wie bereits auf der News-Seite berichtet, das nächste Urteil (B 1 KR 24/13 R) ist veröffentlicht
Darin wird diese lustige Diskussionsrunde "geadelt" indem tatsächlich auf einen Thread verwiesen wird und Herr Selter quasi namentlich zitiert wird - also ab sofort Obacht: was man hier schreibt, kann sich ganz schnell in einem Urteil wiederfinden...
Zum Urteil selbst, das BSG verfestigt seine Auffassung zu einer von § 275 Abs. 1c SGB V losgelösten Prüfbefugnis der KKen inkl. Einsichtnahme in Patientenakten. Die sog. "sachlich-rechnerische Richtigkeit" einer Abrechnung (den Begriff kannte ich bislang nur aus dem Bereich des Vertragsarztrechts, § 106a Abs. 2 SGB V) könne bereits bei kleinsten Anhaltspunkten infrage gestellt werden, mit der Folge, dass die Krankenhäuser dann auch außerhalb der 6-Wochenfrist zur Vorlage von Behandlungsunterlagen verpflichtet seien. Insbesondere seien damit Fälle umfasst, in denen von den DKR oder der "Kodierpraxis" abgewichen wird, bzw. Streit über deren Auslegung besteht. Um die jeweilige Kodierpraxis zu bestimmen, werden die DKR, Stellungnahmen der Fachgesellschaften, DIMDI, MDK-Einschätzungen und sogar Internetdiskussionsrunden ausgewertet. Da aber eben auch Unstimmigkeiten in der Fachwelt bereits Zweifel begründen können, dürfen die KHs also nunmehr jedesmal wenn sie statt dem MDK der FoKA-Empfehlung folgen, verpflichtet sein, dies mit der Abrechnung anzugeben, woraufhin dann der MDK bis zum Ende der Verjährung den Fall prüfen darf. Das ursprünglich vom Gesetzgeber verfolgte Ziel einer Eindämmung der Einzelfallprüfung ist damit durch das BSG erledigt - m.E. ist das unzulässige Rechtsfortbildung, die zudem im Gegensatz zu früheren Urteilen des BSG (B 3 KR 64/01 R, B 3 KR 24/07 R) steht, in denen ausdrücklich festgestellt wurde, dass sich aus § 301 SGB V gerade kein Anspruch auf Einsichtnahme in Behandlungsunterlagen ableiten lasse. Hier hätte man eigentlich erwartet, dass insoweit eine Auseinandersetzung bzw. Vorlage an den Großen Senat erfolgt...
Ein schlüssiges, praxistaugliches Konzept zur Krankenhausabrechnungsprüfung ist der Rechtsprechung damit weiterhin nicht zu entnehmen. Den Unterschied zwischen einer "Auffälligkeit" i.S.v. § 275 Abs. 1 Nr. 1 3. Alternative SGB V und der "sachlich-rechnerischen Unrichtigkeit" i.S.v. § 301 Abs. 1 SGB V hat das BSG weiterhin nicht nachvollziehbar herausgearbeitet, denn der Streit über die Frage der richtigen Kodierung von ICD und OPS ist einem lernenden System immanent.
Ein Zitat aus der Entscheidung zum Az. B 1 KR 52/12 R macht den Zirkelschluss komplett:
Zitat
Es bestehen Auffälligkeiten, die die KK zur Einleitung einer Abrechnungsprüfung unter Anforderung einer gutachtlichen Stellungnahme des MDK berechtigen und verpflichten, wenn die Abrechnung und/oder die vom Krankenhaus zur ordnungsgemäßen Abrechnung vollständig mitgeteilten Behandlungsdaten und/oder weitere zulässig von der KK verwertbare Informationen Fragen nach der - insbesondere sachlich-rechnerischen - Richtigkeit der Abrechnung und/oder nach der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots aufwerfen, die die KK aus sich heraus ohne weitere medizinische Sachverhaltsermittlung und -bewertung durch den MDK nicht beantworten kann.
Eine mögliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit soll also eine Auffälligkeit begründen, aber gleichzeitig auch ein eigenes Prüfverfahren eröffnen?
Auch der ganze Aufwand für die neue PrüfVV wird somit letztlich überflüssig, da man immer über die Hintertür der sachlich-rechnerischen Prüfung abgeschlossene Fälle öffnen kann.