DRG Übung Berufsverband der Deutschen Chirurgen

  • Hallo Forum,

    Der Berufsverband der deutschen Chirurgen stellt eine interessante Übung vor, die mich aber mehr verunsichert als \"übt\".
    Anamnese: per- subtrochantäre Fraktur 6 Monate vorher, versorgt mit DCS. aktuell Treppensturz mit Immobilität, radiologisch jetzt Plattenbruch mit Varusstellung des Schenkelhalses.

    Apodiktisch wird gefolgert, dass Hauptdiagnose \"zweifellos die geschlossene subtrochantäre Fraktur (S72.2) sei. Die vorhandene Pseudarthrose (M84.15) sei Nebendiagnose.

    Ich war bislang der Meinung, dass bei einer solchen Konstellation (durch den Sturz wird die okkulte Pseudarthrose merkbar) die Pseudarthrose Haupt- und Folge einber Oberschenkelfraktur Nebendiagnose sei.

    Zu diskutieren ist auch die Empfehlung zur Procedur: Durchgeführt wird eine valgisierende Osteotomie, zusätzlich werden nekrotische Knochenanteile entfernt und eine Stabilisierung mit DHS durchgeführt.
    der Vorschlag 5-7810f (valgisierende Osteotomie) gefolgt von 5-786.4 für die DHS ist sicherlich korrekt, der Verzicht auf eine Codierung nekrotischer Knochenanteile wäre aber nur dann für mich nachvollziehbar, wenn die Nekroseentfernung mit dem entnommenen Keil für die Osteotomie erfolgte.

    Mich würde interessieren, wie das Forum die Hauptdiagnose wählen würde und ob der postoperative HB Abfall von 12,3 g/dl auf 8,3 g/dl entgegen den Angaben in der Übung als akute Blutungsanämie verschlüsselt werden kann (Pat. erhielt 3 Konserven.

    Auf rege Antworten würde ich mich freuen.

    P.Host

  • Hallo P.Host,

    1. die knifflige Frage nach Haupt- oder Nebendiagnose bei Frakturen bei Implantaten oder Prothesen ist natürlich nicht neu. Interessant vielleicht die Änderung durch den Wegfall der DKR 2004, sehr schön von Herrn Selter hier einschließlich Stellungnahme des InE dargestellt:
    http://dedi694.your-server.de/mydrgj/apboard…06ca6cdcd96b0#0

    2. Die Anämie hätte ich bei der schönen Übung sicher verschlüsselt, die ist glaube ich einfach vergessen worden.

    3. Darüberhinaus habe ich mit der Haupt-Prozedur der Umstellung bei vorliegendem Fall (HD subtroch Femurfraktur!) doch leichte Bauchschmerzen!

    Mit freundlichen Grüßen M. Finke :sonne:

    [f2]Mit freundlichen Grüßen


    Dr. M. Finke
    Oberarzt der Chirurg. Abteilung :i_ritter:
    Rotkreuzklinik Lindenberg[/f2]

  • Hallo Herr Finke, Hallo Forum

    diesen Hinweis habe ich auch schon überlegt.
    Aber bei der geschilderten medizinischen Situation handelt es sich nach meiner Interpretation aber eindeutig um eine Pseuarthrose (siehe Nekrotischer Knochen) mit einem (eventuell sturzverursachenden oder sturzbedingten) Bruch der Osteosyntheseplatte.
    Nach der Regel D005d wäre dann analog Beispiel 4 in der DRG Regel die Pseudarthrose und nicht die Fraktur Hauptdiagnose. Nach D002d könnte man argumentieren, dass die Pseudarthrose als \"Symptom\" zur Hauptdiagnose wird, da sie spezifisch (durch Osteotomie und Pseudarthrosenresektion) behandelt wird.
    Natürlich wird im konkreten Fall letztlich die nicht verheilte Fraktur behandelt, die Komplikation muss aber traumatologisch spezifisch und nicht wie die eigentliche Fraktur behandelt werden, was dann auch in der DRG dargestellt wird. Dann wäre die Umstellungsoperation, wie sie erfolgte auch logisch.
    Mache ich bei meiner Argumentation einen (DRG) Denkfehler?

    Grüße an alle Mitstreiter
    P.Host

  • Hallo alle miteinander,

    es wäre schön, wenn diese Übungen aus den einzelnen Fächern der Chirurgie mit Experten dieser Fächer vorher abgeklärt werden.

    Ich habe diese Übung leider nicht im Klartext gelesen. Daher kann ich zum Hergang und ob in Ihrer Darstellung etwas fehlt, nichts sagen und kann daher nur zu dem Stellung nehmen, was Sie schreiben, ob also die Übung anders zu verstehen war, kann ich also nicht beurteilen.

    Am Anfang der Codierung steht stets die Anamnese. Was war eher da, die Pseudarthrose mit ermüdeter Platte und jetzt Materialversagen, Abrutschen der Pseudarthrose und nachfolgend Treppensturz, oder Treppensturz mit nachfolgendem Materialversagen.

    Beides wird unterschiedlich codiert. So wie Sie es schildern, tippe ich nämlich auf Ersteres, da Letzteres eher eine Materialverbiegung, einen Materialausbruch oder eine Fraktur proximal oder distal des Materials verursacht hätte.

    Ich würde den ersteren Fall folgendermaßen codieren:

    T93.1 Für die Folge einer Femurfraktur
    M84.15 für die Pseudarthrose,
    T84.0 für den Plattenbruch
    M21.05 für die erworbene Varusdeformität
    HD wäre je nach Ressourcenverbrauch die Pseudarthrose, da sie ausgeräumt wurde, oder die Varusdeformität (Valgisierungsosteotomie).

    Die Prozeduren wären folgendermaßen zu codieren
    5-787.5f , 5-781.0f, 5-782.4f, 5-786.4, 5-983

    Eine frische S72.ff oder M84.3 oder 4 wäre nur zu diskutieren, wenn es bei dem Geschehen noch zusätzlich zu einer echten Kontinuitätstrennung der Fragmente gekommen wäre (.s. OP-Bericht).

    Wenn dies der Fall war, müssen auch 5-79er Codes in Betracht gezogen werden und die HD-Diskussion wird noch komplizierter. Und es wäre auch noch eine zusätzliche T98.3 zu diskutieren, da mehrere Komplikationen, die zeitlich aufeinander folgten, gleichzeitig behandelt wurden.

    Die postoperative Blutungsanaemie und die Konserven wären auch noch zu codieren.

    Das wäre mein Vorschlag.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin