Komplikation richtig verschlüsseln

  • Hallo liebe Mitdenker,

    wie verschlüsselt man eine Komplikation durch medizinische Maßnahmen richtig? Beispiel: Vena femoralis verletzt bei operativem Eingriff:
    1. T81.2 und danach S75.1
    2. umgedrehte Reihenfolge
    3. S75.1 und danach Y84.9!
    4. nur T81.2
    5. nur S75.1
    Allgemein gefragt: Ob überhaupt und wenn ja in welcher Reihenfolge bringe ich den Fakt "Komplikation durch medizinische Maßnahme" und "genaue medizinische Ausprägung der Komplikation" unter? Und gibt es da Unterschiede, ob es sich bei der Komplikation um den Grund der stationären Aufnahme handelt oder ob das ganze nebenbei bei einer anderen HD gelaufen ist? In den DKR finde ich dazu nichts ausdrückliches. Das dort aufgeführte dritte Beispiel (Starke Blutung nach Zahnextraktion) finde ich sogar "doppelt gemoppelt".

    :))

    Grüße aus dem morgensonnigen Brandenburg

    Elisabeth Kosche

  • Hallo Elisabeth,

    die Sache mit der Komplikation ist eigentlich ganz einfach.

    Sofern I97.8 nicht zutrifft, auch ich würde in diesem Fall lieber einen „T“-Code wählen, gilt die Komplikation als Comorbidität (sofern sie nicht der Aufnahmegrund ist, was hier wohl nicht zur Debatte steht und die Sache nur verwickelter darstellen würde). Ob der Code T81.2 richtig ist, muss vor Ort geklärt werden (ein Code aus T82-T87 käme unter Beachtung der diversen Inklusiva und Exclusiva bei den einzelnen Codes auch in Frage). Der Code S75.1 ist auf jeden Fall richtig – schließlich ist es eine Verletzung - und ein T8er Code – welcher auch immer - gehört zur Beschreibung, dass es sich um eine Komplikation handelt, hinzu.

    Ich hoffe, Ihre Frage damit beantwortet zu haben.

    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas Winter
    Berlin

  • Hallo, Forum

    bei einer iatrogenen Verletzung würde ich ausschließlich einen Code aus dem T-Kapitel nehmen. Die Kodierregeln sagen , dass T-Codes nur dann verwendet werden, wenn keine spezif. Codes aus anderen Kapiteln der ICD zu Verfügung stehen. Codes aus dem S-Kapitel stehen zwar für Verletzungen, enthalten aber keine Nr. mit "...nach medizin. Massnahmen", daher sind sie m.E. nicht für iatrogene Verletzungen zu verwenden. Oder lieg ich da falsch ?

    Gruß
    AnMa

  • Hallo AnMa,

    angenommen, Sie haben ein Haus bestehend aus Keller, Wohnraum und Dach. Die drei Bereiche sind abgrenzbar. Sie sollen das Haus codieren. Das optimale wäre, sie haben einen Code, der alle drei Teile zur Ausgangsposition rückübersetzbar zurückführen kann.

    Wenn Sie stattdessen je einen für den Keller, einen für den Wohnbereich und einen für das Dach haben, müssen Sie alle drei benutzen um Ihr Haus zu kodieren.

    Mit der ICD ist es nicht anders, nur dass die Grenzen oft nicht klar sind. Kodieren Sie nur den T80-88er Code, haben Sie von Ausnahmen abgesehen nur codiert, dass Sie eine Komplikation haben, wissen aber meist nicht welche. Nehmen Sie nur den Verletzungskode, verschlucken Sie die kodierfähige nähere Beschreibung, dass es eine Komplikation ist.

    Nehmen Sie beides, wissen Sie in unserem speziellen Fall, dass Sie eine Komplikation in Form einer Gefäßverletzung haben. Was ist also besser?


    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin

  • Hallo Herr Winther,

    danke für die Beiträge. Leider komme ich erst jetzt dazu, sie zu beantworten. Mein Problem ist es weniger, ob ich beide Nummern nehmen muss, sondern in welcher Reihenfolge. Beim Gruppieren ergeben sich manchmal nämlich unterschiedlich bewertete DRG's. Vielleicht haben Sie dazu noch einen guten Rat?

    Mit besten Grüßen


    Elisabeth Kosche

  • Hallo, Herr Winther

    Ihre schon fast poetische Beschreibung des Kodiervorgangs gefällt mir sehr. Allerdings frage ich mich, ob sie nicht doch den Kodierregeln widerspricht, die ja in der "Hierarchie" über der ICD stehen. Ist es nicht möglich, dass dann ein- und derselbe Fakt vielleicht doppelt erlösrelevant wird, wenn beide (Dach und Keller) eine CC-Relevanz haben ? Im von Frau Kosche geschilderten Fall ist es ja nicht so, aber stellen Sie sich folgendes vor:

    nach einer Op kommt es zu einer postop.Pancreatitis, die ich ausschließlich nach IDC-Thesaurus mit T81.4 kodieren würde, Sie würden zur näheren Spezifizierung noch K85.- ergänzen ? Dann hätten Sie zwei CC-relevante Diagnosen.

    Bitte helfen Sie mir und Elisabeth Kosche auf die Sprünge:bounce:

    AnMa

  • Hallo AnMa und Elisabeth,

    mit der Reihenfolge sollte es keine Probleme geben, wenn alle Teile der Komplikationscodierung Nebendiagnosen sein sollen. Wenn es doch Probleme gibt, so sind es Grouperfehler, die verbessert werden müssen. Diese müssen gefunden und den Zuständigen gemeldet werden, damit man sie verbessern kann. Niemand kann für diese Probleme den Anwender verantwortlich machen.

    Soll ein Teil Hauptdiagnose werden, empfehle ich die DKR 1306c wonach die Luxation der TEP Hauptdiagnose (in Ihren Fall analog dazu die Gefäßläsion) und die Z96.6 bei adaequatem Trauma und die T84.0 bei einer Komplikation (analog dazu der für Ihren Fall passende T8er Code) als ND anzugeben ist.

    Das gleiche gilt, wenn mehrere CC fähige Diagnosen zusammentreffen. Genauso wie alle nicht CC fähigen Diagnosen erwähnt werden müssen, die die Bedingungen zur DKR D003b erfüllen, gilt dies für die CC fähigen ebenfalls. Ob dann z.B. 2+2=4 oder weniger ergibt, ist dann meines Erachtens ebenfalls Sache des Groupers und nicht die Sache des Anwenders.

    Vielleicht können Sie sich damit anfreunden.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin

  • Hallo Herr Winter und sonstige Experten,

    danke für Ihre Antwort. Anfreunden kann ich mich auf alle Fälle mit der Beliebigkeit der Reihenfolge der ICDs, wenn alle Diagnosen wirklich Nebendiagnosen sind und genommen werden dürfen, und dann auch mit der CC-Addition.
    Was die DKR 1306c betrifft, lese ich da etwas anderes heraus.
    "Ein Kode der Kategorie T84.- ... ist unter den folgenden Umständen zu verwenden..." - hier scheint es mir eher so, als ob ausschließlich der T84-Kode zu nehmen ist. Sonst hätte doch dastehen müssen "ist als Nebendiagnose zu verwenden" oder die S73.0- hätte mit dabei stehen müssen. Auch in der DKR 1919a steht der T-Kode in einem Beispiel allein (sogar noch ergänzt durch eine optionale Y84.9!)In der DKR 0103a wird unter b) extra erwähnt, dass zur Komplikationsnummer noch der Kode des Erregers hinzu kommt. Also nehme ich an, dass in anderen Richtlinien ebenfalls erwähnt würde, wenn eine genauere Spezifizierung ergänzt werden kann / soll. Oder liege ich da falsch?

    Beste Grüße

    Elisabeth Kosche

  • Hallo Elisabeth,

    Niemand kann Sie hindern sich im Kreise zu drehen. Die DKR sind nun mal nicht eindeutig und dies wird immer wieder Probleme aufwerfen. Aber Niemand kann Sie auch daran hindern, so spezifisch zu codieren, wie es geht. Die von Ihnen zitierte Blutung ist nur über einen „Y“-Code weiter spezifizierbar. Die Luxation als Komplikation dann eben über einen „S“-Code wobei man auch argumentieren kann, dass die mechanische Komplikation vorhanden ist (Folgezustand) und die Luxation die Folge selbst beschreibt, zumal oft nur die Folge des Folgezustandes (z.B. bei nicht optimal eingesetzter Pfanne) behandelt wird, denn nicht jede TEP wird nach einer Luxation gewechselt. Trotzdem ist nach den Folgezustandsregeln der Folgezustand und die Folge zu codieren. Man kann bei dieser Diskussion aber auch sehr schnell ins Uferlose abgleiten.

    Genauso gibt es Komplikationen, die ausschließlich einen T8er Code vertragen. Die DKR 1306c sagt nicht aus, dass die T84.ff zwangsläufig allein stehen muß (alte Jesuitenfrage ob ich beim Rauchen beten oder beim Beten rauchen darf), sie sagt nur aus, dass im Falle der traumatischen Luxation die Z96.6 dazu zu codieren ist. Und was sagt uns die Z96.6: es liegt ein Zustand bei Endoprothese vor (wo auch immer, es kann auch ein Fingergelenk sein).

    Bitte denken Sie zum Schluß aber auch daran, wozu tun wir den ganzen Unsinn? Nur um dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist? Oder wollen wir nicht nebenbei auch für uns selbst Informationen gewinnen. Unter welchen Begriffen kann man sich Suchläufe vorstellen, in denen unser Patient wiedergefunden werden soll: nur unter mechanischer Komplikation wie immer sie auch geartet sein kann, oder auch unter allen Hüftgelenk-(-TEP-)-Luxationen?

    In diesem Sinne, viel Freude im Beruf.

    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas Winter
    Berlin

  • Hallo, Herr Winter,

    ich widerspreche nur äußerst ungern, aber die S73.0 beschreibt nun mal eine traumat. Hüftluxation, also unfallbedingt. Sie können also diesen Code eben nicht als Zusatzinformation für die nichttraumat. Hüftluxation einer TEP verwenden, die ein Pat. z.B. beim Aufstehen aus dem Sessel erleidet. :boom:

    trotzdem freundlichste Grüße

    AnMa

  • Hallo AnMa,

    oh jeh, jetzt fangen wir wirklich an zu fieseln. Trauma ist nicht mit Unfall gleichzusetzen sondern heißt lediglich wertfrei Verletzung. Die Gabe einer Spritze ist im Wortsinn auch ein Trauma, also eine Verletzung. Und eine Luxation einer Hüft-TEP verletzt Stukturen. Aber es bleibt Ihnen selbstverständlich frei, statt der S73.ff bei rezidivierenden Luxationen Codes wie M24.4ff für die habituelle (außer Patella) Luxation oder wenn krankhafte Veränderungen für Sie interpretatorisch korrekter erscheinen die M24.3ff pathologische Luxation.... unter Beachtung der Exclusiva zu verwenden.

    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas Winter
    Berlin