Revisionsoperation: Wechsel eines vaskulären Implantats

  • Liebes Forum,

    Strittig ist die Bedeutung des OPS \"Wechsel eines vaskulären Implantates\". Der Fall ist in einer nachfolgenden DIMDI –Anfrage beschrieben. Das DIMDI hat diese Anfrage wie folgt beantwortet:
    Aus klassifikatorischer Sicht handelt es sich in dem von Ihnen beschriebenen fall eher um die Neuanlage eines Bypasses, da nicht nur ein Wechsel des vaskulären Implantates stattgefunden hat.
    Der MDK sieht gleichwohl – wegen der Formulierung \"eher\" – keine Veranlassung, von der Position, dass es sich um einen Wechsel handelt, abzurücken.

    Hier die DIMDI-Anfrage (die auch beantwortet wurde)
    Der klinische Fall stellt sich wie folgt dar:
    Bei dem operativen Eingriff wurde ein vorhandener proximaler femoro-cruraler Bypassabschnitt thrombektomiert, der distale Bypassabschnitt sehr aufwendig ersetzt, nämlich derart, dass die hochgradig stenosierte alte crurale Anastomose in Gänze aufgelöst werden musste, eine Neuanastomosierung mit Anastomosenverlängerung deutlich nach distal und zum Erhalt der retrograden Perfusion des revaskularisierten Gefäßes, der A. tibialis posterior, auch nach proximal. Es wurde neues alloplastisches Bypassmaterial verwendet. Die Präparation im voroperierten Gebiet mit den präcruralen anastomosentypischen Vernarbungen war technisch ausgesprochen schwierig, dies machte sich auch in der deutlich verlängerten Schnitt-Naht-Zeit bemerkbar.

    Der MDK besteht bisher darauf, dass in diesem Fall der OPS-Code für Wechsel eines Bypasses (5-394.3) verwendet wird. Dies wird unserer Auffassung nach dem Sachverhalt nicht gerecht. Wir halten die Kodierung der Neuanlage (5-393.55) für gerechtfertigt.

    Liebe Grüße

    LT

  • Hallo Forum,

    ich möchte dieses Thema noch mal ansprechen, da wir uns hier nicht mit dem MDK einigen können. Der Widerspruch wurde bereits vom MDK abgelehnt und unsere Anwältin rät von einem Gerichtsverfahren ab, da es sich hier um eine reine \"Kodierfrage\" handelt.

    Was meinen die Gefäßchirurgen im Forum zu diesem Problem?

    Liebe Grüße

    LT

  • Hallo LT,
    bin zwar kein Gefäßchirurg aber artverwandt. Eine komplette Neuanlage ist es nicht, aber auch keine banale Revision- eher eine erweiterte Revision. Die gibt es aber nicht im OPS. Eventuell kann die endere plastische REkonstruktion verwendet werden 5-397.83.
    Haben Sie den Ausschnitt aus dem OP-Bericht mit der Zielstellung- Verbesserung der Abflussverhältnisse oder Reko der Tibialis?

    Mfg

    Uwe Neiser


  • Hallo Dr. Neiser,

    hier ist der Auschnitt aus dem Op-Bericht (Veröffentlichung natürlich mit Zustimmung des Operateurs).
    OPERATION: Frustraner Versuch der Bypassthrombektomie, Bypassneuanlage mit 6 mm PTFE ringverstärkt, proximal termino-terminal an die thrombektomierten proximalen 5 cm der vorbestehenden 8 mm Prothese, distal End/Seit auf A. tibialis posterior in Unterschenkelmitte mit Taylor-Patch vom Innenknöchel. Intraoperative Angiographie.

    ...bei der intraoperativen Angiographie findet sich jedoch ein mit mehreren Manövern nicht zu mobilisierende Kontrastmittelaussparung im Bereich des Bypassausflusses, fehlende Darstellung der A. tibialis posterior, welche das führende Gefäß des Unterschenkels ist. Daraufhin Hautinzision am Unterschenkel medial, Freipräparation der distalen V. saphena und Darstellen der A. tibialis posterior in Unterschenkelmitte, das Gefäß ist hier kaum arteriosklerotisch verändert. Angeschrägt termino-terminale Anastomose der alten proximalen 4-5 cm der 8 mm Prothese mit einer neuen 6 mm PTFE-Prothese, diese wird extraanatomisch am Knie medial vorbeigeführt und nach Clamping der A. tibialis posterior und 2 cm langer Arteriotomie dort End/Seit anastomosiert mit Taylor-Patch in typischer Weise, wobei die V. saphena magna am Innenknöchel hierfür geeignet gehoben wurde. Kräftiger Rückstrom aus der A. tibialis posterior, Flushen vor Nahtschluss und Freugabe des Blutstromes. Intraoperative Angiographie, rascher Kontrastmittel-Flow. Guter Puls auf der weiterführenden A. tibialis posterior...

    Ich bin gespannt auf Ihre Meinung.

    Mit freundlichen Grüßen

    LT

  • Hallo,

    ist für mich eindeutig eine Neuanlage, da es weit über eine Revision hinausgeht.
    Quasi ist ja eine Neuanlage des Protheso-cruralen Bypasses mit anderer Verlegung und anderer distaler Insertionsstelle erfolgt.
    Ich denke, dass sehen Ihre Gefäßchirurgen genauso und können hier eine entsprechende Erwiderung schreiben.
    Ich würde Neuanlage und Revision daran unterscheiden, was belassen wurde- vom alten Bypass- und was neu ist. Da überwiegend neu- Aufwand zeitlich und Sachkosten- entspricht dies der Neuanlage.

    Hoffe das hilft Ihnen weiter.
    Welche Qualifikation hat der Gutachter?

    Schönen Feierabend.

    Uwe Neiser


  • hallo LT
    hallo phlox!

    dieser fall und vor allem die schlussfolgerung, das find ich mit ordentlicher codierung unvereinbar. Vielleicht auch weil ich diese \"neuanlage\" bereits ca 2004 kennen lernte.

    wenn Sie, LT,
    Ihr auto in eine werkstatt geben und dort ein paar zentimeter der benzinleitung ersetzt werden, auf der rechnung aber eine vollständige neuanlage steht, wie nennen Sie dann das ?

    phlox hat es sehr gut beschrieben:
    ... eine komplette Neuanlage ist es nicht, aber auch keine banale Revision - eher eine erweiterte Revision.
    Allerdings kommt \"nach betrachtung der sachkosten\" auch er zur neuanlage!

    Zu kodieren ist dieser fall nicht nach Dimdi sondern nach P013d.
    Wiedereröffnen eines Operationsgebietes/ Reoperation
    Ob komplikation/ rezidivtherapie ist unerheblich. In den kapiteln der peripheren gefäßchir landet man dann in 5-394.-.
    Und genau da beginnt dann erneut der streit. Wie treffend sind die 5-steller ?
    Ausreichend treffend (s. P013d) oder nur zusatzcode ?
    Kann man 5-394.3 auch als partiellen wechsel lesen?
    Ich persönlich bin gegen die verwendung als zusatzcode, komme dann allerdings schon mal zur lösung 5-394.x. Und da hat der grouper überraschungen bereit.

    Dieser streit über die kodierung ist mir allemal lieber als dieses kaufmännisch unterlegte quasi-neu (wofür ein OA der gefäßchir auch noch seinen namen hergeben soll)

    Ach ja, wie würden Sie denn die rechnung Ihrer autowerkstatt nennen?

    mfg ETgkv
    Ernst Trump

  • Guten Morgen,

    Hr. Dr. Neiser, danke für Ihre Antwort. die Widersprüche wurden bereits geschrieben und nicht akzeptiert. Genau das ist unser Problem.

    Hr. Trump, auch wenn Sie einen ähnlich gelagerten Fall aus 2004 kennen, löst das nicht unser Problem. Die x als 5. Stelle versuchen wir zu vermeiden, natürlich auch hier wo unsere Ärzte diese OP als Neuanlage sehen.
    Im Übrigen haben wir so viel Vertrauen in unserer Autowerkstatt, das wir nicht bei jeder hohen Rechnung misstrauisch werden.

    Mit freundlichen Grüßen

    LT

  • Hallo Herr Trump,

    vielen Dank für den kritischen Beitrag, ich denke Ihr Vergleich mit der Benzinleitung hinkt etwas.

    1. die Benzinleitung wird sicher nicht teilweise sondern immer nur als Ganzes ersetzt. Und wenn ein Ausspülen und Verwenden der alten nochmal möglich ist, dann ist eine \"Revision\" ok und auch ich wäre gegen eine Neuanlage.
    2. Wenn allerdings die Benzinleitung vom Ursprung oder auch in der Mitte mit einem neuen Rohr verlängert wird- dieses völlig unüblich nicht direkt zum Vergaser- oder was im Auto dann auch immer folgt - sondern hinterm Anlasser direkt in den Zylinder /wenn das beim Auto möglich wäre/ geleitet wird, dann haben Sie auf der Rechnung etwas mehr als nur eine Revision der Benzinleitung stehen- sondern noch den Vergaser gleich mit...

    Kommen wir zurück zum medizinischen.
    Okay nach P013d- einverstanden. Unterpunkt Durchführung einer anderen Operation in diesem Operationsgebiet-
    gibt es einen spezifischen Kode- nein, also möchten Sie die Gefäß- Revision (plus Zusatzkode 5-983) kodieren.

    Genau das war ja ohne Zusatzkode die Frage.
    Aber nach dem OP-Bericht gehe ich davon aus, dass der Inhalt des Eingriffes weit über eine Revision (Kodip gibt hier beispielsweise unter 5-394.2 als Eingriffe die Patchplastik und Kürzung und Revision selbst an) in meiner Interpretation: Inspektion der Anastomose, Thrombektomie, Neuanlage der Anastomose, Patchplastik- hinausgeht.

    Und hier kommen die Kosten ins Spiel, ob es Ihnen oder mir gefällt ist dabei egal, denn das DRG-System bildet ökonomisch- medizinische Fallgruppen- in dieser Reihenfolge der Begriffe. Es handelt sich um überwiegend okönomisch homogene Fallgruppen. Und die Eingruppierung ergibt nun mal extreme ökonomische Unterschiede, die man auch als gefäßchirurgischer Oberarzt nicht außer Acht lassen sollte. (ps. ich beobachte in diesem Zusammenhang eher die Neigung der nur klinisch tätigen Kollegen die ökonomisch bessere Kodierung teilweise wider medizinischen oder kodiertechnischen Inhalt zu verwenden und dann auch noch mit Überzeugung zu vertreten. :)

    Wenn sie also von Ihrer Werkstatt nach komplettem Wechsel von Benzinleitung und Vergaser nur die Leitungsreinigung als Sachkosten bezahlen wollen, dann haben Sie auch ein Problem.


    Ganz zum Schluss gebe ich aber gern zu, dass die 5-394.x, obwohl eigentlich nicht gerne zu kodieren- da unspezifisch, im konkreten Fall den Sachverhalt aus ökonomischer und medizinischer Sicht wahrscheinlich am Besten abbildet.
    Hier habe ich im Bereich \"sonstige\" nicht geprüft und bedanke mich für den Hinweis.
    ps. Diese Gruppierung spiegelt aber genau den ökonomischen Aspekt des Sachverhaltes wider.

    Zusammenfassend eine interessante Kodierfrage vor dem Wochenende mit der Empfehlung dies dem MDK gegenüber auch so darzustellen.

    Uwe Neiser


  • Hallo LT,
    ich habe ja inzwischen meinen Beitrag verfasst, während Sie Ihren geschrieben haben.
    Bei der Werkstatt sind Sie ja meist in der Lage, dass diese einen Wissensvorsprung hat, da ich zumindest mein Auto nicht so genau kenne, dann könnte ich es ja selbst operieren. Genauso geht es dem Laien beim Arzt.
    Hier dikutieren wir jedoch mit dem MDK und der Wissenstand sollte adäquat sein.

    Nochmals zur Bekräftigung- nach dem Hinweis auf die. x mit allen Einschränkungen würde ich dies dem MDK/Kasse vorschlagen und ggf. Klagen- allerdings haben wir eigene Juristen und daher eine geringere Hemmschwelle. Bei einem ERlösunterschied, wie im konkreten Fall und den Argumenten halte ich persönlich das für ein Geschenk an die Kasse- sie haben ja auch noch den DIMDI mit dem Hinweis.

    Vielleicht teilen Sie uns malirgendwann Ihr Ergebnis mit.

    Mfg

    Uwe Neiser


  • hallo phlox,

    sorry, habe mir gestern den frust von 2004 vom leib geschrieben. Ein teilweiser wechsel ist keine neu-anlage. Wenn das nicht mehr mehrheitsmeinung ist, dann ist es zeit das drg-system zubeenden.

    Vergleiche hinken immer, ging mir auch mehr um moral und unmoral als um technische ähnlichkeiten.

    Was eine revision im ops ist, damit habe ich schon stunden verbracht. In jedem kapitel anders; am schlimmsten in 5-83.
    Ein wenig hilft, die unmittelbare umgebung zu betrachten und auf zusätze zu achten. In 5-394 (Revision einer BlutgefäßOP) ist der wechsel unter .3 ausdrücklich eingeschlossen. Damit muss auch der teil-wechsel mit drin sein: Ansich in .3 oder ausweg .x.
    Aber dies vor allem: an 5-394 führt keine semantik vorbei. Ich hoffe meine kollegen stehen besser als ich 2004.

    Wenn das Dimdi anstatt die anfrage mit einer semantischen gefälligkeit zu beantworten auf P013 hingewiesen hätte, dann hätte ich respekt gehabt. So aber haben sie die flucht aus 5-394 gefördert mit der folge, daß die angesteuerten drgs im cw noch weiter abfallen. Denn selbstverständlich können re-ops schwieriger als erst-ops sein, was dann auch teurer sein kann.

    mfg ETgkv
    Ernst Trump

  • Hallo Forumsmitglieder,

    es ist mir furchtbar peinlich, aber ich habe den falschen OP-Bericht ins Forum gestellt, richtiger Pat, falscher Aufenthalt (so geht das, wenn man für Kollegen eine Frage ins Forum stellt und sich dann zwischen Tür und Angel schnell informiert).

    Unsere Gefäßchirurgen möchten diese OP auf jeden Fall als Neuanlage kodiert haben. Das Widerspruchsverfahren mit dem MDK ist ausgereizt und wir werden nun doch klagen.

    Trotzdem möchten wir noch die Meinung aus dem Forum zu hören!

    Hier ist dann der Auszug aus dem richtigen OP-Bericht:

    OPERATION: Bypassthrombektomie, präoperative Angiographie, Ersatz der distalen 6 cm des alloplastischen Bypasses und der Anastomose durch neues 6 mm PTFE-Interponat mit neuer, sehr langer termino-lateraler Anastomose.


    ...Es wird dann der Hautschnitt nach distal erweitert, vorsichtige Freipräparation der ehemaligen cruralen Anastomose und der weiterführenden, sowie knapp proximal gelegenen A. tibialis posterior, welche bds. der Anastomosen weich ist, im Anastomosenbereich selbst deutliche Sklerosierung. Inzision des distalen Prothesenabschnitts auf die Anastomose. Im Bereich des Venenpatches dicke und im Sinne einer Dissektion abgelöste myointimale Hyperplasie mit hochgradiger Stenose im Ausflussbereich der Anastomose nach peripher und nach zentral. Es wird das gesamte alloplastische Material sowie der Taylor-Patch entfernt, Fortsetzen der Arteriotomie etwa 1 cm nach distal und etwa 5 cm nach proximal, so dass wieder gute Arterie erreicht wird, lang angeschrägte End/Seit-Anastomose mit 6 mm PTFE, 6.0 PTFE-Faden. Kräftiger Rückstrom aus beiden Arterienenden, Heparinspülung mit jetzt mühelosem Abstrom. Angeschrägte End/End-Anastomosierung mit dem proximalen Prothesenabschnitt, Flushen vor Nahtschluss und Freigabe des Blutstromes...


    Mit freundlichen Grüßen,
    LT