Bundessozialgericht zur Verordnung von Arzneimitteln

  • Hallo Forum,

    das Bundessozialgericht hat sich neulich zur Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung geäußert. Nach diesem Urteil sind Verordnungen (zu Lasten der Krakenkassen) nur noch zulässig, wenn das Präparat für die jeweilige Indikation explizit zugelassen ist. Das Urteil läßt nur sehr wenige Ausnahmen von dieser Regel zu.
    Ich weiß, daß dies nicht unbedingt zum Thema DRG's gehört - aber doch erheblich zum Thema Kosten im Krankenhaus, wenn es auch im stationären Bereich umgesetzt wird.
    Zunächst einmal: Kaum ein Arzt im Krankenhaus weiß genau, für welche Indikationen die verfügbaren Medikamente jeweils zugelassen sind. Diese Informationen müßten also erst einmal verfügbar gemacht werden.


    Daneben gibt es ein paar Problemchen:

    Die Zulassung und damit die Liste der zugelassenen Indikationen ist meines Wissens an das konkrete Präparat - ggf. an jede unterschiedliche Dosierung - und nicht an den Wirkstoff gebunden.
    Generika haben häufig ein anderes (in der Regel geringeres?) Spektrum zugelassener Indikationen. Bei wirkstoffähnlichen Präparaten sind die Unterschiede vermutlich noch viel größer.

    Alte Zulassungen sind oft nicht dem medizinischen Erkenntnisstand entsprechend erweitert worden.

    Ein paar Beispiele:

    - Ist Ihr Heparin-Präparat für Eingriffe mit hohem Thromboserisiko zugelassen?
    - Sind die Ihre Antibiotika für alle Indikationen zugelassen, für die Sie sie verwenden?
    - Womit behandeln Sie Schwangere, Kinder, chronisch Kranke? Sind diese Präparate für diese Patientengruppen zugelasen?
    - Womit behandeln die Onkologen und Neurologen?
    - Wie sieht es mit chirurgischen Materialien aus (Nahtmaterial, Implantate)? Zulassungsbeschränkungen?
    - Was ist mit Wundbehandlungsmitteln, Salben, Verbandsstoffen?

    Sollten auch die privaten Krankenversicherer auf einer Anwendung des Urteils bestehen, gäbe es nur noch für reine Selbstzahler eine Behandlung nach aktuellem medizinischen Kenntnisstand. Hoffentlich sehen die privaten Krankenversicherer hier eher eine Möglichkeit, sich positiv von der gesetzlichen Krankenversicherung zu unterscheiden.

    Aber auch Regressforderungen könnten mit der Anwendung von Präparaten außerhalb der zugelassenen Indikationen begründet werden. Zumindest mit Versuchen sollte man rechnen. Einige niedergelassene Ärzte sind bereits mit Forderungen in erheblicher Höhe konfrontiert.

    Viele Grüße

    Dr. med. Christoph Rüschemeyer
    Med. Controlling
    Klinikum Osnabrück GmbH

    P.S.:
    Wie soll eigentlich die neue "aut idem"-Regelung unter diesen Bedingungen funktionieren?