Darmatonie nach AE kodieren?

  • Liebes Forum,

    eine Privatkasse erkennt die Kodierung Darmatonie als Nebendiagnose nicht an.
    Es sei völlig normal, dass es nach einer Appendektomie zu einer Darmatonie komme.
    Unsere Chirurgen können aber einen deutlich erhöhten Aufwand mit mehrfachen aufwändigen pflegerischen Maßnahmen und Verlängerung des Aufenthalts um 2 Tage glaubhaft machen.
    Ist die Haltung der KK gerechtfertigt?
    Und wenn jemand gluabt, dass sei so: Warum ist die Diagnose K91.8 dann überhaupt Fallschwere-erhöhend?

    Zusätzliches Problem: Sind auch Privatkassen an die Verpflichtung zur vollständigen Zahlung gemäß BSG-Urteil aus 2002 gebunden oder nur die GKV-Kassen?

    Gruß aus dem sonnigen Berlin

    R. Berndt

  • Hallo Herr Berndt,

    die Definition der Darmatonie im Pschyrembel:

    © 1998 Walter de Gruyter GmbH Pschyrembel 258. Auflage

    Darmatonie (Atonie*) f: (engl.) intestinal atonia; fehlender od. stark herabgesetzter Tonus der glatten Muskulatur bzw. Fehlen der peristalt. Bewegungen des Darms mit Weitstellung der betroffenen Darmabschnitte, Stagnation der Ingesta, Malabsorption sowie mit Elektrolytverlusten in den Darm; führt bei längerem Fortbestehen zum paralytischen Ileus*; Urs.: 1. angeboren, z.B. bei kongenitalem Megakolon*; 2. häufiger erworben, z.B. durch Traumen (u.a. reflektor. bedingt bei Wirbelkörperfrakturen), Mesenterialgefäßverschluß, Bauchoperation, peritonealer Reizung u. Peritonitis, Intoxikationen (z.B. endogen bei Urämie), Koliken im Bereich der Gallen- u. Harnwege od. medikamentös bedingt (z.B. durch Anticholinergika); vgl. Ogilvie-Syndrom.


    Das läßt nicht unbedingt den Schluß zu, daß das nach OP normal ist. Im Bericht steht üblicherweise: "die Darmtätigkeit kam regulär in Gang" o.ä. Wenn die Chirurgen aber schreiben (codieren genügt wie immer nicht!), daß sie verzögert einsetzte und sie entsprechende Maßnahmen eingeleitet haben, dann ist das auch codierungs- und somit entgeltrelevant.

    --
    Einen freundlichen Gruß vom MDA aus Schorndorf

    [size=12]Freundlichen Gruß vom Schorndorfer MDA.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    für mich ist die Atonie zu kodieren, da sie das Fall-Management beeinflußt (Therapie und Liegezeit).

    D002b Hauptdiagnose

    Zuweisung der zugrundeliegenden Krankheit als Hauptdiagnose
    Wenn sich ein Patient mit einem Symptom vorstellt und während des Krankenhausaufenthaltes die zugrundeliegende Krankheit diagnostiziert wird, so ist die zugrundeliegende Krankheit als Hauptdiagnose zu kodieren und das Symptom wird nicht kodiert. Dies betrifft Symptome, die im Regelfall als eindeutige und unmittelbare Folge mit der zugrundeliegenden Krankheit vergesellschaftet sind (siehe Beispiel 2).
    ....
    Stellt ein Symptom jedoch ein eigenständiges, wichtiges Problem für die medizinische Betreuung dar, so wird es als Nebendiagnose kodiert (siehe Beispiel 3 und Einleitung zu Kapitel XVIII der ICD-10-SGB-V).

    Gruß
    --
    D. D. Selter

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Hr. Berndt,

    die Darmatonie postoperativ ist nach Ihrer Schilderung sicher kodierungsrelevant,
    Schliesslich ist eine Nebendiagnose:
    „Eine Krankheit oder Beschwerde, die entweder gleichzeitig mit der Hauptdiagnose besteht oder sich während des Krankenhausaufenthaltes entwickelt.”
    Für Kodierungszwecke müssen Nebendiagnosen als Krankheiten interpretiert werden, die das Patientenmanagement in der Weise beeinflussen, dass irgendeiner der folgenden Faktoren erforderlich ist:
    · therapeutische Maßnahmen
    · diagnostische Maßnahmen
    · erhöhter Betreuungs-, Pflege- und/oder Überwachungsaufwand

    (DKR D003b) :kr:

    Die Voraussetzungen sind also voll erfüllt :rotate:

    Zu Ihrer zweiten Frage:
    Meines Wissen sind die Privatkassen genauso an das BSG Urteil vom 06.07.2002 gebunden, da dort der MDK aber nicht tätig ist, müssten Sie denen wohl direkt eine Antwort mit Verweis auf die Kodierrichtlinien zukommen lassen. Wie oben bereits erwähnt, hätten Sie allerdings Pech, wenn im Arztbrief nichts dazu drin stünde, denn da sind sich MDK und Ärzte der Privatkassen einig, wenn die Dokumentation keinen Hinweis auf die Ressourcenrelevanz liefert, haben Sie schlechte Karten.
    Ich weiss ja nicht, wo Sie wohnen, aber falls es Süddeutschland sein sollte, empfehle ich die ZENO - Veranstaltung am 09. oder 10. Juli zum Thema "Rechtliche Aspekte des DRG - Systems". Ich war selbst im März dort in Frankfurt und es hat sich gelohnt, denn die Leute wussten gut Bescheid und man konnte eine Menge erfahren.

    Gruss aus München

    Michael Wilke :smokin: