Anästhesieleistungen bei amb. Katarakt-Operationen

  • Liebe Forumsteilnehmer,
    in unserem Hause werden von Beleg-Augenärzten ambulante Katarakt-Operationen in Lokalanästhesie durchgeführt.
    Die Abrechnung der Augenärzte erfolgt über die KV, u.a. wird hier die Ziffer 31801 Retrobulbäre Anästhesie abgerechnet.
    Das Krankenhaus berechnet eine Stand-By-Anästhesie, Ziffer 05340 Überwachung der Vitalfunktionen nach den Vorgaben des § 115b.
    Seit mehreren Monaten weigert sich eine große Krankenkasse, die Stand-by-Anästhesie zu bezahlen mit dem Argument, dass hier eine Doppelabrechnung vorliege. Der Leistungsinhalt der durch den Operateur abgerechneten Ziffer 31801 und der Ziffer 05340 seien identisch.
    Medizinisch-inhaltlich wird seitens der beteiligten Ärzte angeführt, dass die Anwesenheit eines Anästhesisten bei den i.d.R. älteren Patienten u.a. wegen des Okulo-kardialen Reflexes und der Begleiterkrankungen sinnvoll und notwendig sei.
    Hat jemand aus dem Forum bereits ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie kann man hier argumentieren? Unsere Rechnungen werden einfach per DTA abgewiesen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. S. Stephan

  • Halo Stephan
    Für das \"Herumstehen eines Anästhesisten\" werden sie wohl kaum Geld bekommen.
    Andere Argumentation: bedeutet denn die Anwesenheit des Anästhesisten und die Überwachung wegen der Komorbiditäten nicht eine stationäre Behandlung? Vielleicht wäre die grosse Kasse dann bereit, zu bezahlen, wenn sie damit einen stationären Fall vermeiden kann.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Zitat


    Original von Stephan:
    Seit mehreren Monaten weigert sich eine große Krankenkasse, die Stand-by-Anästhesie zu bezahlen mit dem Argument, dass hier eine Doppelabrechnung vorliege. Der Leistungsinhalt der durch den Operateur abgerechneten Ziffer 31801 und der Ziffer 05340 seien identisch.
    Medizinisch-inhaltlich wird seitens der beteiligten Ärzte angeführt, dass die Anwesenheit eines Anästhesisten bei den i.d.R. älteren Patienten u.a. wegen des Okulo-kardialen Reflexes und der Begleiterkrankungen sinnvoll und notwendig sei.

    Hallo Herr Stephan,

    um diese Frage zu klären zu können, muss man etwas ausholen.

    Gemäß EBM 2000plus ist eine Leistung dann vollständig erbracht, wenn u.a. der komplete obligate Leistungsinhalt erbracht worden ist. Hierbei gilt die reine Aufzählung oder die Aufzählung mit Komma als eine Aufzählung von Teil-Leistungen, die alle erbracht werden müssen.

    Der obligate Leistungsinhalt der Ziffer 31801 ist:

    • Retrobulbäre Anästhesie
    • Pulsoxymetrie
    • Überwachung und Dokumentation der Vitalparameter


    Nur wenn alle drei Teil-Leistungen erbracht worden sind, kann die 31801 abgerechnet werden.

    Bei der Ziffer 05340 ist der obligate Leistungsinhalt:

    • Überwachung der Vitalfunktionen (Stand-by)
    • Persönliche Anwesenheit des Arztes
    • Kontinuierliches EKG-Monitoring


    Wiederum sind alle drei Teil-Leistungen zu erbringen, um die Ziffer abzurechnen.

    Die Krankenkasse argumentiert nun, dass die Ziffer 05340 eine Teil-Leistung der Ziffer 31801 ist.

    Es ist die Allgemeine Bestimmung 2.1.3 zu beachten. Diese lautet: \"Eine Leistung ist nicht berechnungsfähig, wenn sie Teilleistung einer anderen berechnungsfähigen Leistung oder eines berechnungsfähigen Leistungskomplexes ist ... Erfüllen erbrachte Leistungen die Voraussetzungen zur Berechnung eines Leistungskomplexes, ist der entsprechende Komplex und nicht die einzelne(n) Leistung(en) abzurechnen.\"

    Wenn man mit dieser Allgemeinen Bestimmung argumentieren will, sind zwei Aspekte wichtig.

    Wenn Ihr Anästhesist alle geforderten Teil-Leistungen erbracht hat, darf (und muss) er den Leistungskomplex 05340 abrechnen. Da es für die Teil-Leistungen der Ziffer 05340 keine Einzelleistungen im EBM gibt, kann er auch nur diese Ziffer ansetzen.

    Der zweite Aspekt ist, ob die Ziffer 05340 eine Teil-Leistung der Ziffer 31801 ist. Ich bin kein Arzt, deswegen kann ich nicht beurteilen, ob die \"Überwachung der Vitalfunktionen\" das gleich ist wie die \"Überwachung der Vitalparameter\".

    Was ich allerdings beurteilen kann, ist, dass das \"Kontinuierliche EKG-Monitoring\" zwar in der Ziffer 05340, nicht aber in der Ziffer 31801 auftaucht. Daher kann die Ziffer 05340 keine Teil-Leistung der Ziffer 31801 sein - immer unter der Voraussetzung, dass diese Leistung auch erbracht worden ist.

    Für die Krankenkasse mag es zwar ärgerlich sein, dass zwei Ziffern große Überschneidungen aufweisen. Aber die Argumentation mit den Teil-Leistungen zieht nicht. Da es außerdem keinen Abrechnungsausschluss zwischen beiden Ziffern gibt, können beide abgerechnet werden.

    Grüsse

    Matthias Offermanns

    Deutsches Krankenhausinstitut

    Alte Rheinische Weisheit: "Das Leben ist zu kurz für ein langes Gesicht."

  • Hallo Herr Offermanns,

    vielen Dank für Ihre detaillierte Stellungnahme. Ich habe Ihre Argumentation aufgegriffen und der Kasse die Sachlage nochmals ausführlich geschildert.
    Gestern erhielt ich dann den Anruf, dass die Rechnungen beglichen werden. (Allerdings hatte die Kasse zuvor mehrere Patienten angerufen, um sich bestätigen zu lassen, dass tatsächlich ein Anästhesist während der OP tätig war. Soviel zum Thema vertrauensvolle Zusammenarbeit.)

    Mit freundlichen Grüßen

    Siegfried Stephan