Hämorrhoiden-Ligatur wird bestraft

  • Guten Tag,

    ich halte es für völlig daneben, dass eine lege-artis-Behandlung eines pathologischen Befundes - nämlich Hämorrhoiden - bestraft wird.
    Dies ist der Fall, wenn im Rahmen einer Ablklärung von Meläna Hämorrhoiden gefunden werden (neben div. anderen internistischen Begleiterkrankungen). Man wird dann in G48A eingestuft mit RG von 0,891. Wenn man die Hämorrhoiden dann berechtigterweise durch eine Ligatur behandelt, wird man in G11B eingestuft, was zu einem Vergütungsverlust auf 0,574 führt. Es kann ja nicht im Sinne des Erfinders sein, dass indizierte Maßnahmen \"bestraft\" werden, oder?

    MR

    M.Rost

  • Ähnliches passiert, wenn eine (zufällig entdeckte, aber hochgradige) Harnröhrenstriktur bougiert wird bei einem Patienten, der wegen z.B. angina pectoris notfallmäßig aufgenommen wird und einen DK bekommen soll, der nicht rein geht. Führt auch zur Zurückstufung (die genauen Ziffern habe ich hier huete nacht leider nicht parat) - ist es denn dann erlaubt, die OPS für die Bougierung einfach wegzulassen?
    Fragt susanne :roll:

    Susanne in München :i_drink:

  • 1. Man kann es offenbar nicht oft genug wiederholen:

    Zitat


    Original von Selter (aus einem anderen Thread):
    Das DRG-System vergütet nicht einen Einzelfall gerecht, sondern es vergütet einen Fall mit einer Pauschale (diese ist das Ergebnis des kalkulierten RGs, in dem schwere und leichte Fälle eingegangen sind x Basisfallpreis). Sie werden also immer wieder Fälle haben, wo Ihre Leistungen nicht entsprechend finanziell gewürdigt werden. Das funktioniert aber auch in die andere Richtung, will heißen, dass Sie auch Fälle günstiger als der Betrag der Pauschale behandeln.
    Ihr Glück besteht darin, am Ende des Jahres einen Fallmix behandelt zu haben, der im Mittel dem Durchschnittsfall entspricht.


    2.

    Zitat


    Original von Susanne:
    ist es denn dann erlaubt, die OPS für die Bougierung einfach wegzulassen?

    DKR P001d: Alle signifikanten Prozeduren ... sind zu kodieren.

    Trotzdem schönes Wochenende!

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

  • n\'Abend.

    das Zitat von Selter:

    [f2]\"Das DRG-System vergütet nicht einen Einzelfall gerecht, sondern es vergütet einen Fall mit einer Pauschale (diese ist das Ergebnis des kalkulierten RGs, in dem schwere und leichte Fälle eingegangen sind x Basisfallpreis). Sie werden also immer wieder Fälle haben, wo Ihre Leistungen nicht entsprechend finanziell gewürdigt werden\"[/f2]

    kann so nicht unwidersprochen bleiben. Es handelt sich in diesem von mir geschilderten Fall ja nicht um ein zufälliges Zusammentreffen von unabhängigen Diagnosen und Prozeduren, sondern um eine völlig logische Abfolge von gastroenterologischen Prozeduren, und am Ende steht dann in einer Reihe von Fällen dann die HL, die einen zusätzlichen Aufwand darstellt. Mit der gleichen Begründung könnte man ja überall völlig willkürlich irgendwelche Werte ansetzen, z.B. längere Beatmungszeiten schlechter bewerten als kürzere, mit der Begründung, dass sich das am Jahresende schon irgendwie ausgleichen wird. Ich kann auch nicht verstehen, wieso das System, das sich ja angeblich aus erfassten Kosten rekrutiert, diese Mehrkosten nicht erfasst hat.
    Oder liegt es daran, das die Aussis vor eine HL keine Koloskopie machen? Dann würde das Sinn geben und die Kolo sozusagen hintenrunterfallen wenn die HL-Prozedur die DRG bestimmt. Dann aber sollte man das Ganze den deutschen Gepflogenheiten anpassen, dass zur Abklärung einer analen Blutung prinzipiell eine hohe Coloskopie dazu gehört und man sich nicht damit begnügt, die Hämorrhoiden abzuknipsen.

    Ich denke schon, dass meine Logik noch richtig ist. Oder wird in einem irren System der normal Denkende zum Irren?

    Und zum Nicht-kodieren der entsprechenden Prozedur, d.h. sozusagen \"Fälschen\", kann ich nur kommentieren, dass etwas Falsches nicht gefälscht werden kann. Oder ich könnte auf Notwehr plädieren.

    M.Rost

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen Herr Rost,

    haben Sie sich mal die durchschnittlichen Verweildauern der DRGs angeschaut? Wenn die mVD der medizinischen DRG höher ist, als die der chirurgischen, haben Sie einen Hinweis darauf, warum kalkulatorisch hier diese (unangenehme) Vergütungsunterscheidung entsteht. Gleiches passiert auch, falls man eine Thrombose operativ oder konservativ angeht. Eine Thrombektomie macht den Fall billiger, allerdings ist die gefundene DRG deutlich niedriger in der mVD.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Abend, Herr Selter.

    Ihr Aspekt mit der mVD ist interessant, bestätigt mich allerdings in der Annahme, dass Chirurgen bloß die Hämorrhoiden ligieren, wenn einer hinten raus blutet und nicht nachgucken, ob ein Stück weiter oben vielleicht doch ein Krebs sein unheimliches Werk tut... Und das kommt oft genug vor, das können Sie mir glauben, die Erfahrung hab ich nach mehreren 1000 Koloskopien einfach gemacht!
    Es bleibt für mich aber dabei, dass hier ein korrektes und lege-artis-Vorgehen bestraft wird.

    M.Rost

  • Aber, aber :g_nono: Herr Rost,

    auch (manchen) Chirurgen ist bekannt, dass bei bis zu 25% aller „blutenden Hämorrhoiden“ in der Koloskopie noch ein zweiter relevanter Befund entdeckt wird.

    Übrigens, es soll sogar Chirurgen geben, die selbst endoskopieren (bereits seit geraumer Zeit, weshalb die Endoskopien auch im Weiterbildungskatalog der Chirurgen auftauchen) :d_zwinker:

    MfG

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

  • Hallo Herr Balling,
    Entschuldigung! :rotwerd:
    das ganze war eher etwas satirisch gemeint und sollte keinesfalls gewissenhaft arbeitende chirurgische Kollegen treffen.
    Es bestätigt aber meine Ansicht, dass die Vergütung schief liegt. Denn wenn in die Leistung der Hämorroiden-Op (oder Ligatur oder was sonst noch) die Leistung Coloskopie sozusagen mit einbegriffen ist, dann fragt man sich, weshalb die Coloskopie ohne diese operative Leistung mehr wert sein soll? :noo:

    Bitte nochmal Herr Selter zur Stellungnahme, bisher hat er ja immer plausible Erklärungen gefunden. Aber diesmal? Die Frage bleibt: WER HAT HIER KALKULIERT?? :a_crazy:

    M.Rost

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Rost,

    es kalkulieren immer die Gleichen: Die Mitarbeiter des InEK.

    Man wird nicht für alles immer eine plausible Erklärung finden, weil teilweise die DRG-Zuordnungen noch unrund laufen. Deswegen werden wir auch wieder einige Änderungen in 2006 zu erwarten haben (lernendes System).
    Ob diese Zuordnung ein zu korrigierender Fehler ist, kann Ihnen nur das InEK mitteilen. Sie können ja mal dort in der Vorschlagsliste für Änderungen in 2006 nachschauen, ob hier daraufhin gewiesen wurde, oder fragen direkt beim InEK an.

    Wir hatten im letzten Jahr noch einige mehr der DRGs, wo Mehraufwand zu niedrigeren Vergütungen führte. In 2005 wurde hier schon vieles angepasst.

  • Hallo Herr Rost,

    Zitat


    Original von rostm:
    ...Entschuldigung!...

    Angenommen :biggrin:

    Ansonsten haben Sie natürlich Recht, dass die Kalkulation unbefriedigend ist. Aber das System lernt ja noch... (hoffentlich schnell).

    MfG

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld