Perianalvenenthrombose

  • Schönen guten Morgen zusammen!

    Wir haben hier arge Probleme, eine \"vernünftige\" DRG bei der Therapie der Perianalvenenthrombose zu erreichen.
    Laut Grouper und laut ICD-Klassifikation wird eine Perianalvenenthrombose mit der I82.8 verschlüsselt. Das Prozedurenäquivalent dazu ist die 5-490.0 (inzision und Exzision Perirektalgewebe).
    Groupt man beides, erhält man die DRG 901D!
    Diese ist zwar gut vergütet, doch wäre es mir lieber, bei korrekter Kodierung eine spezifische DRG zu erhalten.

    Handelt es sich hier um einen dieser Fälle, die nicht korrekt abgebildet sind, oder um einen formalen Denkfehler meinerseits?

    Für Hinweise und Kommentare wäre ich dankbar.

  • Hallo Herr Finkler,

    die Perianalvenenthrombose ist nicht mit I82.8, sondern mit I84.3 (Äußere thrombosierte Hämorrhoiden) zu verschlüsseln... und schon landen Sie in der G26Z (Andere Eingriffe am Anus).

    MfG

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

  • Hallo Herr Finkler,
    die richtige Kodierung, wie sie Herr Balling bereits mitgeteilt hat, ist aber noch keine Garantie für die problemlose Abrechnung. Wie begründen Sie die Indikation zur stationären Behandlung?
    MfG

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin

  • Hallo Herr Balling, hallo Herr Bartkowski.

    Haben Sie herzlichen Dank für Ihre Antworten.
    Verzeihen Sie mir den Widerspruch gegen gleich zwei Chirurgen, allerdings bin ich hinsichtlich der Einordnung der Perianalvenenthrombose etwas anderer Meinung. Es handelt sich meines Erachtens nach sehr wohl, wie kodiert, um eine Thrombose anderer Venen und eben nicht um \"äußere Hämorrhoiden\". Dies konnte mir im Laufe des Tages auch das DIMDI bestätigen. Nach deren Meinung liegt hier das Problem vor, dass die I82.8 eine recht \"hoch bewertete\" Diagnose ist, es zur Zeit aber keine spezifischere Verschlüsselung für die Perianalvenenthrombose gibt.
    Soweit das DIMDI.

    Zur Begründung des stationären Aufenthaltes hilft mir im vorliegenden Fall Folgendes:
    a) recht ausgedehnter Befund/Eingriff (zwei Stellen)
    b) sehr schmerzgeplagter Patient (i.v. Analgesie postoperativ)
    c) postoperative Tamponade (deswegen wohl auch b)).
    Folglich bin ich vorsichtig optimistisch, dass ich den Fall so durchkriegen kann.

  • Hallo Herr Finkler,

    das systematische Verzeichnis der ICD-10 kennt keine perianale Thrombose, sondern nur Hämorrhoiden und teilt diese in \"innere\" und \"äußere\" Hämorrhoiden auf. \"Äußere\" Hämorrhoiden gibt es aber anatomisch nicht, da der Schwellkörper, aus dem die Hämorrhoidalzapfen entstehen, zum Rektum gehört. \"Äußere Hämorrhoiden\" sind daher entweder prolabierte (\"innere\") Hämorrhoiden (die wären aber strenggenommen mit dem Kode I84.1 als \"Innere Hämorrhoiden mit sonstigen Komplikationen\" zu kodieren), oder es handelt sich um eine perianale Thrombose!

    Die Kodes I84.3 und I84.4 sind somit eigentlich vollkommen falsch. Andererseits werden perianale Thrombosen eben häufig als äußere Hämorrhoiden bezeichnet - und genau dadurch sind die Kodes ja auch entstanden. Die Deutsche Gesellschaft für Koloproktologie gibt für die perianale Thrombose übrigens auch den Kode I84.3 an, und damit dürfte sich die Diskussion wohl erledigt haben.

    Eine operative Behandlung von perianalen Thrombosen ist eigentlich nur im Ausnahmefall (bei großem Befund oder starken Schmerzen) erforderlich, da sich der Befund auch ohne Behandlung von alleine zurückbildet.

    Daher, ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen: Ihr Vorgehen läuft darauf hinaus, dass Sie einen Eingriff, bei dem schon die Indikation diskutabel ist (von der stationären Durchführung ganz zu schweigen), der Kasse auf der Basis einer ziemlich spitzfindigen Argumentation mit einem Betrag von ca. 2.000 Euro in Rechnung stellen wollen. Halten Sie das wirklich für angemessen?

    Mit freundlichen Grüßen,

    Markus Hollerbach

  • Hallo Herr Hollerbach,

    zunächst einmal kann ich Ihrer Argumentation soweit folgen, dass ich Ihnen und damit auch den Herren Balling und Bartkowski Recht geben kann und meinen Irrtum einsehe. Dadurch ist die Diskussion wirklich erledigt.
    Erlaubt mir dies doch, wie im ersten Post geschrieben, eine \"vernünftige\" DRG zu groupen.

    Ihrem letzten Absatz entnehme ich, dass wir uns eventuell etwas missverstehen. Ich will die Fehler-DRG nicht durchfechten, es fehlte mir lediglich der Background, anders zu argumentieren. Wenn sogar das DIMDI sagt, dass die Fehler-DRG richtig ist, ich aber trotzdem kein gutes Gefühl dabei habe, bleibt mir doch nur, mit der Kasse die G26Z auszuhandeln (und dumm zu bleiben) oder hier zu schauen, ob jemand was Besseres weiß.

    Bezüglich der stationären Abrechnung war das ernst gemeint: es war in dem angesprochenen Fall ein ausgedehnter Eingriff, der Patient hatte starke Schmerzen, die eine i.v.- Analgesie postoperativ notwendig machten und die Wunden wurden austamponiert. Dadurch ist meiner Meinung nach die stationäre Behandlungsbedürftigkeit hinreichend gegeben.

  • Hallo Herr Finkler,

    nur zur Ergänzung:
    die Perianalvenenthrombose spielt sich im Bereich des Plexus hämorrhoidalis inferior (externus) ab. Hämorrhoiden im eigentlichen Sinn entstehen im Plexus hämorrhoidalis superior (internus).
    Dies ist offensichtlich den zuständigen Stellen entgangen bzw. wurde nicht entsprechend bei der DRG-Einführung umgesetzt.

    MfG

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

  • Guten Morgen,
    die völlig antiquierte Einteilung der Hämorrhoiden in der ICD-10 ist dem DIMDI bekannt, die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie hat gemeinsam mit dem Berufsverband der Deutschen Chirurgen für 2006 einen Änderungsantrag beim DIMDI gestellt, den Kodebereich I84 dem aktuellen Stand der Wissenschaft anzupassen. Offenbar um die internationale Kompatibilität zu wahren wurde dies jedoch leider zurückgestellt.

    Die oben zitierte Meinung des DIMDI dürfte auf einem Mißverständnis beruhen:
    Mit \"perianale Thrombose\" ist offenbar nicht die (Peri-)Analvenenthrombose gemeint. Das amtliche alphabetische Verzeichnis zur ICD-10 verweist bei dem Begriff \" Perianal, Thrombose\" tatsächlich auf I82.8, gleichzeitig aber bei \"Analvene, Thrombose\" auf I84.3. Damit ist klar, dass die Analvene keine sonstige näher bezeichnete Vene im Sinne von I82.8 ist. Ob die Thrombose von perianalen Blutgefäßen, die keine Analvenen sind, irgendeine klinische Relevanz haben, entzieht sich meinen bisherigen proktologischen Erfahrungen.
    Die DRG-Zuordnung erscheint bei Berücksichtigung dieser Vorgaben durchaus sachgerecht.

    MfG

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin

  • Mahlzeit zusammen!

    Ah ja! :D
    Langsam lichtet sich der Nebel und Verstehen wächst, jedenfalls herzlichen Dank für die Aufklärung.
    Als Anästhesist gelangt man halt nur selten in diese Körperregionen. :erschreck: