Ambulante intravenöse Antibiose statt stationärer Behandlung ??

  • Liebe Kollegen,

    da der letzte Eintrag zu dieser Thematik aus 2009 datiert, eröffne ich die Runde an dieser Stelle erneut:

    Aktuell häufen sich die "Gutachten" verschiedener Berufsgenossenschaften, die entweder die Oralisierung einer Antibiose nach 24 Stunden fordern ( konkret Schnittverletzung bei einem Metzger mit entsprechend kontaminiertem Messer) oder per se die Notwendigkeit einer stat. Behandlung ablehnen und eine ambulante i.v. - Therapie postulieren.

    Hier stellen sich mir mehrere Fragen:

    - darf sich die BG in die ärztliche Therapiefreiheit einmischen?; BG - Verfahren als Sonderform des Begutachtungsverfahren zu betrachten?

    - ambulante i.v. - Antibiose ist zwar abstrakt denkbar, aber doch kaum umsetzbar; zudem z.B. in konkreten Fällen einer nicht operativ versorgten Unterschenkelfraktur bzw. einer Bursitis präpartellaris dem Patienten eingeschränkte Bettruhe verordnet wurde. Wie würde hier ein ambulantes Konzept möglich sein? - Ambulanter Hausarztbesuch 3 x/d.? - Unrealistisch !; 3 x / d per KTW in die Praxis ? - Ebenso weltfremd;

    Wie sind Erfahrungen in diesen Fällen? - Gibt es zitierfähige Behandlungsleitlinien / Urteile?

    Bin für jeden Hinweis dankbar.

    Herzliche Grüße

    Stephan Wegmann

  • Hallo

    Zitat

    BSG B 3 KR 18/03 vom 13.5.2004
    Das Erfordernis einer konkreten Betrachtungsweise bedeutet, dass es nicht ausreicht, von theoretisch vorstellbaren, besonders günstigen Sachverhaltskonstellationen auszugehen, die den weiteren Krankenhausaufenthalt entbehrlich erscheinen lassen, sondern dass zu prüfen ist, welche ambulanten Behandlungsalternativen im Einzelfall konkret zur Verfügung stehen, weil nur so die kontinuierliche medizinische Versorgung eines Versicherten gewährleistet werden kann.

    Zitat

    BSG B 3KR 21/05 vom 10.4.2008
    Krankenbehandlung, die nicht der besonderen Mittel eines Krankenhauses bedarf, ist grundsätzlich ambulant durchzuführen; insbesondere die vollstationäre Krankenhausbehandlung ist nachrangig gegenüber allen anderen Arten der Krankenbehandlung (vgl § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V "weil ... nicht"). Ob die notwendige medizinische Versorgung nur mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt werden kann, ist immer an Hand der Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen; es kommt auf die Art und Schwere der Krankheit im Einzelfall an und ob dafür die medizinische Versorgung eines Versicherten gerade im Krankenhaus notwendig ist. Allerdings lässt sich die Frage, ob ambulante oder stationäre Behandlung angezeigt ist, nicht immer eindeutig beantworten. So hat schon der 1. Senat des BSG (Urteil vom 4.4.2006, BSGE 96, 161, 169 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8 ) darauf hingewiesen, dass für die ärztliche Entscheidung, Behandlungsverfahren ambulant oder stationär durchzuführen, vor allem Risikoabwägungen ausschlaggebend sind. Dabei kommt es insbesondere auf den Gesundheitszustand des Versicherten an, aber auch andere Faktoren können eine Rolle spielen - denn eine medizinische Versorgung, die als solche nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse in der Regel ambulant vorgenommen wird, kann gleichwohl auf Grund besonderer Gegebenheiten des Einzelfalles eine stationäre Krankenhausbehandlung erfordern (Urteil des erkennenden Senats vom 19.11.1997, SozR 3-2500 § 107 Nr 1 S 7). Entscheidend ist zudem, dass eine nach den Regeln der ärztlichen Kunst geeignete ambulante Variante überhaupt zur Verfügung steht, und zwar so, dass sie für den Versicherten verfügbar und in zumutbarer
    Weise erreichbar ist.

    So sind meine Begründungen.
    Gerichtsverfahren dazu laufen.

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Guten Tag,

    danke für die Antwort. - Für mich stellt sich dann noch die Frage, wer hier die Beweislast trägt. Im Zweifel müssen wir doch wahrscheinlich belegen, das eine ambulante Behandlung nicht möglich war, oder??

    Viele Grüße

    Stephan Wegmann

  • Hallo,
    nach meinen Erfahrungen sind da auch die KK gefragt. Denn diese Behaupten ja das es auch ambulant gegangen wäre.
    Meine Frage dann immer: ok, aber bitte wo? Auch damit wir zukünftige Fälle an diese Einrichtungen verweisen können.
    Häufig folgt darauf dann ein Angebot zum Vergleich.

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)