Genauigkeit von Sachverständigengutachten

  • Sehr geehrtes Forum,

    vor kurzem klagten wir vor dem Sozialgericht bezüglich einer zusätzlichen OPS Kodierung eines Psoas-Release bei gleichzeitiger Implantation einer Hüft-Endoprothese. Lt. OP Bericht wurde eine außergewöhnlich gespannte Psoassehne eingekerbt.

    Wir kodierten den OPS Kode 5-854.07 (Verlängerung einer Sehne Leisten und Genitalregion und Gesäß), da es durch die Einkerbung zu einer Verlängerung und dadurch zur "Entspannung" der Psoassehne kommt. (Wir begründeten diesen Kode mit der grundsätzlichen Vorgabe einer Kodierung in der größt möglichen Differenziertheit gemäß den redaktionellen Hinweisen der DKR.)

    Erstinstanzlich akzeptiert der gerichtlich beauftrage Sachverständige zwar die generelle Möglichkeit den Sachverhalt mit einer zusätzlichen Schlüsselnummer abzubilden, jedoch fordert er hierzu einen Kode aus dem Bereich 5-850 zu kodieren. Dabei legt sich der Sachverständige nicht auf einen endstelligen Kode fest.

    Das Sozialgericht folgte dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens obwohl kein exakter endstelliger OPS Kode genannt wurde.

    Unseres Erachtens wird hier die grundsätzliche Forderung nach einer Kodierung "so spezifisch wie möglich" nicht bedient.

    Wir wollen nun in Revision gehen und bitten Sie um Ihre Meinungen hierzu. Hat jemand mit Gleicher oder ähnlicher Thematik bereits Erfahrung?

    Vielen Dank bereits vorab für Ihre Antworten :) nette Grüße Roman 

  • Hallo Roman,

    was genau hat Ihre Operateurin gemacht? Welchen Zugang hat Sie gewählt und warum?
    Bestand bei Ihrer Patientin prä-OP eine deutliche Beugekontraktur? :?:

    Grundprinzip des OPS ist doch die Abbildung eines durchgeführten Eingriffes möglichst mit einem Kode (monokausale Kodierung). Das bedeutet: jeder Einzelkode enthält normalerweise alle Informationen für eine Prozedur mit allen notwendigen Komponenten.
    In einigen Bereichen ist eine Kodierung von Operationen mit mehreren Kodes vorgesehen. In diesen Fällen wurden im OPS entsprechende Hinweise formuliert. Die Psoaskerbung wurde bei der Implantation einer Endoprothese am Hüftgelenk nicht in diese Hinweise mit aufgenommen. :(

    D.h, vorderer, seitlicher oder hinterer Zugang mit entsprechender Variation in der "Einkerbung" der Muskulatur wird regelhaft nicht gesondert kodiert, es sei denn, Sie machen damit etwas anderes, als Coxarthrose zu kurieren und als Platz oder Beweglichkeit zu schaffen für die Tep. Bei uns wird (hinterer Zugang) meist der Gluteus maximus gesplittet und der Piriformis gelöst. Und dann die Kapsel entspannt. Gesondert kodiert hat das noch niemand. :thumbup:

    Gruß

    W.

  • Guten Morgen Willis,

    womöglich habe ich meine Frage nicht exakt genug gestellt. Bitte entschuldigen Sie.

    Ich wollte wissen, ob ein Sachverständiger sich in seinen Gutachten bezüglich Kodierungsstreitigkeiten nicht genau auf einen endstelligen Kode festlegen muss/sollte. Die Angabe eines OPS "Bereichs" (hier nur oberflächlich 5-850.--) bietet ja erneut Spielraum für Interpretationen, oder?

    mit freundlichen Grüßen

    Roman

  • Hallo,

    üblicherweise werden dem Gutachter vom Gericht bestimmte Beweisfragen aufgegeben. Wenn nach den zutreffenden Kodes gefragt worden ist, müssen diese daher auch konkret endstellig benannt werden. Wenn die Beweisfragen anders formuliert sind, z.B. lediglich nach der korrekten DRG gefragt wurde, kann es als ausreichend angesehen werden, wenn eine nichtterminale Kategorie angegeben wird, sofern sich bei allen ableitbaren Kodes dieselbe DRG ergibt.

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin

  • Hallo Herr Bartkowski,

    vielen Dank für Ihre Antwort. Ich habe soeben nochmal in die Fragestellung der Beweisanordnung geschaut. Hierin möchte das Sozialgericht definitiv wissen, welcher OPS Kode verwendet werden muss. (also "endstellig").

    mit freundlichen Grüßen

    Roman