Vitalparametermessung außerhalb des Krankenhauses

  • Sehr geehrtes Forum,

    ich habe bereits die Suchfunktion bemüht, konnte jedoch keinen entsprechenden Beitrag finden.

    Ich habe alle SIRS-Kriterien und eine Blutkulturentnahme, die jedoch keinen Erreger nachweisen konnte. Allerdings ist es so, dass die geforderte Temperatur >/= 38.0C° im Rettungswagen gemessen wurde. In unserer Ambulanz war die Temperatur bereits auf 37,7C° gefallen. Meines Erachtens sind die Sepsiskriterein erfüllt, auch wenn die Temperatur bei uns nicht erneut die 38,0C° erreicht hat.

    Ich habe soeben mit dem Arzt Rücksprache gehalten, der in dieser Konstellation ein Septisches Bild erkennt.

    Ich würde hierzu gerne die geschätzte Meinung des Forums hören.

    Mit freundlichen Grüßen

    TGH09

  • Guten Tag TGH09

    Bei Aufnahme ins Krankenahsu sind die Sepsiskriterien leider nicht erfüllt, da die Temperatur <38°C betrug.
    Das es sich in ihrem Fall um ein septisches Krankheitsbild handelt, wird sicherlich auch der Gutachter nicht bestreiten können.

    Hier handelt es sich um eine Diskrepanz zwischen klinischem Bild und formaler Kriterien.

    Beste Grüße

    Thorsten Günther
    Bereichsleiter operatives Medizincontrolling
    RS S Röming und Schneider Strategie GmbH

  • Hallo TGH09

    Eine Sepsis würde ich in Ihrem Fall dennoch kodieren und zwar als Verdachtsdiagnose.
    Bei diesem klinischen Bild ist sie keinesfalls sicher ausgeschlossen und behandelt wurde eine Sepsis ohnehin.

    Wünsche noch einen angenehmen Nachmittag.

    Beste Grüße

    Thorsten Günther
    Bereichsleiter operatives Medizincontrolling
    RS S Röming und Schneider Strategie GmbH

  • Hallo TGH09

    Eine Sepsis würde ich in Ihrem Fall dennoch kodieren und zwar als Verdachtsdiagnose.
    Bei diesem klinischen Bild ist sie keinesfalls sicher ausgeschlossen und behandelt wurde eine Sepsis ohnehin.

    Wünsche noch einen angenehmen Nachmittag.

    Guten Morgen,

    das kann ich jetzt nicht nachvollziehen. Wenn die Sepsis- bzw. SIRS-Kriterien nicht vollumfänglich erfüllt sind, ist die Sepsis ausgeschlossen. Ausgeschlossene Diagnosen werden nicht kodiert. Das wird Ihnen kein MDK und auch kein Prüfarzt der PKV durchgehen lassen, insbesondere auch im Blick darauf, dass von den Kliniken regelmäßig eine Sepsis geltend gemacht wird, wenn formal die Sepsis-Kriterien erfüllt sind auch wenn das klinische Bild nicht dem einer Sepsis entspricht. Weiterhin müssten Sie den Patienten dann auch leitliniengerecht behandeln, wenn eine Verdachtsdiagnose geltend gemacht wird. Hierzu reicht eine Antibiose auf Allgemeinstation sicherlich nicht aus.

    Viele Grüße und einen schönen Tag.

    Dr. Frank Holzwarth
    FA für Chirurgie / Notfallmedizin
    Medizincontrolling

  • Guten Morgen Hr. Holzwarth

    Sicherlich haben Sie Recht, dass in einigen Fällen eine Sepsis zu Unrecht kodiert wird.

    Aber:
    In dem von TGH09 geschilderten Fall (3 Kriterien vollständig erfüllt, Temp im RTW >38, bei Aufnahme 37.7°C) ist meiner Meinung nach eine Sepsis nicht sicher ausgeschlossen.
    Wird dieser Patient leitliniengerecht behandelt, würde ich auf jeden Fall eine Sepsis kodieren.

    Diese Fallkonstellation passt doch eindeutig zum Thema "Verdachtsdiagnose".

    Wünsche noch einen angenehmen Arbeitstag.

    Beste Grüße

    Thorsten Günther
    Bereichsleiter operatives Medizincontrolling
    RS S Röming und Schneider Strategie GmbH

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    da es nun mal die Kriterien gibt, die vorgeben, wann eine Sepsis vorliegt, kann man nicht alles auf die DKR D008 schieben, wenn geforderte Kriterien nicht vorliegen. Warum sollte das dann auch bei der Temperatur aufhören? Dann kann man auch die Blutkulturen weglassen und bei "klinischem Bild" eine Sepsis kodieren. Ich würde als Gutachter ebenfalls die Kodierung ablehnen.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Guten Morgen Herr Guenther,

    leider ist es so, dass wir zunehmend medizinische Sachverhalte nur noch abrechnungstechnisch diskutieren können. Die Rechtsprechung hierzu bezieht sich immer mehr auf Formalia. So gibt das BSG vor, dass streng nach dem Wortlaut der Vordnungstexte und auch der Regelwerke zu kodieren ist. Auch die Zivilgerichte (PKV) orientieren sich daran. Wenn nun formal die Kriterien nicht erfüllt sind, kann der Sachverhalt (hier die Sepsis) auch nicht kodiert werden. Als beratender Arzt für mehrere PKVen habe ich aus Frust zwischenzeiltich damit aufgehört medizinisch zu argumentieren sondern nur noch (meist) rein formal. Wenn die Sepsis-Kriterien erfüllt sind, "winke" ich die Sepsis durch, wenn nicht, wird sie ohne weitere Diskussion gestrichen. Die Kliniken berufen sich ja auch immer auf Formalia gerade bei der Sepsis. Konkret bedeutet dies für den Fall hier, dass die Sepsis nicht belegt ist und somit nicht kodiert werden kann. Da die Kriterien nicht erfüllt sind, kann zumindest aus abrechnungstechnischer Sicht auch nicht mehr von einer Verdachtsdiagnose "Sepsis" ausgegangen werden, da die Diagnose Sepsis ja ausgeschlossen ist.

    Viele Grüße

    Dr. Frank Holzwarth
    FA für Chirurgie / Notfallmedizin
    Medizincontrolling

  • Hallo zusammen

    Dann sind wir also wieder bei meiner Aussage im ersten Post. "Es handelt sich hierbei um eine Diskrepanz zwischen klinischem Bild und formaler Kriterien"

    In der vorliegenden Konstellation steht eine leitliniengerechte Behandlung einer "lt. Kriterien ausgeschlossenen" Sepsis, außer Frage aber erlöstechnisch leider Pech gehabt!

    Halten Sie mich für Naiv, aber bei einer solchen Fallkonstellation würde ich nicht so einfach aufgeben. Es geht hierbei nicht nur um ein paar Euro. Der Erlösunterschied ist mitunter sehr deutlich.
    Bei negativem Gutachten würde ich das persönliche Gespräch mit der Kasse suchen und auch den Klageweg nicht ausschließen.

    Bei Gericht und auf hoher See...

    Beste Grüße

    Thorsten Günther
    Bereichsleiter operatives Medizincontrolling
    RS S Röming und Schneider Strategie GmbH

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    nehmen Sie bitte in diesem Kontext dann noch Stellung zu dem von mir oben Gesagten: Man kann dann auch die Blutkultur weglassen und die DKR D008 bemühen. Wer entscheidet, was dann an (Einzel)Kriterium schon reicht, der Rest unter dem Mantel "Verdacht" subsummiert wird? Sie?

    Wenn Kriterien von der Fachgesellschaft festgelegt werden, diese bei einem Patienten dann nicht in der geforderten Gesamtheit vorliegen, halte ich es für sehr, sehr unsinnig, dies dann zu ignorieren und sogar klagen zu wollen. Ist aber natürlich ihre Entscheidung. Klar ist aber, dass durch solche Interpretationen eine inhomogene Kodierung und daraus folgend, unterschiedliche DRG-Zuordnung von GLEICHEN Fällen resultiert. Kalkulatorisch für das InEK nicht sehr wünschenswert.

  • Hallo,

    ich schließe mich der Argumentation von Herr Selter an.

    Genau aus diesem Grund hat das BSG ja auch darauf hingewiesen, dass streng nach dem Wortlaut zu kodieren und dass bei Unklarheiten dies über die Selbstverwaltungspartner zu klären ist. Die inflationäre Kodierung insbesondere bei Nebendiagnosen spiegelt sich doch über die Jahre im "Verfall" der CCL-Wertigkeit der ND wieder. Es muss doch auch im Interesse der Kliniken sein, ihre Fälle so präzise wie möglich darzustellen um dann den Aufwand entsprechend honoriert zu bekommen. Leider sind die Kliniken die sich daran halten die Dummen. Die Kostenträger können dies im schlimmsten Fall aussitzen. Wenn die Beiträge nicht mehr ausreichen, werden sie erhöht. Man kann sicherlich im Einzelfall intensiv diskutieren. Wenn es aber klare Definitionen und Stellungnahmen der Fachgesellschaften gibt, dann ist kein Platz mehr für Diskussionen.

    Um wieder auf den obigen Fall zurückzukommen: Ich würde dann Herrn Guenther sicherlich vor Gericht wieder sehen.

    Viele Grüße

    Dr. Frank Holzwarth
    FA für Chirurgie / Notfallmedizin
    Medizincontrolling