Distra zur Prophylaxe bei Alkoholikern

  • Hallo zusammen,

    es geht mir nicht darum eine Diagnose mit CC abzurechnen, aber wenn nun mal der (dringende) Verdacht besteht, dass der Patient Alkoholiker ist und die Anästhesie postoperativ Distra angibt, zusätzlich vermerkt, dass der Patient \"trinken darf (auch Bier)\" und die Pflege in Ihre Bebachtung \"Beobachtung auf Delirzeichen\" vermerkt und entsprechend dokumentiert, so denke ich, dass die Kodierung F10.2 gerechtfertigt ist.

    Gruß

    Poefi

  • Hallo Poefi,

    aus meiner Sicht nicht.

    Wie Sie ausführen besteht der Verdacht auf eine Alkoholabhängigkeit. Die Diagnose ist also nicht gesichert. Eine Verdachtsdiagnose darf nach DKR nur dann kodiert werden, wenn diese behandelt wird. Die DKR schreibt hier explizit die Behandlung vor. Ein Mehraufwand in Bezug auf Diagnostik und pflegerische Maßnahmen reicht nicht aus. Das die Behandlung mit Distra und ggf. Alkohol keine (vernünftige) Behandlung einer Alkoholabhängigkeit darstellt dürfte eigentlich klar sein.

    Viele Grüße

    Dr. Frank Holzwarth
    FA für Chirurgie / Notfallmedizin
    Medizincontrolling

  • Hallo,
    wie soll denn eine vernünftige Behandlung einer Alkoholabhängigkeit postoperativ aussehen? Hier geht es doch um die Vermeidung eines Delirs und weiterer Entzugssymptomatik. Ein qualifizierter Entzug ist natürlich anzustreben, steht aber in dieser Situation nicht im Vordergrund.
    Daher stellt die Distra-Gabe doch den Aufwand dar, der in diesem Moment notwendig und vernünftig ist und rechtfertigt kodiertechnisch auch die Kodierung einer Verdachtsdiagnose.

    FG Karla

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Holzwarth,

    noch mal der Verweis auf den Inhalt der SEG4-Kodierempfehlung:

    \"Die entsprechende Beeinflussung des Patientenmanagements (.....) ist durch diese Nebendiagnose veranlasst worden. In der Nebendiagnosendefinition wird nicht gefordert, dass eine als Nebendiagnose zu kodierende Krankheit auch ursächlich oder spezifisch behandelt werden muss\".

  • Hallo Herr Selter,

    Ihre Argumentation greift hier nicht. Die Kodierempfehlung des MDK bezieht sich auf eine gesicherte Diagnose. Es handelt sich nach den ergänzenden Informationen um von Poefi um eine Verdachtsdiagnose die nicht behandelt wurde. Kodierbar wäre allenfalls F10.1 (schädlicher Gebrauch). Im Übrigen wird die Alkoholabhängigkeit weder durch Alkoholgabe noch durch Distra beeinflusst. Hierdurch können lediglich Symptome eines Entzugssyndroms beeinflusst werden.

    Viele Grüße

    Dr. Frank Holzwarth
    FA für Chirurgie / Notfallmedizin
    Medizincontrolling

  • Hallo Herr Holzwarth,
    auch die F10.1 darf nur bei Aufwand kodiert werden. Wenn die Alkoholgabe und das Distra für die F10.2 aus ihrer Sicht nicht ausreichend oder nicht sachgerecht ist, wie begründen Sie dann die Kodierfähigkeit der F10.1?

    FG Karla

  • Hallo Karla,
    durch die Alkoholgabe wird dem anhaltenden Konsum Rechnung getragen. Ich weiß, auch das ist etwas wackelig, aber sicher besser nachvollziehbar als bei eine Abhängigkeit, deren Behandlungziel ja die Abstinenz sein sollte. Somit wäre Alkohol kontraindiziert und Distra hat sein Indikation nur beim Entzugssyndrom.

    Viele Grüße

    Dr. Frank Holzwarth
    FA für Chirurgie / Notfallmedizin
    Medizincontrolling

  • Hallo Herr Holzwarth,
    in der Tat, dass finde ich wirklich wackelig. Beim schädlichem Gebrauch gebe ich dem Patienten Alkohol und das ist passend, beim Abusus muss ich postoperativ die Abstinenz verfolgen?
    Gebe ich denn beim schädlichen Gebrauch dem Patienten Alkohol als Serviceleistung oder auch um die üblichen Erscheinungsformen des Entzuges zu verhindern? Dann ist doch wieder kein Unterschied zum Abusus zu sehen, nur in der Definition und nicht im kodierrelevanten Aufwand. Auch beim schädlichen Gebrauch muss es doch das Therapieziel sein diesen günstig zu beeinflussen und die Entstehung eines Abusus zu verhindern. Dieses erreiche ich doch nicht indem ich dem schädlichen Gebrauch durch Alkoholgabe Rechnung trage.


    FG Karla

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Holzwarth,

    also, dann noch mal:

    \"Die entsprechende Beeinflussung des Patientenmanagements (.....) ist durch diese Nebendiagnose veranlasst worden. In der Nebendiagnosendefinition wird nicht gefordert, dass eine als Nebendiagnose zu kodierende Krankheit auch ursächlich oder spezifisch behandelt werden muss\".

    Es geht nicht um die Zuordnung \"Verdachtsdiagnose\" vs \"Nebendiagnose\" sondern um die hier dargestellte prinzipielle Feststellung, dass ein Ressourcenaufwand bezüglich einer Diagnose auch dann zu sehen (und somit zu kodieren) ist, wenn die Medikation wegen dieser erfolgte, ohne dabei direkt auf die auslösende Erkrankung abzuzielen.

    Ich habe da auch überhaupt kein Problem dies im Kontext der D008 als Therapie anzusehen. Denn hier wird von \"Behandlung in Bezug auf die Verdachtsdiagnose\" gesprochen. Die Distragabe dürfte doch wohl zweifelsfrei einen Bezug zur Verdachtsdiagnose darstellen.

  • Hallo Herr Selter,

    auch noch mal.

    Soweit waren wir uns ja schon einig. Kodierbarkeit liegt vor, wenn ein Resourcenverbrauch erfolgte.

    Im Laufe der Diskussion hat sich aber herausgestellt, dass die Alkoholabhängigkeit entgegen der ursprünglichen Annahme doch nicht gesichert war. Es lag also eine Verachtsdiagnose vor.

    Mein Ansatz war dann der, dass bei einem täglichen Genuss von ca. 4 Bier die Diagnose F10.1 (schädlicher Gebrauch) der Verdachtsdiagnose F10.2 vorzuziehen ist.

    Ob die Alkohol und Distragabe die Verdachtsadiagnose Alkoholabhängigkeit beeinflusst sei einmal dahin gestellt. Meiner Meinung nach nicht. Hierzu sollte vielleicht - rein interessehalber - ein Suchtmediziner Stellung nehmen.

    Viele Grüße

    Dr. Frank Holzwarth
    FA für Chirurgie / Notfallmedizin
    Medizincontrolling