliche Anwälte, die Erfahrung mit Verf.beschwerden haben) bei ungewissem Ausgang haben bislang m.W. oftmals die KHs davon abgehalten, diesen letzten Schritt zu gehen...

    wie muss ich das Urteil vom SG Mainz vom 22.10.2014 S 3 KR 438/12 einordnen ? Konnte es im Forum nicht entdecken.

    So wie sämtliche Urteile, die sich gegen Entscheidungen der Bundesgerichte richten: als Einzelfallentscheidung mit teilweise interessanten juristischen Ansätzen, die jedoch oftmals nicht von anderen Gerichten aufgegriffen werden ("Die Frage ist doch bereits vom BSG geklärt") - um diese Ansichten durchzusetzen, müssten viel mehr geeignete Fälle durch die Instanzen geklagt werden, manchmal ändert auch ein Bundesgericht seine Auffassung (oder schränkt sie zumindest ein) - falls nicht, bleibt evtl. noch der Weg vors BVerfG... :P

    Zitat aus dem Jahresbericht des BVA:


    Bei Prüfungen wurden – wie bereits in der Vergangenheit – Fehler bei der Abrechnung der Fallpauschalen für Neugeborene, der Fallzusammenführung im Rahmen von Wiederaufnahmen oder Rückverlegungen und der Berechnung von Abschlägen bei Verlegungen festgestellt.
    Bei der Versorgung Neugeborener wurden gerechnet, obwohl die Voraussetzung einer Versorgung des Neugeborenen außerhalb des Kreissaales nicht vorlag. Ein weiterer Fehlerschwerpunkt bei den Abrechnungen waren die Fallpauschalen bei einer Behandlung sowohl in der Hauptabteilung als auch in belegärztlichen Abteilungen desselben Krankenhauses. Bei den beanstandeten Ab-rechnungen hatten die betroffenen Krankenhäuser die deutlich höhere Hauptabteilungs-DRG abgerechnet, obwohl die Behandlung in Belegfachabteilungen erfolgte. Da die belegärztlichen Leistungen aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung abgegolten werden, sind die Fallpauschalen für die Hauptabteilungen höher als die Fallpauschalen für die Belegabteilung.

    Es dürfte folglich in diesen Bereichen zukünftig mit erhöhten Fallprüfungen zu rechnen sein...

    Hallo medman2,

    leider kann ich Ihnen auf Ihre Frage keine klare Antwort geben, wir versuchen auch nur aus den Krumen der Weisheit, die das BSG uns hinwirft, eine halbwegs praktikable Linie zu basteln. Ich würde aber auch meinen, dass man die Aussage in Ihrem Sinne interpretieren kann.
    Beste Grüße aus dem Kölner Backofen
    RA Berbuir

    ein paar recht interessante Klarstellungen finden sich im aktuellen Urteil des 1. Senats zu Aufwandspauschalen bei Prüfungen auf Fallzusammenführung (FZF):

    • FZF-Prüfung ist keine sachl.-rechnerische Prüfung, sondern unterfällt Abs. 1c
    • die Auffassung des 3. Senats, jede Fallprüfung durch den MDK erfolge automatisch mit dem Ziel der Abrechnungsminderung und unterfalle daher Abs. 1c, wird aufgegeben
    • wenn im Prüfauftrag explizit 2 Fälle und die Frage nach einer FZF angegeben sind, gibt es max. 1 AWP nicht 2
    • bei Verweildauerprüfungen ab Zeitpunkt x bis Entlassung, ist es egal, ob dieser Zeitraum in mehreren Zwischenrechnungen abgerechnet wurde, es gibt nur eine AWP
    • die 6 Wochenfrist für die Prüfung einer FZF beginnt erst mit Abrechnung des zweiten Aufenthaltes (unabhängig von der zeitlichen Abfolge)