Kürzung bei Unterschreiten der uGVWD - Erforderlichkeit prä-operativer Tage

  • Hallo,
    mich würden mal ein paar Kommentare, Meinungen und Erfahrungen zu folgender Problematik interessieren. Es geht um die (Nicht-)Erforderlichkeit prä-operativer KH-Tage und der damit zusammenhängenden Kürzung bei Unterschreiten der uGVWD. Und zwar speziell bei langfristig geplanten (nicht akuten) Eingriffen.

    Bereits 2009 hat das BSG (Az: B 1 KR 24/08 R) klargestellt:
    - bei elektiver Untersuchingsindikation sind die prästationären diagnostischen Möglichkeiten auszuschöpfen, so dass die Untersuchung am Aufnahmetag erfolgen kann
    - weder die Notwendigkeit, den Patienten 24h vor dem Eingriff aufzuklären, noch weite vom Patienten zurückzulegende Wegstrecken rechtfertigen stationäre Tage ("sind keine medizinischen Erfordernisse")
    - der Einschätzung des KH-Arztes zur medizinischen Notwendigkeit kommt bei der gerichtlichen Überprüfung kein Vorrang zu

    Einerseits finde ich das ja sehr eindeutig, aber andererseits sieht die Abrechnungspraxis für mich als Patient (Selbstzahler/PKV) anders aus: das KH will die Abrechnung nicht entsprechend korrigieren. Und die Abrechnung stationärer KH-Leistungen erfolgt doch wohl grundsätzlich nach den gleichen Grundsätzen, egal ob GKV oder Selbstzahler/GKV?

    Ist das BSG-Urteil überhaupt noch "aktuell" oder wurde das durch zwischenzeitliche Gesetzesänderungen überholt?

    Und wenn das Urteil vom rechtlichen Aspekt noch aktuell ist, wovon ich eigentlich ausgehe, welche Konsequenzen hat das für und in der Praxis? Ich meine: kennt man die Rechtslage und versucht sich daran zu halten und es entsprechend umzusetzen oder spielen da ganz andere Faktoren eine Rolle?

    Einmal editiert, zuletzt von ex.pectus (26. Februar 2014 um 23:21)

  • Hallo ex.pectus,

    sie wussten das vorher?
    Dann hätten sie als Selbstzahler darauf bestehen können erst am OP Tag aufgenommen zu werden und am Folgetag heimgehen.
    Jetzt machen sie es wie die Krankenkassen - die Leistung in Anspruch nehmen - aber nicht dafür zahlen wollen.

    Grundsätzlich sollte schon gelten: das Geld folgt der Leistung.

    Gruß Elsa ;)

  • Die Abrechnung bei Selbstzahlern fällt nicht in den Bereich des Sozialgesetzbuchs, somit ist die Rechtsprechung der Sozialgerichte nicht anwendbar.

  • Hallo,
    aber in dem meisten PKV-Tarifen steht was von medizinischer Erforderlichkeit. Das betrifft aber nur die Erstattung der PKV gegenüber dem Patienten, bzw. dem KH bei Abtretungen.
    Wenn eine klassische Selbstzahlerbehandlung durchgeführt wurde und im Behandlungstarif nichts von medizinischer Erforderlichkeit steht, dann ist erst einmal alles zu zahlen. Es sei denn, dass hierüber evtl. fehlerhaft aufgeklärt wurde und / oder z.B. der Kostenvoranschlag fehlerhaft ist.
    So zumindest meine (juristisch laienhafte) Interpretation der Sachlage.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo,

    sie wussten das vorher?
    Dann hätten sie als Selbstzahler darauf bestehen können erst am OP Tag aufgenommen zu werden und am Folgetag heimgehen.
    Jetzt machen sie es wie die Krankenkassen - die Leistung in Anspruch nehmen - aber nicht dafür zahlen wollen.

    Grundsätzlich sollte schon gelten: das Geld folgt der Leistung.

    nein, ich wusste das nicht vorher. Das BSG-Urteil ist zwar von 2009, aber ich habe es natürlich erst hinterher gefunden, nach der OP und nach der Abrechnung.

    Und selbst wenn: vom selbstbetroffenen Patienten zu verlangen, dass der sich vor einer OP mit dem Arzt anlegt, um ihm zu sagen, wie er seine Abläufe zu organisieren hat, fände ich zu viel verlangt. Und in keinem Fall mit dem zu vergleichen, was KK vom grünen Tisch aus hinterher machen.

    Geld folgt der "Leistung": der Knackpunkt ist hierbei jedoch, wie diese Leistung zu ermitteln ist. Soweit ich das verstanden habe - ich bin kein DRG-Profi - gibt es zwingende Vorschriften, wie der Wert der erbrachten Krankenhausleistung zu ermitteln ist. Es kommt nicht nur darauf an, was die Abrechnungsverantwortlichen des Krankenhauses für angemessen oder richtig halten. Maßstab ist werder der Leistungserbringer noch der Leistungsnehmer. Es gibt quasi einen dritten objektiven Maßstab. Und davon bin ich vorher ausgegangen, dass sich das KH quasi an die Gesetze bzw. Vorschriften halten wird.

    (Dass diese Abrechnungsvorschriften nichts mit Einzelfallgerechtigkeit u.ä. zu tun haben, habe ich auch schon mitbekommen.)

  • Hallo,

    Hallo,
    aber in dem meisten PKV-Tarifen steht was von medizinischer Erforderlichkeit. Das betrifft aber nur die Erstattung der PKV gegenüber dem Patienten, bzw. dem KH bei Abtretungen.
    Wenn eine klassische Selbstzahlerbehandlung durchgeführt wurde und im Behandlungstarif nichts von medizinischer Erforderlichkeit steht, dann ist erst einmal alles zu zahlen. Es sei denn, dass hierüber evtl. fehlerhaft aufgeklärt wurde und / oder z.B. der Kostenvoranschlag fehlerhaft ist.
    So zumindest meine (juristisch laienhafte) Interpretation der Sachlage.

    genau. Mir ist schon klar, dass das BSG bzw. die Sozialgerichtsbarkeit nicht zuständig wäre, sondern die Zivilgerichtsbarkeit bzw. das AG, LG, OLG bzw. der BGH. Entscheidend ist tatsächlich das Kritierium der "Erforderlichkeit" bzw. "medizinischen Notwendigkeit".

    Es geht hier bei mir konkret um eine Selbstzahlerrechnung mit Vorauszahlung. Dahinter steht zwar noch eine PKV, die aber nichts zur Sache tut.

    Selbst in den AVB des Krankenhauses spiegelt sich das an mehreren Stellen wider:
    "Im Rahmen der Leistungsfähigkeit der Universitätsklikums wird aufgenommen, wer der vollstationären oder teilstationere Behandlung bedarf." und
    "Das Universitätsklinikum kann bei Verordnung von Krankenhausbehandlung (Krankenhauseinweisung) Patienten in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung behandeln, um:
    a) die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten (vorstationäre Behandlung),..." (Hervorhebung von mir).


    Nirgends gibt es in den AVB den Passus, wenn das KH "Hotelleistungen" erbringt, dürfen diese geneüber einem selbstzahlenden Patienten wie DRG-Leistungen abgerechnet werden.


    Und so etwas wurde auch nicht mündlich oder anderswie vereinbart.

  • Hallo,

    Da kann ich sie beruhigen.
    Ihr Krankenhaus hat sich an alle Gesetze und Vorschriften gehalten und ihnen eine korrekte Rechnung gestellt.

    Gruß Elsa

    Begrüdnung? Was ist mit den Kriterien zur medizinischen Notwendigkeit, wie sie im BSG-Urteil genannt werden?

  • Sehr geehrter Hr. ex.pectus,

    sie haben eine formal korrekte Rechnung für die Leistungen die sie in Anspruch genommen haben bekommen.

    Sie zweifeln jetzt die Notwendigkeit dieser Leistungen an. Ich gehe jedoch davon aus, dass mit ihnen der Ablauf im Vorfeld besprochen wurde.
    Das Krankenhaus wird jetzt nicht von sich aus die Rechnung korrigieren und so tun als wären sie an einem Tag nicht dagewesen.
    Sie haben an diesem Tag ja Bett, Essen, Diagnostik und Aufklärung, Essen (evtl. auch wenig bis nichts) etc. bekommen.
    Das BSG macht keine Gesetze. Es urteilt in Fragen von weitreichender Bedeutung.
    Als Selbstzahler unterliegen sie aber nicht der Sozialgerichtsbarkeit für Krankenhäuser (SGB V). Sondern sie haben einen Vertrag nach BGB - wie beim Kauf einer Waschmaschine. Sie müssen ihre Rechnung innerhalb 30 Tagen zahlen, sonst bekommen sie vom Krankenhaus irgendwann einen Titel.
    Falls sie schon bezahlt haben können sie vor dem Amtsgericht klagen. Womöglich werden sie diese Richter nach Analogien z.B. BSG Urteile umsehen.
    Aber nochmal: die Rechnung wurde korrekt zu den vereinbarten Leistungen erstellt. Auch wenn es sie jetzt im Nachhinein ärgert.

    Gruß Elsa

  • Hallo Elsa,

    vielen Dank für Ihren Beitrag, aber leider finde ich darin keine Argumente für die "Richtigkeit" der Rechnung.

    Kann es sein, dass Sie von einer falschen Voraussetzung ausgehen: vielleicht von frei vereinbarten privat- bzw. wahlärztlichen Leistungen, die über das medizinisch notwendige Maß hinausgehen? Ein solcher Fall liegt nicht vor. Es geht nur um "allgemeine Krankenhausleistungen" im Rahmen des medizinisch Notwendigen für die es zwingende gesetzliche Regelungen gibt (also keine Vertragsfreiheit zwischen den Vertragsparteien).

    Sie schreiben: "Aber nochmal: die Rechnung wurde korrekt zu den vereinbarten Leistungen erstellt" Sie kennen die Rechnung doch gar nicht. Also wie kommen Sie darauf?

    In § 8 Absatz 9 KHEntgG ist geregelt, wie eine Selbstzahlerrechnung auszusehen hat: http://www.gesetze-im-internet.de/khentgg/__8.html

    In der ausgestellten Rechnung, die ich erhalten habe und um die es geht, fehlen:
    - die Textfassungen für Fallpauschalen,
    - die Textfassungen für Diagnosen- und Prozedurenschlüsseln,
    - die Textfassungen für weitere Entgelte, Zu- und Abschläge
    - die effektiven Bewertungsrelationen (!)
    - der Landesbasisfallwert (!)

    Die Rechnung entspricht nicht der Empfehlung der Deutschen Krankenhausgesellschaft, die in dem § angesprochen wird. Und die Rechnung entspricht schon gar nicht der klaren, gesetzlichen Vorgabe. Sie ist offensichtlich falsch, nicht richtig, gesetzeswidrig, rechtswidrig oder wie man das bezeichnen will. Zwar erstmal nur aus formalen Gründen, aber immerhin. Auf meine Reklamation hin habe ich keine formal korrekte Rechnung erhalten, sondern lediglich ein paar Erläuterungen, die an der Sache letztlich vorbeigehen und den Gesetzesverstoß nicht heilen.

    Es gibt eine LG-Entscheidung, die zwar besagt, dass eine "korrekte" Selbstzahlerrechnung keine Fälligkeitsvoraussetzung wäre, sondern dass man nur ein Zurückbehaltungsrecht hätte. D.h. man kann die Zahlung solange zurückbehalten bis man eine korrekte Rechnung bekommt. Es handelt sich um eine sog. "Zug-um-Zug-Leistung". Allerdings hat das KH ja die höhere Vorauszahlung von mir und sitzt damit am längeren Hebel. Klar könnte ich das über einen Anwalt regeln. Das macht es weder schneller noch einfacher. Ich frage mich aber echt, was dahinter steckt, dass eine Universitätsklinik das Gesetz scheinbar so mit Füßen tritt.

    Außerdem geht es mir ja nicht primär um die formelle Richtigkeit (die man jederzeit nachholen kann, ohne an der Summe etwas zu ändern), sondern um die inhaltliche bzw. materielle Richtigkeit der Rechnung (die sich dann in der Summe auch auswirkt).

    Aus der Tatsache, dass man es mit der formellen Richtigkeit trotz Reklamation nicht so genau nimmt, lässt sich natürlich nicht zwingend schlussfolgern, dass man es dann mit der inhaltlichen Richtigkeit auch nicht macht, aber berechtigte Zweifel scheinen mir da nicht abwegig. Und konkret geht es hierbei um die von mir aufgeworfene Ausgangsfrage der Erforderlichkeit des präoperativen KH-Tages bei einer ganz bestimmten Fallgruppe. Wenn der präoperative Tag nicht erforderlich war, ist die Rechnung inhaltlich falsch, d.h. überhöht.

    Hier im Forum liefen dazu ja auch schon Diskussionen. Ich habe welche aus 2006 und 2007 gefunden:
    Präoperative Aufnahme

    MDK Streicht präoperativen Tag bei unzumutbar langer Anreise

    2 Mal editiert, zuletzt von ex.pectus (27. Februar 2014 um 16:19)

  • damit sich jeder selbst ein Bild machen kann, hier die Krankenhausabrechnung aus 2013 (anonymisiert):

    https://lh6.googleusercontent.com/-MOsfqeb11ak/U…H-Rechnung1.jpg
    https://lh3.googleusercontent.com/-F2_aNYwDxLs/U…H-Rechnung2.jpg

    der konkrekte Ablauf war wie folgt:
    1. Tag: Aufnahme für eine geplante OP (Materialentfernung eines Implantats), durchgeführt wurden: EKG, Labor, Spirometrie, Aufklärung (Chirurgie + Anästhesie)
    2. Tag: OP
    3. Tag: Entlassung

    Diagnose Q67.6
    OPS 5-349.5
    -> DRG E02C mit uGVWD: 3, d.h. 1. Tag mit Abschlag: 2

    D.h. bereits bei den o.g. Aufenthaltstagen ergibt sich ein Abschlag am Ende des Aufenthalts, weil der Patient (ich) so früh entlassen werden konnte. Mir ging es den Umständen entsprechend blendend und die Entlassung erfolgte in Absprache mit dem behandelnden Arzt und entsprach auch dem eigenen Wunsch (also kein Fall von sog. "blutiger" Entlassung)

    Strittig ist ein zusätzlicher Abschlag am Anfang des Aufenthalts, also die Frage, ob ein präoperativer Tag erforderlich - medizinisch notwendig ist. Finanziell geht es dabei um über 1000 EUR. Das EKG, das Labor und die Spirometrie hätte ich völlig problemlos "irgendwo" vorher machen können. Selbst die Aufnahmeschwester hat mich mit der vorwurfsvollen Frage emfpangen, ob ich das den nicht schon erledigt hätte. Nur die Aufklärungsgespräche mit der Chirurgie und der Anästhesie müssen zwingend vor Ort erledigt werden, aber das rechtfertigt doch keinen "Mehrpreis" von 1000 EUR.

    (Dass dieser Abschlag unter anderem deshalb so hoch ist, weil er quasi noch eine Abschreckungskomponente gegen sog. "blutige" Entlassungen enthält bzw. nicht zwischen prä- und post-operativen Kürzungsstagen unterschieden wird, steht auf einem anderen Blatt.)