Ressource zur Kodierung von D90 Immunkompromittierung nach Chemotherapie und Bestrahlung?

  • Frage/Diskussion: Kodierung D90 „Immunkompromittierung nach Bestrahlung, Chemotherapie und sonstigen immunsupressiven Maßnahmen“Hintergrund:1. Bei Aufnahme mit Infektionen (auch FUO) nach kurz vorher applizierter Chemotherapie triggert der Kode D90 von T64C nach T64B. Er ist ohne ccl-Relevanz stellt aber ein Splitkriterium dar.2. Bei Aufnahme wegen ambulant erworbener Pneumonie muss die QS-Pneumonie ausgearbeitet werden. Einer der Ausschlusskriterien in dem Algorithmus für die QS-Pneumonie ist die D90.In beiden Fällen muss aber für die Kodierung ein Aufwand entsprechend der Kodierrichtlinie D003i erfolgt sein.Das ist natürlich gegeben bei1. Applikation von G-CSF wie Filgrastim, Granozyte oder Pegfilgrastim und/oder2. Isolierung des Patienten und/oder3. Aufwändiges AntibiotikaregimeWährend Punkt 1 und 2 eindeutig ist, stellt sich die Frage nach dem „intensiveren“ oder „breiteren“ oder „aufwändigeren“ Antibiotikaregime. Beispiel 1Patient kommt mit (lt. Arztbrief) „Pneumonie bei immunsupprimiertem Patienten nach vorangegangener Chemotherapie“. Der Patient wird nicht isoliert und bekommt auch keine Granulozyten stimulierende Medikamente. Im Aufnahmelabor Granulozyten bei 9210/µl (ohne vorheriger Stimulierung). Also deutlich erhöht. Prozentualer Anteil leicht über der Norm. Monozyten sind erhöht. Lymphozyten erniedrigt. Basophile und eosinophile Granulozyten im Normbereich. CRP mit 285 mg/l auch deutlich erhöht. Es wird keine Erregersuche mittels bronchoalveolärer Lavage durchgeführt. Ein anderer Infektfocus liegt nicht vor. Zunächst wird mit der alleinigen Antibiose Ampicillin/Sulbactam intravenös therapiert. Bei fehlendem Abfallen der Entzündungszeichen wird nach 5 Tagen auf die Monotherapie mit Meronem umgestiegen. Darunter Abfall der Entzündungswerte. Lt. der Ärzte rechtfertigt das hier gegebene Antibiotikaregime die Kodierung von D90, weil der Patient ja auch immunsupprimiert sei. Damit müsste die QS-Pneumonie nicht mehr fertiggestellt werden. Ampicillin/Sulbactam wie Meronem sind Breitbandantibiotika wobei lt. Fachinfo Meronem „bei neutropenischen Patienten angewendet werden kann, deren Fieber vermutlich durch eine bakterielle Infektion ausgelöst wurde“. Der Preisunterschied pro Flasche beträgt je nach Dosis ca. 5,0 €. Stellt die Monotherapie mit Meronem schon ein aufwändiges Antibiotikaregime in dem Sinne dar, dass die Kodierung von D90 gerechtfertigt ist? Beispiel 2Patient mit bekanntem myelodysplastischem Syndrom wird wegen einer Pneumonie stationär aufgenommen. Die Granulozyten liegen während des gesamten Aufenthaltes im Normbereich. Der Prozentanteil der Zellen leicht erniedrigt (36,3 % mit Norm 37,0-72,0%). Basophile, Monozyten und Lymphozyten leicht über der Norm. Das CRP liegt initial bei 32,4 mg/l und steigt ab dem 7. Tag auf > 100 mg/l an. Auch hier kein weiterer Infektfokus und keine Erregersuche mittels Lavage. Initial Behandlung mit Doppelantibiose: Makrolidantibiotikum Klacid (geeignet bes. bei pulmonalen Infekten) und Betalactam-Antibiotikum mit Betalaktamase-Inhibitor Unacid (Ampicillin/Sulbactam). Nach fehlendem Abfall der Entzündungszeichen leitliniengerechte Umstellung der Antibiose: Ab dem 7. Tag erfolgt die Monotherapie mit Meronem (Betalactam-Antibiotikum). Diskussion:1. Kann im zweiten Fall von einem aufwändigeren Management gesprochen werden, wenn ohne Erregernachweis initial mit 2 Antibiosen und damit erhöhter Wirksamkeit bzgl. des Keimspektrums behandelt wird?2. Kann man bei alleiniger Applikation von Meronem aufgrund der Fachinformation, dass es bei neutropenischen Patienten eingesetzt werden kann und ein wenig teurer ist (höherer Ressourcenaufwand?!) von erhöhtem Management ausgehen?Immunsupprimierte Patienten werden nach der KRINKO-Empfehlung des Robert-Koch-Instituts in drei Risikogruppen eingeteilt. Entweder liegt die Anzahl der Granulozyten < 500/µl oder es besteht ein Mangel an CD4-Helferzellen oder es liegt eine schwere aplastische Anämie bzw. Makrophageninaktivierungssyndrom bei intensiver immunsupprimierender Therapie vor. Zustände nach Knochenmarktransplantation liegen in beiden o.g. Fällen nicht vor. Nach der KRINKO-Empfehlung liegt hier also keine Immunsuppression vor. Einschränkend wird allerdings in den Anforderungen an die Hygiene bei der medizinischen Versorgung von immunsupprimierten Patienten des RKI erwähnt, dass solch eine schematische Orientierung zu Fehlern in der Einschätzung einer Immunsuppression führt. Es können auch andere Faktoren zu einer Einschränkung der Immunsituation eines Patienten führen: Verschlechterte Produktion von Antikörpern, Störung der Abwehr viraler Infekte, verringerte Haut- und Schleimhautbarriere, verringerte Magen-/Darmmotilität, Wundheilungsstörung. Unabhängig von der Granulozytenanzahl könnte demnach schon eine Immunsuppression vorliegen. Lt. KRINKO des RKI durch a) die Erkrankung selbst (Leukämie, Lymphom, Knochenmarksinfiltration), b) durch die Therapie (Chemotherapie, Bestrahlung) oder c) durch Katheter im Gefäßsystem. 
    Da die Diskussion der Kodierung von D90 wie in o.g. Beispielen ein „Dauerbrenner“ bei uns in der Klinik ist, wäre ich um eine Stellungnahme ihrerseits dankbar.
    Obwohl viel zu lesen ist, trotzdem schon einmal Danke für eine Antwort