Prüfungsfrage zu DRG

  • Hallo Forum,

    mir ist im Rahmen einer Weiterbildung folgende Frage gestellt worden:

    \"Die Basisleistung eines DRG-Systems soll der Schlaganfall mit einem Relativgewicht von 1,0 sein. Die Mandelentfernung verursacht 40% des Aufwands des Schlaganfalls. Ein Hüftgelenksersatz ist 5,5 mal aufwendiger als der Schlaganfall, während die Geburt doppelt so aufwendig ist wie die Mandelentfernung. Die Herzkatheter-Untersuchung ist nur halb so aufwendig wie der Hüftgelenksersatz. Die Blinddarmentfernung hat den doppelten Ressourcenverbrauch wie der Schlaganfall.
    Das Musterkrankenhaus hat im Jahr 2003 folgende Fälle behandelt: 427 Schlaganfälle, 355 Mandelentfernungen, 186 Hüftgelenksersatze, 520 Geburten, 533 Herzkatheter-Untersuchungen und 419 Blinddarmentfernungen. Die Gesamterlöse der Krankenhauses betragen 12.504.075 EUR.
    Ermitteln Sie anhand eines Verfahrens der Kostenträgerrechnung die Preise der einzelnen Leistungen sowie die Gesamterlöse pro Leistungsart für das Krankenhaus. Wie hoch ist der Basisfallwert ?\"

    Ich habe folgende Lösung erarbeitet:
    Relativgewichte:
    Schlaganfall 1,0
    Mandelentfernung 0,4
    Hüftgelenksersatz 5,5
    Geburt 0,8 (lt. Aufgabenstellung auf Mandelentzündung statt auf Schlaganfall bezogen)
    Herzkatheter-Unteruchung 2,25 (auf Hüftgelenksersatz statt auf Schlaganfall bezogen)
    Blinddarmentfernung 2

    Summe der Relativgewichte für die einzelnen Leistungen:
    Schlaganfall 427
    Mandelentfernung 142
    Hüftgelenksersatz 1.023
    Geburt 416
    Herzkatheter-Unteruchung 1.199,25
    Blinddarmentfernung 838

    Gesamtcasemix: 4.045,25

    Fallzahl: 2.440
    CMI = 1,658

    Basisfallwert = 3.090,84 EUR

    Preise der einzelnen Leistungen:
    Schlaganfall: 3.090,84 EUR
    Mandelentfernung 1.236,34 EUR
    Hüftgelenksersatz 16.999,62 EUR
    Geburt 2.472,67 EUR
    Herzkatheter-Unteruchung 6.954,39 EUR
    Blinddarmentfernung 6.181,68 EUR

    Erlöse der einzelnen Leistungsarten:
    Schlaganfälle: 1.319.788,60 EUR
    Mandelentfernungen 438.900,70 EUR
    Hüftgelenksersatze 3.161.929,30 EUR
    Geburten 1.285.788,40 EUR
    Herzkatheter-Unteruchungen 3.706.689,80 EUR
    Blinddarmentfernungen 2.590.123,90 EUR

    Kann jemand die Lösung noch einmal überprüfen ? Mir ist insbesondere die Formulierung \"...anhand eines Verfahrens der Kostenträgerrechnung ...\" nicht so ganz deutlich. Müssen hier besondere formale Dinge beachtet werden ?

    Vielen Dank für eure / Ihre Mühe.
    Anja

  • Hallo Anja,
    ohne jede einzelne Zahl nachgerechnet zu haben, sieht die Lösung plausibel aus. Das Problem dabei ist, das in der Aufgabe Kosten(Aufwand/Ressourcen) und Erlöse in einen Topf geworfen werden und unterstellt wird, das die Erlöse auch den Aufwand des Krankenhauses decken. Dem ist ja in der \"Jetzt-Wirklichkeit\" nicht immer so. Kosten können mit \"einem Verfahren der Kostenträgerrechnung\" ermittelt werden, dazu fehlen aber in der Aufgabe einige Angaben. Die Erlöse sind (wie Sie es getan haben) problemlos zu ermitteln (wenn man diverse Ausgleichsberechnungen aussen vor lässt).

    PS.: Was ist denn das für eine Ausbildung?? Wer Erwachsene mit solchen Dingen quält .... naja!? (Die Relativgewichte sind per Verordnung festgelegt, das Budget/Basisfallwert wird verhandelt - das klingt mehr nach Beschäftigungstherapie). So etwas müssen doch schon unsere Schüler rechnen: Bus A fährt 7.15 mit 56 km/h und Bus B fährt 7.04 mit 52km/h los - wann treffen sie sich? Es ist völlig egal wann sie sich treffen, da niemand von dem einen Bus in den anderen steigt und die Fahres es merken werden, aber die Schüler sind 20 min beschäftigt gewesen. - Sorry unser Schulsystem regt mich immer spontan auf und wenn die gleichen Muster in der Erwachsenenbildung immer noch ablaufen ....
    :threemonkey:

    Viele Grüße aus Sachsen
    D.Zierold

  • Hallo liebe Anja,

    die Herzkatheterrechnung wird leider falsch, da die Hälfte von 5,5 nicht 2,25 ist sondern 2,75.

    Mit freundlichen Grüßen
    Steffen
    Med. Dokumentar
    Uni Düsseldorf

  • Hallo Anja,
    den Fehler den Steffen gesehen hat habe ich auch ermittelt. Ich habe Ihre Anfrage einmal nachgerechnet und zeige Ihnen den gesamten Berechnungsweg noch einmal auf.

    Meine Berechnungen:

    Ausgangssituation

    Vorgegebene bzw. errechnete Relativgewichte
    Schlaganfall: 1,0
    Mandelentfernung: 0,4
    Hüftgelenksersatz: 5,5
    Geburt: 0,8 (bezogen auf Mandelentfernung)
    Herzkatheteruntersuchung: 2,75 (bezogen auf Hüftgelenksersatz; Fehler da 5,5 / 2 = 2,75 und nicht 2,25)
    Blinddarm: 2,0 (bezogen auf Schlaganfall)

    Anzahl der Fälle:
    Schlaganfall: 427
    Mandelentfernung: 355
    Hüftgelenksersatz: 186
    Geburt 520
    Herzkatheteruntersuchung: 533
    Blinddarm: 419
    Summe der Fälle: 2.440

    Ermittlung der summierten Relativgewichte:
    Relativgewicht * Anzahl der Fälle
    Schlaganfall: 1,0 * 427 = 427 Punkte
    Mandelentfernung: 0,4 * 355 = 142 Punkte
    Hüftgelenkersatz: 5,5 * 186 = 1.023 Punkte
    Geburt: 0,8 * 520 = 416 Punkte
    Herzkatheteruntersuchung: 2,75 * 533 = 1.465,75 Punkte
    Blinddarm: 2 * 419 = 838 Punkte
    Summe der Relativgewichte (Case Mix) = 4.311,75 CM Punkte

    Ermittlung des Basisfallwertes:
    Gesamterlös des Krankenhauses / CM Punkte
    12.504.075,00 € / 4.311,75 CM Punkte = 2.900 € Basisfallwert

    Ermittelung des CMI des Krankenhauses:
    Case Mix Punkte gesamt / Anzahl der Fälle (summiert)
    4.311,75 / 2.440 = 1,767110656 CMI

    Erlöse der einzelnen Erkrankungen:
    Schlaganfall: 2.900 € * 1,0 = 2.900,00 €
    Mandelentfernung: 2.900 € * 0,4 = 1.160,00 €
    Hüftgelenksersatz: 2.900 € * 5,5 = 15.950,00 €
    Geburt: 2.900 € * 0,8 = 2.320,00 €
    Herzkatheteruntersuchung: 2.900 € * 2,75 = 7.975,00 €
    Blinddarm: 2.900 € * 2 = 5.800,00 €

    Erlöse gesamt:
    Schlaganfall: 2.900 € * 427 = Fälle 1.238.300,00 €
    Mandelentfernung: 2.900 € * 355 Fälle = 411.800,00 €
    Hüftgelenkersatz: 2.900 € * 186 Fälle = 2.966.700,00 €
    Geburt: 2.900 € * 520 Fälle = 1.206.400,00 €
    Herzkatheteruntersuchung: 2.900 € * 533 = 4.250.675,00 €
    Blinddarm: 2.900 € * 419 Fälle = 2.430.200,00 €
    Summierte Gesamterlöse: 12.504.075,00 €

    Das ist die gesamte Berechnung. Ich hoffe Sie können diese Berechnung nachvollziehen und wünsche Ihnen weiterhin guten Erfolg bei Ihrer Weiterbildung.

    Jürgen Helmers :jaybee:
    Informatiker Medizinökonomie

  • Hallo Forum,

    zunächst ganz herzlichen Dank für eure/ Ihre Mithilfe. Den Rechenfehler hatte ich einfach übersehen.

    Vielleicht noch eine Anmerkung zu der Beispielaufgabe: Für eine Herzkatheter-Untersuchung ist m. W. in der DRG-Realität kein eigenes Relativgewicht definiert. Dabei handelt es sich doch um eine Prozedur, die im OPS-301 verzeichnet ist. Für eine DRG-Zuordnung wird immer eine Hauptdiagnose benötigt, die im ICD-10-GM verzeichnet sein muss. Eine durchzuführende Prozedur kann dann lediglich schweregraderhöhend wirken, wenn die Basis-DRG nicht kostenhomogen (so genannte \"Z-DRG\") definiert ist. Ab dem Abrechnungsjahr 2005 wird die Systemlogik leider durchbrochen. Dann können in Einzelfällen bisher mit verschiedenen Schweregrade definierte DRGs in unterschiedliche Basis-DRGs eingruppiert werden.

    Habe ich die Logik einigermaßen richtig verstanden ?

    Viele Grüße
    Anja

  • Zitat


    Original von Anja M.:
    Für eine Herzkatheter-Untersuchung ist m. W. in der DRG-Realität kein eigenes Relativgewicht definiert. Dabei handelt es sich doch um eine Prozedur, die im OPS-301 verzeichnet ist. Für eine DRG-Zuordnung wird immer eine Hauptdiagnose benötigt, die im ICD-10-GM verzeichnet sein muss. Eine durchzuführende Prozedur kann dann lediglich schweregraderhöhend wirken, ...


    Habe ich die Logik einigermaßen richtig verstanden ?

    Liebe Anja, um ehrlich zu sein: nicht so ganz. Relativgewichte beziehen sich immer auf Fallpauschalen (DRGs), nie auf einzelne Prozeduren. Und für die DRG-Zuordnung wird zwar, wie Sie richtig schreiben, die Hauptdiagnose benötigt; das heißt aber nicht, dass die Hauptdiagnose in jedem Fall die DRG festlegt und Prozeduren \"lediglich schweregraderhöhend\" wirken.

    Die Systematik ist im DRG-Definitionshandbuch erklärt. Lesen Sie aus dem ersten Band (Definitionshandbuch 2004-2005) die Kapitel 3 und 4, da wird alles recht verständlich erklärt. Die Handbücher können Sie beim InEK auf https://www.mydrg.de/www.g-drg.de%20 runterladen.

    Schönen Gruß!

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy