Kausalkette oder gleichberechtigte Hauptdiagnosen


  • Wenn der Patient wegen einer Oberschenkelhalsfraktur gekommen wäre, und man hätte zufällig eben dieses Karzinom festgestellt, dann wäre eben auch nicht das Karzinom Hauptdiagnose.

    Zu diesem Absatz stimme ich Ihnen zu, aber für mich lag die Konstellation in "unserem" Fall eben anders, weil eine Beziehung zwischen dem Aufnahmeanlass der postrenalen Verschlechterung der Niereninsuffizienz und dem Karzinom bestand.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo Herr Horndasch,

    Welche HD würden Sie denn nach dem zitierten BSG- Urteil zu konkurrierenden HD für richtig halten?

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Das Urteil des BSG tangiert aber den hier vorgelegten Fall aber nur reichlich peripher. Streitpunkt ist hier deutlich, ob und in welchem zeitlichen Rahmen ein Krankenhaus eine entsprechende Nachkodierung vornehmen kann.
    Der BSG führt eben geradezu in seinem Urteil aus, dass er über die richtige Kodierung der HD nicht entschieden hat.
    In dem hier vorgelegten Fall geht es aber darum, ob man einfach behaupten kann, dass ein festgestelltes Karzinom für die Verschlechterung der Nierenfunktion ursächlich ist oder nicht.
    Um es mal aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Sicherlich aus Krankenhaus-Perspektive ist klar und deutlich das Karzinom die HD. Leider liegt aber oft hier eher eine Annahme zu Grunde als wirklich ein führender Beweis. Man hätte hier m.E. eine Ausschlussdiagnostik aller weiteren möglichen Ursachen der Nierenfunktion durchführen müssen. Dies scheint hier aber nicht gemacht worden zu sein, was durchaus der Neigung in einem Krankenhaus entspricht, dass man bei einem "Miau" eben die Katze vermutet, und glücklich ist, wenn man diese gefunden hat, und dabei aber leider oftmals den Löwen hinter der Katze übersieht. Daher muss ich eben der MDK-Perspektive Recht geben, wenn ich mich hier mal neutral dazu positioniere, wenn ich auch selbst als Kodierer im Krankenhaus natürlich die Perspektive des Krankenhauses ebenso bevorzugt hätte.

  • In dem hier vorgelegten Fall geht es aber darum, ob man einfach behaupten kann, dass ein festgestelltes Karzinom für die Verschlechterung der Nierenfunktion ursächlich ist oder nicht...
    Sicherlich aus Krankenhaus-Perspektive ist klar und deutlich das Karzinom die HD. Leider liegt aber oft hier eher eine Annahme zu Grunde als wirklich ein führender Beweis. Man hätte hier m.E. eine Ausschlussdiagnostik aller weiteren möglichen Ursachen der Nierenfunktion durchführen müssen. Dies scheint hier aber nicht gemacht worden zu sein, was durchaus der Neigung in einem Krankenhaus entspricht, dass man bei einem "Miau" eben die Katze vermutet, und glücklich ist, wenn man diese gefunden hat, und dabei aber leider oftmals den Löwen hinter der Katze übersieht. Daher muss ich eben der MDK-Perspektive Recht geben...

    Also MCO- Freak, der Zusammenhang zwischen Verschlechterung der Niereninsuffizienz und Karzinom im Becken ist hier nicht nur behauptet, sondern durch die Schilderung der anfragenden Teinehmerin evident. Medizinisch evident ( s.o.)

    Eine Ausschlussdiagnostik aller möglichen anderen NI Ursachen ist m.E für die Kodierung nicht notwendig und betriebswirtschaftlich fürs KHS kaum tragbar.
    Und der Vergleich mit Katze und Löwe passt auf diesen Fall nicht: Wenn das Karzinom die Katze ist, welche schlimmere Krankheit erwarten Sie dann als weitere Ursache der NI noch ?
    Gibt es wirklich eine MDK- Perspektive? Oder eine KHS- Perspektive? Nach meinen Erfahrungen ist die Diskussion inzwischen hier glücklicherweise vielschichtiger.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Das Urteil des BSG tangiert aber den hier vorgelegten Fall aber nur reichlich peripher

    Hallo,
    also für mich ist

    Zitat von BSG

    Die Beurteilung, ob eine Diagnose als Hauptdiagnose zu kodieren ist, bemisst sich nach objektiven Maßstäben. …….. Maßgeblich ist dabei allein der Ressourcenverbrauch. Hingegen spielt die zeitliche Abfolge der stationären Behandlung zweier oder mehrerer im Zeitpunkt der Krankenhausaufnahme stationär behandlungsbedürftiger Diagnosen keine Rolle. Das zweite wesentliche Definitionsmerkmal der Hauptdiagnose ist der Begriff "nach Analyse". Er verdeutlicht, dass es weder auf die subjektive oder objektiv erzielbare Einweisungs- oder Aufnahmediagnose ankommt, sondern allein auf die objektive ex-post-Betrachtung der Aufnahmegründe am Ende der Krankenhausbehandlung. Es ist für die Bestimmung der Hauptdiagnose ohne Belang, dass die Diagnose des einweisenden Arztes und des aufnehmenden Krankenhausarztes unter Berücksichtigung der ex ante vorhandenen Informationen objektiv lege artis erfolgte. Maßgeblich ist allein die objektiv zutreffende ex-post-Betrachtung (vgl BSGE 118, 225 = SozR 4-2500 § 109 Nr 45, RdNr 19).


    nicht nur peripher, sondern schon recht deutlich.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Mein lieber E. Horndasch,

    richtigerweise erklärt hier Ihnen nur noch einmal das BSG die entsprechende Kodierrichtlinie zur Hauptdiagnosenstellung bzw. zur Regelung der konkurrienden Hauptdiagnosen.

    Aber das spielt auch in dem hier diskutierten Fall eben nur insofern eine Rolle, dass man eine Hauptdiagnose hat, und die hier nach der Analyse des Falles eben nun mal die Verschlechterung der Nierenfunktion ist, und eben nicht der Tumor an sich.
    Denn nach wie vor gilt eben der Grundsatz, dass man eben hätte beweisen müssen, dass der gefundene Tumor ausschließlich für die Verschlechterung der Nierenfunktion verantwortlich ist. Dann wäre eben der Tumor ursächlich für die Verschlechterung der Nierenfunktion, welche hier dann als ein "Symptom" des Tumors wirken würde.
    Da aber das Krankenhaus, soweit man dies aus den hier gemachten Angaben beurteilen kann, eben nicht klar belegen kann, dass der Tumor für die Verschlechterung der Nierenfunktion ausschließlich verantwortlich ist, kann man eben auch nicht diesen Tumor als Hauptdiagnose setzen.
    Dieses Vorgehen ist geradezu ja, dass was die DKR mit Analyse des Falles eben meint. Man muss eben tatsächlich analysieren, was letzendlich zu was geführt hat, aber das muss man eben dann auch beweisen, und sei es eben mit einer umfangreichen Ausschlussdiagnostik, aber eben nicht mit einer bloßen Behauptung, dass es so sein könnte.
    So leid mir das auch tut, und so gerne ich diesen als Kodierer in der Klinik diesen Tumor auch als Hauptdiagnose setzen würde, aber hier hat nun mal der MDK recht.

  • Mein lieber Breitmeier,

    Sie wollen uns also nun erzählen, dass Sie aus den hier gemachten Angaben evidenzbasierten belegen können, dass das Karzinom für die Verschlechterung der Niere verantwortlich ist, und widersprechen sich dann aber selbst, indem Sie eine weitere Ausschlussdiagnostik bezüglich anderer Ursachen der Verschlechterung der Nierenfunktion ablehnen?

    Bei allem Respekt, aber das Wort "evidenz" meint nach wie vor das "unbezweifelbare Erkennbare". Hier bestehen aber nach wie vor klare Zweifel daran, dass die Verschlechterung der Nierenfunktion eben nicht dann doch auch noch auf andere Faktoren basieren kann. Diese Zweifel wollen Sie aber mit Ihrer Ansicht ja nicht ausräumen, da Sie eben eine Ausschlussdiagnostik an sich ablehnen, und damit können Sie bei allem Respekt eben nicht von "Evidenz" sprechen.

  • Ich befürchte, MCO Freak und ich kommen hier nicht mehr zusammen.
    Für mich ist nach den Schilderung von Stei-di evident/ mit ausreichender Wahrscheinlichkeit bewiesen, dass eine vorbestehende Niereninsuffizienz durch den Tumorbedingten Stau im Sinne eines postrenalen Nierenversagens verschlechtert wurde. Wegen der "normalen NI" wäre die Pat. Mutmaßlich nicht aufgenommen worden.

    Selbst wenn man die spezielle DKR 0201 außer Acht ließe, bleibt einmal die DKR D008 ( behandelte Verdachtsdiagnose) und zum anderen das neue BSG Urteil: Die Krebsoperation wird sicherlich stationär notwendig gewesen sein. Wir könnten dann nur noch trefflich darüber streiten, ob der Ressourcenverbrauch für die ( unstrittig auch vorliegende) chronische Niereninsuffizienz höher war oder für den Tumor. Dafür reichen die Angaben von Stei-di aber wohl nicht aus.
    Aber nochmal: Ich würde mich im konkreten Fall primär auf DKR 0201 ( Erstdiagnose eines Karzinoms ) beziehen und C54 als HD kodieren.

    Ich lehne übrigens eine Ausschlussdiagnostik natürlich nicht grundsätzlich ab, aber ich finde, dass kann man vom KHS nicht im Detail verlangen, nur um eine Diagnose kodieren zu dürfen. Ich verstehe nämlich nicht, aus welcher Abrechnungsregel Sie diese Verpflichtung des KHS ( oder eines nachfolgenden MDK- Gutachters) ableiten, alle denkbaren Alternativdiagnosen auszuschließen. Das ist ja häufig auch gar nicht möglich, wenn man nur exotisch genug denkt.

    Schönen Feierabend!

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

    Einmal editiert, zuletzt von Breitmeier (20. September 2016 um 21:33) aus folgendem Grund: Schreibfehler