Karzinom und Metastasen als Nebendiagnose

  • Hallo Forum,
    habe Probleme bei der Kodierung folgenden Falles:
    Ein 71 jährige Patientin zieht sich bei einem häuslichen Sturz eine pertrochantere Oberschenkeltrümmerfraktur zu. Anamnestisch ist ein metastasierendes Bronchial-Karzinom mit Hirn- und Lebermetastasen bekannt, außerdem eine Osteoporose. Bei starken diffusen Schmerzen regelmäßig Morphium-Pflaster, ein erhöhter Betreuungs- und Pflegeaufwand bezogen auf Gedächtnis- und Wortfindungsstörungen sowie starke Schmerzen bei jeglicher Lagerung sind dokumentiert.
    HD S72.11-S71,84 und OPS 5-790.5f sind eindeutig.
    Kann ich das Bronchialkarzinom und Leber-und Hirnmetastasen mit C34.1 und C79.3 und C78.7 abbilden? Oder muß ich die Symptomatik kodieren? Oder etwa Z85.1 ?
    Im Voraus Danke für die Hilfe
    :d_gutefrage: Stalli

    STALLI :d_zwinker:

  • Hallo Stalli,
    die weiteren angefragten Diagnosen sind ja nur dann zu kodieren, wenn ein erhöhter Ressourcenverbrauch explizit für diese Diagnose nachweisbar ist. Bei den Lebermetastasen wäre dies z.B. die bei fortgeschrittener Metastasierung mit Vit.-K-Agonisten behandlungsbedürftige \"Koagulopathie\" (aber dann nur entweder die Koagulopathie oder die C78.7 kodieren!). Bei dem eigentlichen Primarius ist es so, dass in diesem Fall gemäß der DKR 0201e der Primarius als Nebendiagnose kodiert wird.
    Mit freundlichem Gruß

    Dr. Lars Nagel
    Leiter Medizincontrolling
    Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg
    [Groß-Umstadt | Seeheim-Jugenheim]

  • Hallo Herr Nagel,
    aufgrund einiger PC-Probleme reichlich verspätet, dennoch herzlichen Dank für Ihre Antwort.
    Reicht ein in der Dokumentation klar nachvollziehbarer pflegerischer Mehraufwand bezogen auf die zwischenzeitlich deutlich eingeschränkte Hirnleistung aufgrund der Hirnmetastasen als Rechtfertigung für die Kodierung der Hirnmetastasen aus?
    Mit freundlichem Gruß
    Stalli

    STALLI :d_zwinker:

  • Hallo Frau ?
    grundsätzlich dürfen kodiert werden:
    1. Die Hauptdiagnose (selbst wenn sie keinen Behandlungsaufwand bewirkt hat)
    2. Nebendiagnosen (Begleiterkrankungen), wenn sie Behandlungs- oder Betreuungsaufwand verursacht haben.
    3. Befunde/Symptome, wenn sie nicht zwingend zu einer Erkrankung gehören und eigenständigen Aufwand verursacht haben.

    Eine Diagnose ist die Meinung des Arztes, an welcher Erkrankung der Patient leidet - also nicht die tatsächliche Erkrankung. (Manchmal versucht der MdK uns nachzuweisen, dass unsere Diagnose falsch gewesen sei - interessant für das Qualitätsmanagement, aber nicht für die Abrechnung!)

    Auf Diagnose/Nebendiagnose-Ebene wird geprüft, ob sie kodiert werden muss. Wenn ja, wird sie mit allen zur Beschreibung erforderlichen ICD-Codes kodiert. Die ICD-Systematik sieht auch außerhalb der Kreuz-Stern-Kodierung eine Kodierung von Diagnosen mit mehreren Codes vor. (Bitte die begrifflichen Entitäten ICD-Code und Diagnose nicht verwechseln!)

    Als Hifestellung kann es sinnvoll sein, zu prüfen, ob die Beziehung zwischen den Begriffen besser mit \"mit\" oder mit \"bei\" ausgedrückt werden kann. Wenn \"mit\" besser passt, handelt es sich eher um eine ergänzende Information zu der Diagnose - diese darf und muss ohne Prüfung des Aufwandes kodiert werden. Wenn \"bei\" besser passt, handelt es sich eher um eine Nebenerkrankung. In diesem Fall muss Behandlungsaufwand vorliegen.
    Z.B. Colonkarzinom mit Lebermetastasen bei Diabetes.

    Also:
    Diagnose - Meinung des Arztes, woran der Patient leidet (Gesamtsicht).
    \"Strukturierte Diagnose\" - Gesamtsicht aufgeteilt in einzelne Erkrankungen.

    Hauptdiagnose - Meinung des Arztes, welche Krankheit zur Aufnahme geführt hat.
    Nebendiagnose - Alle weiteren nach Meinung des Arztes vorliegenden Erkrankungen.
    Auf dieser \"Textebene\" wird geprüft, ob eine Nebendiagnose kodiert werden darf!. Wenn ja, dann mit allen erforderlichen ICD-Codes.

    ICD-Code - Klassifikation der Diagnosen (Strukturgewinn unter hohem Informationsverlust, fehlerträchtig) keine Diagnose!

    Mit freundlichen Grüßen aus dem sonnigen Osnabrück

    Dr. med. Christoph Rüschemeyer
    Ltr. Med. Controlling
    Klinikum Osnabrück