Modellversuch vs. Integrierte Versorgung (§140 ff.)

  • [c=#002dff]
    Hallo verehrte Forum-Mitglieder,

    nachfolgend möchte ich mal eine Fragenreihe anstoßen und mit Ihnen diskutieren.

    Worin besteht der juristische, finanzielle und formelle Unterschied zwischen einem Modellversuch und einer integrierten Versorgung nach §140 ff. :sterne:

    Hat jemand von Ihnen Erfahrungen mit Modellversuchen und dessen Aus-/ Erabreitung? Vielleicht können Sie mir auch kooperative Bundesländer bzw. Kassen nennen. Für die Nennung direkter Ansprechpartner bin ich ebenso empfänglich.
    Wenn möglich, teilen Sie mir bitte auch mit, was bei Modellversuchen beachtet werden muss und vorallem wer (alles) gefragt werden will.

    Ich danke Ihnen schon jetzt für Ihren Input.

    Viele Grüße,

    PS: Der Modellversuch soll in Richtung Wirbelsäulenchirurgie gehen... :threemonkey: [/code]

    MfG

  • Hallo Herr Scholze,

    ich nehme an, dass Sie Modellversuche nach § 63 ff SGB V meinen. Dazu drei bis vier Hinweise, die mir spontan einfallen:

    Modellversuche nach § 63 SGB V sind zeitlich befristet, bedürfen der Vorlage bei der zuständigen Aufsichtsbehörde und sind wissenschaftlich zu begleiten.

    Bei Vereinbarungen bzw. Verträgen nach § 140a ff SGB V sollte der \"Integrationscharakter\", also die Zusammenarbeit und Vernetzung von verschiedenen Sektoren der Gesundheitsversorgung, im Mittelpunkt stehen. Außerdem besteht bei IV-Verträgen die Möglichkeit der Anschubfinanzierung durch einen Abzug der KV-Gesamtvergütungen und der Krankenhausrechnungen um bis zu 1 v.H. (Ein ganz zentrales Argument !)

    Gruß

    Der Systemlernende

  • Hallo,

    wenn die \"Anschubfinanzierung\" um bis zu 1 v.H. gekürzt wird, gilt dieses dann generell oder betreffen die Kürzungen \"nur\" das KH, welches an der IV beteiligt ist?

    Anders gefragt:
    Wenn KK \"[c=#0024ff]blau[/code]\" einem IV mit KH \"[c=#ffff00]gelb[/code]\" zustimmt, wird dann das KH-Budget nur von KH \"[c=#ffff00]gelb[/code]\" gekürzt, in der Höhe des auszugliedernden Patientklientels, dass bei KK \"[c=#0024ff]blau[/code]\" versichert ist und an der Therapie teilnimmt?

    Danke und Gruß,
    :roll:
    K. Scholze

    MfG

  • Hallo K. Scholze,

    im niedergelasssenen Bereich wird die Anschubfinanzierung nach meinem Wissen auf den gesamten Bereich der kassenärztlichen Vereinigung umgelegt. Analog gilt der Abzug der Anschubfinanzierung ebenfalls dann auch für einen größeren Bereich, zum Beispiel einer Krankenhausgesellschaft (obwohl diese ja nicht den regionalen Rahmen definieren.

    In Ihrem Fall also nicht nur die regional benachbarten KHs blau und gelb, sondern auch viele weitere Häuser.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. Duck

  • Guten Tag D. Duck,

    wenn die Anschubfinanzierung so ausgelegt ist wie Sie beschrieben haben, würde es doch bedeuten, dass ich von meiner Budgetmenge in meiner Abteilung im Rahmen des IV etwas abgeben muss.
    D.h. ich habe im Abteilungsbudget zunächst einen Verlust, welcher durch den Erlös aus dem IV ausgeglichen wird (und hoffentlich auch erweitert, da allen anderen Häusern der Region ebenfalls Geld \"entzogen\" wird oder etwa nicht? :d_gutefrage: ).

    Viele Grüße,
    :roll:
    K. Scholze

    MfG

  • Hallo Herr Scholze,

    IV ist vom Grundgedanken nicht gemacht, um eine Umverteilung der Finanzierung zu bewirken. Momentan wird bei Abschluß von Verträgen zur IV nicht immer ausreichend beurteilt, ob die beschriebenen Versorgungspfade und deren Bestandteile tatsächlich ein Benefit für den Patienten darstellen.
    Einige Leistungserbringer sehen hier die Möglichkeit, extrabudgetär zu profitieren und nehmem dies als alleinigen Handlungsimpuls.

    Richtig ist, dass auch unbeteiligte Häuser und Ärzte etwas abgeben müssen. Auch hier wird ein falscher Impuls gesetzt, sich an irgendwelchen IV Projekten mit Schuß aus der Hüfte Charakter zu beteiligen.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. Duck

  • Hallo Herr D. Duck,

    ich stimme Ihnen bei Ihrer Argumentation zur Auslegung von IV-Verträgen zu. Andererseits darf man nicht vergessen, dass es (aus Kassensicht) lediglich zu einer Umschichtung kommt und am Ende nicht mehr Geld vorhanden ist.
    Für mich sieht es so aus, dass hier nicht Masse sondern \"Klasse\" zählt. Denn wer weiß, wo er sein Geld herbekommt, der wird (zu Gunsten der Anderen) überleben. Ach ja..., der Patient steht nicht weniger oder mehr im Mittelpunkt als bei allen anderen Akteuren im Gesundheitswesen auch :totlach:

    Wie sollte Ihrer Meinung nach ein guter IV-Vertrag aussehen? Ich selbst suche einen Verhandlungspartner auf der KK-Seite (deutschlandweit), der gewillt ist, etwas an der momentanten Situation zu ändern. 8)

    Viele Grüße,
    :roll:
    K. Scholze

    MfG

  • [c=#0000ff]Hallo @all,

    je mehr ich mich mit dem Thema IV beschäftige, desto häufiger höre ich den Begriff \"Garantie\" im Kontext mit IV ?).
    Ist ein IV grundsätzlich nur möglich, wenn ich \"eine Garantie\" gebe, dass bestimmt Dinge/ Komplikationen nicht passieren bzw. wenn sie eintreten, dass ich diese dann kostenlos behandel? :d_gutefrage:

    Bsp. Hüft-TEP mit 10 jahre Garantie. Ist eine solche Garantie zwingend oder Notwendig? Oder sind die ersten IVs einfach nur \"schlecht/ falsch\" ausgehandelt worden und jetzt Richtungsweisend?

    MfG

  • Hallo Herr Scholze,

    die Vereinbarung einer Garantieleistung kann sicher ein wesentliches Element im Rahmen eines IV-Vertrages sein, zwingend oder notwendig ist sie jedoch nicht.

    Die mir bekannten IV sehen in der Tat im Bereich der Hüftendoprothetik vielfach eine 10jährige Garantiezeit vor. Innerhalb dieses Zeitraumes sollen keine Krankenhausleistungen gegenüber der Krankenkasse abgerechnet werden, wenn die erneute operative Versorgung auf Komplikationen zurückzuführen ist. Soweit die Theorie; die praktischen Fragen, die sich in einem konkreten Fall stellen, werden damit jedoch noch nicht beantwortet. Zum Beispiel:

    - Wann liegt eine Komplikation im Sinne des IV-Vertrages vor ?
    - Ist die Komplikation möglicherweise allein auf ein entsprechendes Verhalten des Versicherten/Patienten zurückzuführen ?
    - Wer entscheidet, ob es sich um eine Garantieleistung handelt oder nicht.
    - Was passiert, wenn der Versicherte/Patient innerhalb des 10-Jahres-Zeitraumes seine Krankenkasse wechselt ?

    Kurzum ich betrachte die Garantieleistung als ein gewisses Marketinginstrument. Dem Versicherten/Patienten wird das Gefühl gegeben, das insbesondere diese Klinik, mit der ein IV besteht, eine hochwertige medizinische Versorgung bietet und daher keine Probleme hat, auch eine 10jährige Garantieleistung zu gewähren.

    Kurze Anmerkung zum Beitrag von D. Duck: Die IV ist vom Grundgedanken zwar nicht gemacht, um eine Umverteilung der Finanzierung zu bewirken, diese Umverteilung ist jedoch eine wesentliche Folge eines IV !

    Gruß

    Der Systemlernende

  • Zitat


    Original von D. Duck:
    Hallo K. Scholze,

    im niedergelasssenen Bereich wird die Anschubfinanzierung nach meinem Wissen auf den gesamten Bereich der kassenärztlichen Vereinigung umgelegt. Analog gilt der Abzug der Anschubfinanzierung ebenfalls dann auch für einen größeren Bereich, zum Beispiel einer Krankenhausgesellschaft (obwohl diese ja nicht den regionalen Rahmen definieren.

    Hallo Herr Duck,

    Das stimmt so nicht ganz.

    Der Gesetzgeber sieht die Möglichkeit einer Anschubfinanzierung zur Förderung von IV-Verträgen vor. Diese beträgt bis zu 1% der ambulanten und stationären Vergütung. Wird ein IV-Vertrag geschlossen, so wird entsprechend dem Vertragsvolumen und der der KV-Region, in dem dieser Vertrag geschlossen wurde, bis zu 1%, also bspw. 0,12 % vom KV-Budget, als auch von jeder Krankenhausrechnung in dieser KV-Region abgezogen. Dabei ist es zunächst einmal unabhängig davon, ob die gesetzlich vorgeschriebenen zugelassenen Leistungserbringer, mit denen der Vertrag geschlossen wurde, aus dem niedergelassenen oder stationären bereich kommen. Theoretisch könnte also ein IV-Vertrag einer Kasse mit einem Sanitätshaus und einem ambulanten Pflegedienst in Hannover dazu führen, dass in ganz Niedersachsen sowohl der KV, als auch allen Krankenhäusern anteilig die Anschubfinanzierung abgezogen wird. Dabei spielt es leider keine Rolle, ob das nun \"gerecht\" ist, oder nicht.
    In der Realität schließen allerdings die KK IV-Verträge in aller Regel unter Einbindung von Krankenhäusern. Im Gegenteil. Da der stationäre Anteil meistens größer ist als der ambulante, fließt Geld aus dem ambulanten in den stat. Bereich.

    [f2] [c=darkblue][comic]Schönen Gruß vom Möhrle[/comic][/c] :i_wink:[/f2]