Neonatologiefrage: Thrombozytopenie bei NG-Sepsis als ND?

  • Kurze Frage an die Neonatologen und Koder:

    DIe Thrombozytopenie bei NB-Sepsis (CCL4) wird gern gestrichen als nicht relevante ND, obwohl sie meiner Meinung nach oft mit einer der Hauptgründe für eine stationäre Aufnahme und Therapie ist.

    Gibt es Erfahrungen in der Argumentation im Forum?? :d_gutefrage:

  • Hallo Dr. P

    das verstehe ich nicht ganz: sie würden ein Neugeborenes mit NB-Sepsis nur dann stationär aufnehmen , wenn es gleichzeitig eine Thrombozytopenie hat??

    Prinzipiell zum leidigen Thema der Thrombozytopenie bei Ngb:
    kommt recht häufig vor, v.a. bei Frühgeborenen, ist dann aber spontan nach ein paar Tagen ohne Therapie wieder weg. Und gemäß DKR können Diagnosen, die reine pathol. Laborwerte sind, nur nach entsprechender Therapie kodiert werden...

  • Guten Sonntag zusammen

    @ Dr. P.
    Ich hoffe nicht, dass die Thrombopenie der hauptsächliche Aufnahmegrund ist. Für die meisten Kinder könnte dies dann schon zu spät sein. Ich nehme aber an, dass entsprechend ihrer Fragestellung die Sepsis der Aufnahme- und Behandlungsgrund für die Neugeborenen ist. Aus klinischer Erfahrung gesprochen: schnelles Handeln rettet Leben.

    Rosinchen
    Ich gebe ihn grundsätzlich Recht, widerspreche aber vehement ihrer Fokussierung auf Therapie. Eine Thrombozytopenie kann auch anderweitig Aufwand verusachen, insbesondere bei Kindern (Bewegungsminimierung wegen Minimierung Verletzungsgefahr). Das angeführte Beispiel ist alles außer einer Therapie. Aufwand ist aber zweifelsfrei. Der muss - ebenfalls zweifelsfrei - dokumentiert werden.

    Eine Thrombopenie grundsätzlich als irrelevant halte ich aus pädiatrischer Sicht für mindestens sehr gewagt. Dass seitens der Behandler nicht jeder Thrombopenie sofort kodierungsrelevant mit Thrombozytenkonzentraten begegnet wird ist in Anbetracht der Transfusionsrichtlinien BÄK und des minimalen aber existenten Infektionsrisikos mit HIV, HBV und HCV nur korrekt.

    Quintessenz: Können Sie, Dr. P., einen therapeutischen oder pflegerischen oder diagnostischen (im Sinne von Knochenmarkpunktion, teuere spezielle Laboruntersuchungen beispielsweise bei NGB-Alloimmunthrombozytopenie) Aufwand nachwiesen (dokumentiert)? Dann kodieren SIe. Falls nein und Rosinchens Deutung (alleinig pathologischer Laborwert ohne einer der vorgenannten möglichen Konsequenzen): Dann kodieren Sie nicht.

    Mit besten Wünschen für die kommende Woche

    --------------------------------------------------------------------------------
    Dr. med. A. Christaras
    FA Kinder- & Jugendmedizin

  • Zitat


    Original von A_Christaras:
    Ich gebe ihn grundsätzlich Recht, widerspreche aber vehement ihrer Fokussierung auf Therapie. Eine Thrombozytopenie kann auch anderweitig Aufwand verusachen, insbesondere bei Kindern (Bewegungsminimierung wegen Minimierung Verletzungsgefahr).

    Guten Morgen!

    Dass wir uns hier nicht missverstehen: ich beziehe mich bei meiner Aussage ausschließlich auf die (rel. häufig auftretende) transitorische Thrombozytopenie bei NEUGEBORENEN, dabei ist es aus meiner Sicht auch egal, ob im Rahmen einer Sepsis oder \"einfach so\". Der Aufwand der Klinik ist dabei in fast allen Fällen die Beobachtung/ Kontrolle von Laborwerten und das reicht zur Kodierung gemäß DKR nicht aus.

  • Guten Tag!

    Eine Thrombozytopenie bei Sepsis ist eine Organkomplikation. Somit ist diese zu kodieren (vgl. DKR 0103f). Die ND-Definition spielt dabei keine Rolle (spezielle DKR schlägt die allgemeine DKR).

    Gruß
    GenS

  • Hallo GenS,

    Sie wenden gerade die Sepsis-Kriterien einer schweren Sepsis bei Erwachsenen an, hier handelt es sich aber um ein Neugeborenes, d.h. hier müsste erst einmal geklärt werden, um welche Art Thrombozytopenie es sich handelt, wie relevant der Abfall ist etc., bevor Sie daraus eine \"Organkomplikation\" machen können!
    Aus dem Eingangsthread geht das nicht hervor... Hier wird (im Gegenteil) suggeriert, dass die Thrombozytopenie seitens der Klinik recht gern verschlüsselt und dann vom MDK gestrichen wird und nicht, dass es sich um einen Einzelfall mit einer schweren Sepsis handelt.
    Ich gehe mal davon aus, dass die Klinik im Falle der schweren Sepsis und relevanten Thrombozytopenie diese auch behandelt hätte!!

  • Guten Abend Rosinchen,

    >Sie wenden gerade die Sepsis-Kriterien einer schweren Sepsis bei >Erwachsenen an, hier handelt es sich aber um ein Neugeborenes

    Das ist mir bekannt :)

    >hier müsste erst einmal geklärt werden, um welche Art Thrombozytopenie >es sich handelt, wie relevant der Abfall ist etc., bevor Sie daraus eine >\"Organkomplikation\" machen können!

    Eine Thrombozytopenie bei Blutung muss natürlich ausgeschlossen werden. Ansonsten kann ich mir kaum vorstellen, dass Sie eine Thrombozytopenie, die im Verlauf einer Sepsis auftrat, für eine banale passagere Thrombozytopenie der Neugeborenen erklären können.

    Im Übrigen ist eine Sepsis immer eine Sepsis, auch bei Kindern gibt es sowohl SIRS-Kriterien, als auch die Organkomplikationen. Vgl. bspw. \"International pediatric sepsis consensus conference: Definitions for sepsis and organ dysfunction in pediatrics\", Pediatr Crit Care Med 2005 Vol. 6, No. 1. Dort steht unter anderem, welcher Thrombozytenabfall relevant ist bzw. für eine Organkomplikation gehalten wird.

    >Ich gehe mal davon aus, dass die Klinik im Falle der schweren Sepsis und >relevanten Thrombozytopenie diese auch behandelt hätte!!

    Einspruch. Ein Thrombozytenabfall z.B. auf ca. 50.000 bedarf oft (noch) keine spezielle Behandlung, stellt aber sehr wohl eine definierte Organkomplikation einer Sepsis dar, die gem. DKR (s.o.) kodiert werden muss - unabhängig davon, ob sie nun behandelt wurde oder nicht. Nur am Rande - einen pflegerischen Aufwand gibt es bei diesen Kindern sehr wohl. Und noch am Rande - natürlich wird diese Organkomplikation behandelt (mit Behandlung von Sepsis). Man muss bloß keine Thrombozyten transfundieren.

    Anders wäre es natürlich, wenn ein Kind erstmal eine passagere Thrombozytopenie gehabt hätte und dann später eine Sepsis entwickelte.

  • Zitat


    Original von GenS:
    Im Übrigen ist eine Sepsis immer eine Sepsis, auch bei Kindern gibt es sowohl SIRS-Kriterien, als auch die Organkomplikationen. Vgl. bspw. \"International pediatric sepsis consensus conference: Definitions for sepsis and organ dysfunction in pediatrics\", Pediatr Crit Care Med 2005 Vol. 6, No. 1. Dort steht unter anderem, welcher Thrombozytenabfall relevant ist bzw. für eine Organkomplikation gehalten wird.

    Hallo GenS

    Unbestritten - wenn es um ältere Säuglinge + Kinder geht.
    Es geht hier aber um Sepsis beim Neugeborenen!
    Trotz Ihrem Literatur-Hinweis (der sich allg. auf Kinder bezieht) ist in ca. 99% der Fälle die NG-SEpsis eben KEIN Vollbild der definierten Sepsis, sondern eine Kombination von reduziertem AZ, ansteigenden Entzündungswerten und pos. Keimnachweis in Abstrichen/ Blutkulturen. Es ist ja gerade Sinn der neonatologischen Therapie, die Sepsis bereits vor dem klinischen \"Vollbild\" durch entsprechende Therapien abzufangen.

    Eine schwere Sepsis mit Organkompl. beim NG (!!!) habe ich in der Klinik derart selten erlebt (und dann mit entsprechend infauster Prognose), dass ich im Eingangsthread nur die \"übliche\" NG-Sepsis-KOdierung erkennen konnte.

    Ich gehe davon aus, dass der Thread-Steller erwähnt hätte, wenn es sich um eine schwere Sepsis mit Organkomplikationen gehandelt hätte - und ich gehe davon aus, dass der MDK dann auch entsprechende Unterlagen eingesehen und die Sachlage korrekt bewertet hätte...

    Aber - nur zur Wiederholung - die Formulierung \"der MDK streicht dann gerne\" impliziert im Prinzip schon, dass es sich um eine häufige Kodierung mit entsprechend fehlender Relevanz handelt :d_zwinker:

  • Zitat


    Original von Rosinchen:
    Unbestritten - wenn es um ältere Säuglinge + Kinder geht.
    Es geht hier aber um Sepsis beim Neugeborenen!
    Trotz Ihrem Literatur-Hinweis (der sich allg. auf Kinder bezieht) ist in ca. 99% der Fälle die NG-SEpsis eben KEIN Vollbild der definierten Sepsis, sondern eine Kombination von reduziertem AZ, ansteigenden Entzündungswerten und pos. Keimnachweis in Abstrichen/ Blutkulturen.

    Guten Tag Rosinchen,

    Einspruch. Im Artikel werden Kinder aus folgenden Altergruppen betrachtet:

    Newborn 0 days to 1 wk
    Neonate 1 wk to 1 mo
    Infant 1 mo to 1 yr
    Toddler and preschool 2–5 yrs
    School age child 6–12 yrs
    Adolescent and young adult 13 to 18 yrs

    Sind die Kinder aus der ersten Gruppe auch \"ältere Säuglinge\"?

    Zur Definition der Sepsis: mit Verlaub, ich bevorzüge eine aus der Fachliteratur und nicht aus einem Forumbeitrag.

    Die Kodierrichtlinie 0103f nennt explizit P35.- \"Bakterielle Sepsis beim Neugeborenen\". Es gibt definierte Kriterien einer Sepsis. Ich sehe keinen Grund, warum diese Kodierrichtlinie bei einem Neugeborenen nicht angewendet werden könnte.

    Zitat


    Original von Rosinchen:
    Aber - nur zur Wiederholung - die Formulierung \"der MDK streicht dann gerne\" impliziert im Prinzip schon, dass es sich um eine häufige Kodierung mit entsprechend fehlender Relevanz handelt :d_zwinker:

    Sorry, für mich ist es kein sachliches Argument, sondern eine Verallgemeinerung.

    In meinem Bekanntenkreis gab es einen Medizincontroller. Der hat sich vom MDK dermaßen einschüchtern lassen, dass er eine Anämie erst dann als Nebendiagnose \"anerkannt\" bekommen, wenn ein Patient mindestens 4 EK erhalten hatte ... Alles andere galt als \"Bestandteil einer Operaion\". Aus Sicht des MDK hätte man auch sagen können, dass die Klinik \"zu häufig\" kodiert hatte.

  • Hallo nochmal,

    sich vom MDK einschüchtern zu lassen, ist natürlich keine gute Taktik, da gebe ich Ihnen recht.
    Aber ich würde auch nur auf der Basis der DKR argumentieren: nur dann ND, wenn Mehraufwand. Der ist hier nicht beschrieben.

    Eine schwere Sepsis mit plötzlichem signifikanten Abfall der THrombozyten...das habe ich bei Neugeborenen SEHR selten erlebt, da die Sepsis ja im Regelfall (anamnestisch bereits klare Hinweise auf Sepsis-Gefahr, z.B. patholog. Abstriche der Mutter, Frühgeborenes, vorz. Blasensprung etc.) schon im Vorfeld erkannt und behandelt wurde.
    Insofern ist die allg. Angabe einer Thrombozytopenie evtl. Organkomplikation, evtl. nicht - da müsste man nun Verlauf + Werte kennen und die haben wir ja beide nicht. Gut, wir können das hier weiter spekulativ diskutieren - ich schlage vor, dass der Thread-Steller uns ENDLICH mal nähere Auskünfte gibt über die tatsächliche Klinik + Therapie???
    Immerhin sind es immer Einzelfälle, die zu beurteilen sind...

  • Zitat


    Original von Rosinchen:
    Aber ich würde auch nur auf der Basis der DKR argumentieren: nur dann ND, wenn Mehraufwand. Der ist hier nicht beschrieben.

    Hallo Rosinchen,

    leider muss ich wieder widersprechen. Wenn dem so wäre, dann hätten wir uns die Hälfte von den Speziellen Kodierrichtlinien sparen können. Es gibt eben ICD, die nicht gem. DKR 003, sondern aufgrund anderer Bestimmungen verwendet werden (Dauer der Schwangerschaft, multiresistente Erreger etc. etc.). Diese ICD sind oft abrechnungsrelevant und ich vermute, dass sie bei der InEK-Kalkulation mitberücksichtig wurden.

    Wie es im konkreten Fall gelaufen ist, wissen wir natürlich nicht. Ich halte allerdings die Aussage, dass bei einer Thrombozytopenie nur die spezifische Therapie die Kodierung rechtfertigt, für nicht richtig. Gerade eine sepsisbedingte Thrombozytopenie stellt auch dann ein selbstständiges Problem dar, wenn keine Transfusion von Thrombozyten vonnöten war.

    Davon abgesehen, dürfen wir die DKR 003 - wenn wir schon über diese sprechen - nicht nur auf einen therapeutischen Aufwand reduzieren.

    Einen schönen Abend noch!