Wiederaufnahme wegen Rezidiv

  • Hallo Herr Lückert,
    genau das ist das Problem: die gesetzlichen Regelungen sind nicht eindeutig. Können sie beim Individuum Mensch auch nicht sein. Glücklicherweise sind wir ja nicht in der Maschinenfabrik.
    Streitfälle sind unausweichlich, daran wird kein Abrechnungssystem der Welt je etwas ändern können.
    Um so wichtiger ist in den genannten Fällen die Dokumentation des Entlassungsstatus des Patienten. Diese muss erstens vorhanden und zweitens möglichst wasserdicht sein. Kann man das gewährleisten (was durchaus ein weiter Weg sein kann), steht man auf der Beweisseite schon viel besser da. Auch hier muss man davon ausgehen, dass eine nicht dokumentierte Leistung für die Kassen eine nicht erbrachte Leistung ist. Ist eine Leistung jedoch dokumentiert, kann niemand primär von mangelnder Qualität ausgehen.
    Wir sind seit 1.8. im Ring und warten schon gespannt auf derartige Herausforderungen.

    Viele Grüße
    St. Zacher

  • Hallo Herr Lückert,

    Zitat


    Original von Lueckert:

    natürlich haben Sie formal recht, nur wie ist das mit der Beweislast..
    wenn Sie den 'Sahnetortenabusus'-Patienten wieder aufnehmen (natürlich innerhalb der OGVD) dann wird es schwierig den Beweis anzutreten ...


    welchen Beweis denn, was muss ich denn beweisen? Garnichts. Schwierig wird es lediglich, wenn die Kasse Zeugen benennt, die gesehen haben, dass Mitarbeiter des Krankenhauses während ihrer Dienstzeit den Patienten mit Sahnetorte zwangsgefüttert haben :teufel:.
    Liegt nicht die Beweislast eher bei der Kasse? Die DRG-Neuberechnung findet dann und nur dann nicht statt, wenn nachweisbar ist, dass die Wiederaufnahme aufgrund einer Komplikation im Zus. mit der durchgeführten Leistung zustande gekommen ist. Damit ist m.E. auch ausgeschlossen, dass das Krankenhaus die finanzielle Verantwortung für Fehlverhalten des Patienten, Fehler des Hausarztes u. anderer Behandler oder für Rezidive und Komplikationen im Rahmen des natürlichen Krankheitsverlaufes übernimmt. Ich denke, genau diese Klarstellung sollte mit dem FPÄndG erreicht werden, auch wenn es noch etwas löchrig formuliert ist.
    Diese löchrige Formulierung wird, da haben Sie recht, die Sozialgerichte auf Trab halten, aber ich bin sicher, wenn das FPÄndG sinngemäß ausgelegt wird, werden die Urteile zu diesem Punkt einheitlich KH-freundlich sein müssen.

    Grüße
    C.Lehmann

    Viele Grüße
    C.Lehmann

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Zitat


    Original von clehmann:
    Liegt nicht die Beweislast eher bei der Kasse?


    Das sehe ich auch so!

    Ich will das mal mit meinen juristischen Grundkenntnissen Beweisen: Wäre die Formulierung:


    "Wird ein Patient innerhalb der GVD aufgenommen, kann eine Neue DRG nicht berechnet werden, es sei denn, die Neuaufnahme ist nicht durch eine Komplikation im Zusammenhang mit der vorausgegangenen Leistung veranlasst"


    dann wäre hier eine Regel (keine neue DRG) mit einer Ausnahme (keine Komplikation) definiert, aus der ein Anspuch (des Krankenhauses auf Abrechnung einer weiteren DRG) resultiert. Berufe ich mich als Krankenhaus auf die Ausnahme, muss ich dies auch beweisen, weil ich meinen Anspruch gegen die Regel geltend machen will.

    Der Gesetzestext ist jedoch andersherum formuliert, nämlich als Bedingung (Komplikation) für einen Anspruch (der Krankenkasse, keine weitere DRG zu zahlen). Dementsprechend hat auch die Krankenkasse die Beweispflicht, will sie den Anspruch geltend machen.

    Schönen Tag noch,


    --
    Reinhard Schaffert

    Medizincontroller
    Facharzt für Chirurgie
    Krankenhausbetriebswirt(VWA)
    Kliniken des Wetteraukreises

  • Hallo Forum, insbesondere Herr Lehmann und Herr Schaffert,

    also KH-freundliche Urteile zu diesem Thema würden mich nicht sonderlich aus den Socken hauen, wenn die aber mit Ihrer beider juristischen Begründungen zu Ihren Gunsten ausfallen, zweifel ich an unserem Rechtssystem.

    Herr Schaffert, Ihre Umkehr des Gesetzestextes ändert meiner Ansicht nach keineswegs den Sinn. Aus dem aktuellen Gesetzestext einen "Anspruch der Krankenkasse auf keine DRG" abzuleiten, halte ich für - naja - komisch.

    Ich dachte, es gäbe einen Anspruch des Versicherten auf Sachleistung, einen Anspruch des Krankenhauses auf Vergütung. Einen "Anspruch auf Nichtvergüten einer vom Krankenhaus beanspruchten Vergütung für eine tatsächlich erbrachte Leistung" wird wohl kein Richter feststellen.

    Vielmehr glaube ich, dass der Leitsatz des BSG vom Mai 2000 Bestand haben wird, dass die Beweislast grundsätzlich in der Tat bei uns liegt, es sei denn die Dokumentation des Krankenhauses ist unzureichend. (Umkehr der Beweislast)

    Fazit: Streitfälle wird es wohl geben, der Ausgang ist ungewiss, und die (wie bereits von Ihnen geschildert) immer mehr ausufernde Dokumentationspflicht wird vor diesem Gebiet nicht halt machen.

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Ich glaube schon, dass es juristisch einen Unterschied macht, ob ich einen Rechtsanspruch als Regel mit einer Ausnahme oder als Folge einer Bedingung definiere. (wenn Sie sich an der Formulierung "Anspruch" stoßen, Herr ToDo, dann ersetzen Sie es halt durch Ablehnung der Forderung des Krankenhauses nach Abrechnung einer neuen DRG)


    Jetzt will ich aber noch ein kleines Rechenbeispiel für alle Erlösmaximierer hier im Forum bringen:


    Nehmen wir den Ausgangsfall diese Themas als Beispiel:

    Die DRG sei in beiden Fällen J46B mit einer Bewertungsrelation (BR) von 0,690 und einer Zuschlags-BR von 0,067/Tag.

    Durch die fehlende Abrechnung der zweiten DRG fehlt mir ein Fall und in der Summe meiner Bewertungsrelationen (CM) daher die BR von 0,69 und damit der entsprechene Erlös.

    Ich bekomme aber für diesen Patienten nach Überschreitung der OGVD 0,067 BR/Tag. Um meinen Verlust von 0,69 BR auszugleichen und wieder auf meinen ursprünglichen CM zu kommen, muss mein Patient lediglich 0,69 : 0,067 = 10,3 Tage über der OGVD liegen, was bei Komplikationen durchaus möglich und auch zu rechtfertigen sein dürfte.

    Die Anzahl der notwendigen Tage für diesen Erlösausgelich variiert natürliche je nach BR der nicht abgerechneten DRG und der Zuschlagsrelation der abgerechneten DRG.

    Also liebe Erlösmaximierer in Krankenhäusern und Ausgabenminimierer in den Kassen: Manchmal kann ein scheinbarer Nachteil auch ein Vorteil sein oder umgekehrt. Holt Eure Computer raus und programmiert mal fleißig, in welchen Fällen Ihr besser zwei und in welchen ihr besser eine DRG fordert.

    Das ist für mich ein weiterer Grund, weniger auf den Erlös zu schielen, als zu versuchen, die tatsächlichen medizinsischen Sachverhalte abzubilden.

    Schönen Tag noch
    --
    Reinhard Schaffert

    Medizincontroller
    Facharzt für Chirurgie
    Krankenhausbetriebswirt(VWA)
    Kliniken des Wetteraukreises

  • Hallo Herr Schaffert, hallo Forum,

    [/quote]

    Das ist für mich ein weiterer Grund, weniger auf den Erlös zu schielen, als zu versuchen, die tatsächlichen medizinsischen Sachverhalte abzubilden.

    [/quote]

    Das Schielen auf den Erlös sollte man ohnehin denen überlassen, die dafür spezialisierte Augen haben. Den maximalen Erlös erzielt man mit einem optimalen Fallmix bei hoher Auslastung. Dann hat man es auch nicht nötig, die Kassen mittels "erlösmaximierender Kodierung" über's Ohr zu hauen. Zumal letzteres nur kurzfristig ein paar Euro bringt, dafür aber längerfristig die Zusammenarbeit verhagelt.

    Bis die Tage

    Calix

    Bis die Tage
    V. Kelch :i_drink: