Prozedurenkodierung in der Unfallchirurgie

  • Liebe Forummitglieder,
    ich bin hier mit einem Fall völlig überfordert und finde nicht die passende Kodierung.
    Zuerst einmal einen Auszug des OP Berichtes:
    Hautdesinfektion, steriles Abdecken, zunächst am linken Ellenbogen. Es folgt ausgedehntes Debridement der Komplikationswunde, die ca. 10 cm direkt über dem Olecranon misst und zerfetzt ist, teilweise mit Dreckeinsprengungen. Lavage.Debridement.Wechsel des Operationsbesteckes und nochmal Hautdesinfektion. Nun wird der Schnitt etwas nach distal und proximal erweitert. Jetzt sieht man eine völlige Zertrümmerung des Olecranons mit einem nur kleinen Fragment an der Tricepssehne hängend. Die Fragmente werden reseziert, eine Rekonstruktion ist nicht möglich, maximal eine Verkürzung.Dieses wird versucht mit einer winkelstabilen Platte, allerdings ist das kleine Fragment nochmals in sich frakturiert, so daß eine Rekonstruktion auch nicht möglich ist. Das Fragment wird reseziert, Bohrlöcher durchgehend proximal im Ulnaschaft durchgeführt und die Tricepssehne transossär mit U-Nähten zweimal FiberWire refixiert. Es besteht eine stabile Fixation bis 90 Grad. Feinadaptation der Tricepssehne mit der umliegenden Fascie. Subkutannaht, Hautnaht, die Haut läßt sich mit nur einer geringen Spannung gut verschließen.Verband.
    Nun Osteosynthese des Mittelfußes rechts. Es wird hierzu ein dorso-medialer Schnitt gewählt, um den Strahl 1 - 3 offen zu versorgen. Nun wird mit dem 2,7 mm winkelstabilen System zunächst der erste MFK über die Platte reponiert und mit jeweils 2 Schrauben in dem proximalen distalen Fragment stabilisiert. Der 2.MFK weist eine langstreckige Trümmerfraktur auf, so daß hier eine Überbrückungsosteosynthese ebenso mit winkelstabiler 2,7mm Plattenosteosynthese durchgeführt wird. Für den MFK 3, der ebenso eine Trümmerzone aufweist, wird eine Mini Martin-Platte angelegt. Es besteht in der ap-Projektion eine leichte at latus Dislokation,die aber aufgrund der Trümmersituation und der Allgemeinsituation akzeptiert wird. Ansonsten läßt sich die Fußlänge wieder korrekt herstellen. Der dislozierte 5. Strahl wird zunächst mit Kirschnerdrähten gefasst und dann geschlossen reponiert und in der 3er und 4er MFK-Basis bzw. MFK 4 transfixiert mit einem 2. Kirschnerdraht der Größe 2.0. Auch hier besteht eine korrekte Rekonstruktion des Fußgewölbes. Der dorsale Hautschnitt läßt sich gut und spannungsfrei verschließen.Die Drähte werden gekürzt, elasto-kompressiver Verband.

    Kann mir jemand sagen, wie dieser Fall richtig kodiert wird.
    Bin besonders ratlos mit dem ersten Teil des Berichtes.

    Im Voraus schon mal vielen Dank für jegliche Hilfe.

    MfG
    M. Kunze

  • Liebe Frau Kunze,

    Als wichtige Vorbemerkung: Ich bin kein Unfallchirurg, und dies ist zunächst mal nur eine Diskussionsgrundlage.
    Aber ich würde folgendermaßen Kodieren (nur Prozedurencodes):

    Ellenbogen:
    5-893.17 Debridement Haut und Unterhaut
    5-780.67 Debridement Knochen
    5-794.27 ? (Versuch der) Osteosynthese mttels Platte ?)
    5-855.02 Reinsertation der Trizepssehne

    Mittelfuss:
    (3x) 5-796.2v Osteosythese der MFK 1-3
    5.79b.1 (q oder p oder beide Kodes) Reposition des MFK5 (es handelt sich ja anscheinend hier um eine Luxation).

    Mich würde aber auch interssieren, wie dies erfahrene Unfallchirurgen sehen.

    Beste Grüße

    Dr. Stefan Stern :sterne:
    Klinik für Anästhesiologie
    Klinikum der Universität München

  • Hallo Frau Kunze,

    Mein alter Mathelehrer sagte immer, Differenzieren ist ein Handwerk, integrieren eine Kunst. Übertragen auf unser „Geschäft“ bedeutet das, Codieren aller Fächer außer Orthopädie und Traumatologie ist ein Handwerk, Codieren Orthopädie/Traumatologie eine Kunst – bitte nicht wörtlich nehmen, aber etwas ist schon dran.

    Nun zu Ihrer Frage. Durch so einen Wust kommt man nur, wenn man strikt der Reihe nach vorgeht alles klartextlich raussucht was da ist, einzeln codiert und dann streicht, was an Diagnosen schon vorhanden ist. Ich vermute mal, dass das Krankenblatt noch viel mehr hergibt, insofern dürften meine Vorschläge nur als Hinweis gelten, denn maßgeblich ist das Krankenblatt.

    Also der Reihe nach:

    Zerfetzte lange Wunde über dem Olecranon mit Trümmerfraktur.
    Also vermutlich zweit- bis drittgradig offene Trümmer-Fraktur des Olecranons, die genaue Differenzierung müssten Sie sich vom Operateur besorgen (wichtig für die Codierung der Weichteilbeteiligung).

    Die Versorgung mit der winkelstabilen Platte fand nicht statt – ob der Versuch über die Idee hinausging, also als abgebrochene OP gewertet werden muss, dann muss der Methodenwechsel aber auch als intraoperative Komplikation codiert werden, denn jede Maßnahme benötigt eine Indikation, also eine Diagnose, die den Methodenwechsel rechtfertigt, muss der Operateur entscheiden -, statt dessen gab es zum Debridement bis auf den Knochen mit Fremdkörperentfernung (Dreck) aus der Wunde und Knochenfragmententfernungen eine transossäre Reinsertion der Tricepssehne mit Fiber-Wire an der proximalen Ulna.

    Über ein intraartikuläres Geschehen (Ellenbogengelenk humeroulnar) wird nichts berichtet. Es wäre aber sinnvoll, beim Operateur nachzufragen, ob das Debridement und die Fremdkörperentfernung bei offenem Gelenk statt fand, was bei der örtlichen Nähe der Strukturen nicht ungewöhnlich wäre.

    Der Fuß weist anscheinend eine geschlossene Trümmerfraktur der Metatarsalia 1-3 auf, wobei der erste und zweite Stahl je mit einer winkelstabilen Platte versorgt wird und der dritte mit einer Miniplatte.

    Was versteht der Operateur unter Allgemeinsituation? Das bedeutet, wie sieht die Weichteilbeteiligung bei den hier geschlossenen Frakturen aus (nur Frakturhämatom oder mehr?)? Auch sollten Sie den Operateur außerdem noch fragen, ob die Trümmerfragmente des 2. Strahles belassen oder entfernt wurden (Überbrückungsosteosynthese: also mit Defekt oder ohne?).

    Auch sollte sich der Operateur äußern, ob der 5. Strahl (in welchem Gelenk?) luxierte oder der Metatarsale frakturierte (oder beides). Hier fand eine gedeckte Osteosynthese mit KD´s statt einschließlich einer temporären Arthrodese der Gelenke des 5- Stahls ebenfalls mit KD. Sollte es nur eine Luxation gewesen sein, wäre es eine geschlossene Reposition mit temporärer Arthrodese.

    Mehr gibt der OP-Bericht nicht her.

    Sie sehen, es bleiben einige Fragen.

    Nach der Beantwortung der diversen Fragen, und Vervollständigung der Liste können Sie beginnen sie zu codieren. Wenn Sie die aufgeworfenen Fragen im Forum beantworten, kann man Ihnen einen Codiervorschlag machen.


    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas Winter
    Berlin