"komplexe Wundverhältnisse" als Aufnahmegrund

  • Liebes Forum,

    in diesem Fall bin ich auf der Suche nach der HD:

    Auszug aus der Anamnese:

    Zitat

    Bei Herrn ....war im April in .....(periphere Klinik) aufgrund eines malignen Insulinoms eine OP nach Whipple durchgeführt worden. Postoperativ kam es zunächst am.... (10 Tage nach OP) zu einer revisionspflichtigen Nachblutung. Am ...(wieder 14 Tage später) kam es erneut zu einer Blutung mit hämorrhagischem Schock. Aufgrund einer Arrosion der Pfortader war im Rahmen der notfallmäßig durchgeführten Laparotomie eine Massivtransfusion notwendig. Bei diesem Eingriff wurde der Magen blind verschlossen und eine Tamponade der Blutungen mit Bauchtüchern durchgeführt. Aufgrund der komplexen Wundverhältnisse erfolgte die Verlegung in unsere Klinik zur weiteren chirurgischen und intensivmedizinischen Behandlung

    Was ist nun die HD für uns als aufnehmende Klinik??

    Die C25.4? (bös. Insulinom, war bereits vor fast einem Monat in Toto entfernt worden)
    T81.0 (Blutung, bestand aber nicht mehr bei Aufnahme)

    Da die Probleme durch die Sekretion von Pankreasenzymen in die freie Bauchhöle enstehen, wäre auch denkbar:

    K85.81 (aber eine Pankreatitis im eigentlichen Sinne besteht nicht)
    K65.8 (aber die Peritonitis ist ja nicht der Grund der Aufnahme)

    Ich habe mich momentan für die Unspezifische T88.8 entschieden, da ich nichts passendes spezifischeres finden konnte.

    Hat jemand vielleicht eine andere Idee??

    Zur weiteren Info: die gastrointstinale Passage wurde bei uns wieder hergestellt mittels Biliodigestiver Anastomose (5-512.2).
    Trotzdem kam es bei weitere Andauung von Darm zu rezidivierenden Dünndarmlecks mit wiederholten Übernähungen.

    danke für die Hilfe

    Dr. Stefan Stern :sterne:
    Klinik für Anästhesiologie
    Klinikum der Universität München

  • Hallo Herr Stern,


    für Ihr Problem gibt es mehrere Ansatzpunkte:

    In Analogie zu 1105d (Gastrointestinale Blutungen) könnte man in Richtung „Blutung“ argumentieren, die halt zum Aufnahmezeitpunkt bereits sistierte (T81.0).

    Wenn keine Blutung mehr bestand, so doch zumindest ein Zustand am Magen, der so nicht belassen werden konnte, also im weitesten Sinn ein „Syndrom des operierten Magens“ (K91.1).

    Fragen zum Verständnis (und eventuell leichteren Beantwortung Ihrer Frage):
    Was wurde aus der Arrosion der Pfortader?
    Wenn wirklich eine vorlag, wird sie vermutlich nicht von selbst verschwunden sein (also T81.7).
    Was war eigentlich ursächlich für die Arrosion?
    Drainage (T85.6) oder Sekretion von Pankreasenzymen auf Grund einer Insuffizienz der pankreodigestiven Anastomose (T81.8: persistierende postoperative Fistel)?

    Mit T88.8 liegen Sie zwar nicht verkehrt, aber eigentlich auch nicht richtig (weil extrem unspezifisch).


    MfG

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

  • Lieber Kollege Balling,

    grüße von München an den schönen Ammersee.
    Vielen Dank für ihre Hilfe, der Schlüssel für das Syndrom des operierten Magens war mir ja noch garnicht bekannt.

    Zu ihren Fragen. Die arrodierte Pfortader wurde wohl schon auswärts verschlossen, denn nach der Entfernung der auswärts eingelegten Bauchtücher war keine relevante Blutung mehr vorhanden.
    Die Ursache aller Arrosionen ist die Sekretion von Pankreasenzymen auf Grund der grossen Resektionsfläche am Pankreas nach Entfernung des Insulinoms. Eine Insuffizienz der pankreodigestiven Anastomose im eigentlichen Sinne lag nicht vor, da die Sekretion diffus aus dem Pankreas-Wundbett ins Peritoneum und Retroperitoneum erfolgte.

    Im übrigen halte ich die T81.8 auch nicht für spezifischer als die T88.8, eigentlich konnte ich zwischen beiden Kodes noch nie einen Unterschied erkennen.

    Die T88.7 scheint mir jetzt trotz allem vielleicht die beste Wahl, denn die Gefässkomplikation führte im Endeffekt zur auswärtigen Revision, welche wiederum zur verlegung zu uns führte.

    Beste Grüße,

    Dr. Stefan Stern :sterne:
    Klinik für Anästhesiologie
    Klinikum der Universität München

  • Hallo Herr Stern,

    Grüße zurück in die (vermutlich noch heißere) Stadt.

    So ganz klar ist mir die Situation immer noch nicht. Wenn der Pat. „gewhipplet“ wurde, hat er ja eine Anastomose zwischen Pankreasrest und Dünndarm erhalten, d.h. die Pankreasresektionsfläche wurde an den Dünndarm angeschlossen („innere“ Drainage). Ein Pankreaswundbett gibt es also bei der klassischen OP nach Whipple nicht. Wenn die Arrosion auf Pankreasenzyme zurückzuführen ist, dann muss dem eine insuffiziente pankreodigestive (bzw. pankreaticodigestive) Anastomose zu Grunde liegen. Also wären wir doch wieder bei der T81.8, die übrigens doch spezifischer als die T88.8 ist, weil in den ICD-Hinweisen explizit die „Persistierende postoperative Fistel“ aufgeführt ist.

    MfG

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld