Chronisch Kranke im DRG-System lassen!?

  • Zitat


    Original von GPoschmann:
    Im nichtoperativen Bereich (chronisch Kranke, Sepsis, TBC,)gibt es kein sinnvolles Korrelat von Liegedauer (=Kosten) und Erlös (=Relativgewicht). Die Langlieger aus diesen Bereichen sollten analog zu psychiatrischen Diagnosen aus den DRG herausgenommen werden.

    Lieber Herr Poschmann, liebes Forum,

    einerseits glaube ich ja, zu verstehen, was Sie mit "kein sinnvolles Korrelat von Liegedauer (=Kosten) und Erlös (=Relativgewicht)" meinen. Andererseits verstehe ich nicht, wie Sie die genannten Fälle (einschließlich Psychiatrie) konkret vergütet haben wollen, wenn sie denn "aus den DRG herausgenommen werden".

    Heißt die Antwort tagesgleicher Pflegesatz? Wenn ja, wäre es dann nicht sinnvoll, trotzdem gleiches Geld für gleiche Leistung zu fordern?

    Wie würden Sie das machen? Kostenkalkulation per (DRG-)Kalkulationshandbuch? Benchmarking?

    Halten Sie es bei zeitabhängiger Vergütung für denkbar, dass je nach Diagnose (chronisch Kranke, Sepsis, TBC, Psychiatrie) unterschiedliche, aber bundeseinheitliche (diagnosebezogene) Tagessätze vergütet werden?

    Müßte man dann nicht auch die chronischen Fälle patientenindividuell verschlüsseln und anschließend gruppieren, um einen diagnosebezogenen Tagespflegesatz zu begründen?

    Der Unterschied zu z. B. elektiven chirurgischen Fällen besteht ja nicht in der Schwierigkeit chronische Fälle medizinisch zu klassifizieren oder deren individuelle Fallkosten zu kalkulieren, sondern lediglich darin, wie weit sich die Kosten besser mit einer Einmalzahlung oder besser mit einer Zeitpauschale zuordnen lassen. Sollte man dann die genannten Fälle nicht doch besser "in den DRGs drin lassen"?

    Oder schwebt Ihnen eine komplett andere Lösung des Problems vor?

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Man darf bei Langliegern (und Kurzliegern) nicht übersehen, das das RG nicht das Ende vom Lied ist. Es ist nur der erste Schritt der Entgeltermittlung. Was sie wirklich erhalten hängt von den Abrechnungsregeln ab.

    z.B. in Australien :kangoo:
    - Überschreitung der oberen Grenzverweildauer?
    (-> zusätzliche Pauschalen für überschrittene Verweildauer)
    - Unterschreitung der unteren Grenzverweildauer? (mit Verlegung?)
    (-> Abschlag vom vollen RG)
    - Tagesfall? (z.T. spezielles RG)

    Erst wenn diese Regeln für Deutschland bekannt sind, kann man beurteilen ob Langlieger wirklich unterfinanziert werden (vorausgesetzt man kennt die Relativgewichte).:roll:

    mfG

    S. Glocker

  • Zitat


    Original von S_Glocker:
    (vorausgesetzt man kennt die Relativgewichte).:roll:

    Und um diese zu ermitteln, kann ich nicht bereits im Vorfeld fordern, z. B. Langlieger "aus dem System zu nehmen". Ganz im Gegenteil, ich muß auch diese Fälle klassifizieren, gruppieren und kalkulieren.

    Was alles "in`s System gehört" hängt für mich von der Finanzierung ab: Alles, wofür der Versicherte Beiträge bezahlt, mit anderen Worten alles, was zum Leistungsumfang der Krankenversicherung zählt, sollte, soweit immer möglich, nach vergleichbaren Regeln dokumentiert und bezahlt werden. Eine Vereinfachung unseres derzeitigen Abrechnungssystems mit seiner sektoralen Gliederung, ein vernünftiger Einstieg in eine integrierte Versorgung wäre die Folge.

    Das ein oder andere Detail im DRG-System muss hierzu sicherlich modifiziert werden. Für manche Situationen, etwa chronisch Kranke gäbe es dann z. B. eine diagnoseabhängige Quartalspauschale, auch für ambulante Behandlung wäre so etwas möglich. Entscheidend ist aber, dass Klassifikation und Kalkulation einheitlich ablaufen um letztlich die Leistungen der Krankenversicherung halbwegs realistisch darstellen zu können.

    --
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    DRG-Beauftragter
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    [center] Bernhard Scholz [/center]