Verbot von KH-Aufenthalt begründenden Nebendiagnosen?

  • Ist es korrekt oder durch Kodierregeln gedeckt, Nebendiagnosen die ein eigenständiges Problem im Sinne der DKR 003b/d darstellen als nicht zu kodieren zu bezeichnen wenn das Vorhandensein dieser Nebendiagnose erst die vollstationäre Behandlung bedingt?
    Also wenn die Hauptdiagnose alleine ambulant zu behandeln gewesen wäre und erst das Vorliegen der Nebendiagnose eine vollstationäre Behandlung erforderlich machte, darf man dann diese Nebendiagnose nicht kodieren??
    Ich finde das nirgends begründet und Kappes.
    Meinungen?
    Vielen Dank!
    Künne

  • Schönen guten Tag Herr Künne!

    Wenn die Nebendiagnosen die Kriterien der DKR D003b erfüllen, sind sie zu kodieren. Sofern sie bei eigentlich ambulant zu erbringender Hauptdiagnose die stationäre Behandlung mit bedingen (z.B. Aufnahme zur Gastroskopie bei HD Gastritis, ND Demenz), habe sie zweifellos einen Aufwand verursacht (letztlich die stationäre Behandlung insgesamt).

    Sofern ich sie richtig verstehe (was bei Ihren doppelten Verneinungen ein bischen schwierig ist), dann haben Sie Recht!

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Herr Schaffert, Hallo Herr Künne,

    der Argumentation von Herrn Schaffert kann ich nicht ganz zustimmen. Die zur Debatte stehenden Nebendiagnosen können entsprechend der DKR D003 nur dann kodiert werden, wenn das Patientenmanagement hinsichtlich der drei bekannten Faktoren ( Diagnostik, Therapie, Pflege ) durch die ND beeinflußt wird.

    Deshalb sollte bei der Kodierung geprüft werden, ob die in Frage kommenden Nebendiagnosen das Patientenmanagement hinsichtlich der genannten Faktoren zusätzlich (d.h. über die stationäre Standardtherapie der Hautpdiagnose hinaus ) beeinflußt haben. Sicherlich wird diese Frage in den allermeisten Fällen zu bejahen sein, so daß eine Kodierung als ND gerechtfertigt wäre. So z.B. bei der Fortführung einer dauerhaften Medikation oder insbesondere auch bei der von Herrn Schaffert beispielhaft erwähnten Demenz. Allerdings kann ich mir auch ( seltene ) Fallkonstellationen vorstellen, bei denen dies nicht der Fall ist. Hier wären z.B. anamnestische Anästhesie-Risiken zu nennen, die Anlass für die Durchführung einer stationären Behandlung wären.

    Dem Umstand, daß diese ( Neben- ) Diagnosen einen Aufwand verursacht hätten, weil sie \"letzlich die stationäre Behandlung insgesamt\" veranlasst hätten, wird ja schon durch die (gegenüber dem ambulanten Eingriff teurere) stationäre Abrechnung des Falles mit der entsprechende Hauptdiagnose Rechnung getragen.

    MfG,

    M. Ziebart

  • Schönen guten Tag Herr Ziebart!

    Ich möchte den Ball doch noch einmal aufgreifen, auch wenn es vielleicht etwas akademisch wird. Ich gebe Ihnen schon Recht, dass letztlich die Diagnosen den bekannten Kriterien standhalten müssen. Schließlich habe ich ja ausdrücklich gesagt: \"..wenn die Diagnosen die DKR D003 erfüllen...\". Nur gehört zu diesen Kriterien nicht nur Diagnostik, Therapie und Pflege sondern beispielsweise auch ein Überwachungsaufwand. Und der ist letztlich auch bedingt durch die von Ihnen als Beispiel genannten Risikofaktoren. Die Patienten werden ja dann wohl aufgenommen, weil sie überwacht werden mussen. Ein Großteil dieser Risikofaktoren kann z. B. über die Z-ICDs abgebildet werden.

    Nicht dass ich erwarten würde, dass diese ICDs als Nebendiagnosen irgenwann die resultierende DRG beeinflussen würden (insofern ist die Diskussion akademisch), aber sie helfen, den Behandlungsfall und letztlich auch die Gründe für die stationäre Behandlung besser und nachvollziehbarer abzubilden.

    Ich möchte auch nicht verhehlen, dass ich es bedauerlich finde, dass eine eigentlich medizinische Klassifikation wie die der Diagnosen sich der ökonomischen Anwendbarkeit unterziehen muss. Ich fände es besser, wenn über den ICD die medizinischen Aspekte des Patienten abgebildet würden und die ökonomische Seite über den CCL bzw. die Relevanz der jeweiligen Diagnose im DRG-Algorithmus.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Zitat


    Original von Künne:
    Ist es korrekt oder durch Kodierregeln gedeckt, Nebendiagnosen die ein eigenständiges Problem im Sinne der DKR 003b/d darstellen als nicht zu kodieren zu bezeichnen wenn das Vorhandensein dieser Nebendiagnose erst die vollstationäre Behandlung bedingt?
    Also wenn die Hauptdiagnose alleine ambulant zu behandeln gewesen wäre und erst das Vorliegen der Nebendiagnose eine vollstationäre Behandlung erforderlich machte, darf man dann diese Nebendiagnose nicht kodieren??


    Hallo Herr Künne, hallo Forum,
    Die Frage ist für mich, ob die Nebendiagnose nicht zur Hauptdiagnose werden muss. Schließlich steht in der Definition der Hauptdiagnose, dass diese... für die Veranlassung des stationären Aufenthaltes ...verantwortlich ist.
    Ein Beispiel:
    Eine Patientin, die für eine ambulante Metallentfernung einbestellt war, stürzte auf dem Weg zum Krankenhaus. Die Materialentfernung wurde wie geplant durchgeführt, die Patientin wurde aber stationär aufgenommen, weil eine weitere Diagnostik und Behandlung des Sturzes und seiner Folgen stattfand. (CT am Abend, Schmerzbehandlung und Beobachtung für 24 std) Am nächsten Tag Entlassung.
    Für mich ist die Hauptdiagnose die Sturzverletzung und nicht die Materialentfernung, weswegen die Patientin ursprünglich kam, denn \"nach Analyse\" war diese Krankheit hauptsächlich verantwortlich für die veranlassung des stationären Aufenthalts.
    Es steht ja hier nicht: \"was war hauptsächlich verantwortlich für die medizinische Behandlung\"

    Bei dieser Sichtweise würde hier allerdings ein ganz neues Fass aufgemacht!
    Was kodiert man dann bei einem Patienten, der zum Varizenstripping ohne Ulcus oder Entzündung eigentlich ambulant behandelt werden könnte, wegen einer Begleiterkrankung oder eines Risikos außerhalb der AEP-Kriterien stationär operiert wird. Streng genommen ist diese Erkrankung dann auch verantwortlich für die Veranlassung des stationären Aufenthaltes.

    Wer ist hier sophistcated?? Die Kodierregeln oder ich?? :sterne:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Schönen guten Tag allerseits und insbesondere Herr Heller!

    Bei Ihrem Beispiel würde ich auch den Sturz als Hauptdiagnose nehmen, aber ich denke, dass es ursprünglich um Fälle ging, wo nicht eine einzelne Diagnose, sondern die Diagnosekombination zur stationären Behandlung führt.

    Um bei meinem Beispiel zu bleiben: Weder die wegen der Gastritis durchgeführte Magenspiegelung, noch die schon lange bestehende Demenz ist für sich genommen ein Grund für eine stationäre Behandlung. Aufgrund der Demenz und der damit eingeschränkten Kompliance wäre hier beispielsweise jedoch die ambulante Durchführung nicht möglich. Dann bleibt sicherlich die Gastritis die Hauptdiagnose und die Demenz Nebendiagnose. (Betrachten Sie dies bitte als Beispiel, also nicht darüber diskutieren, dass vielleicht auch bei dementen Patienten eine Gastro ambulant durchführbar ist)

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Herr Schaffert,
    um bei Ihrem Beispiel zu bleiben - da hätte ich vielleicht auch die Demenz als Nebendiagnose genommen, aber die Begründung für den stationären Aufenthalt wäre ein AEP-Kriterium (F3).
    Aber ich verstehe schon, was Sie meinen. Vielleicht gibt es noch ein besseres Beispiel. Mir fällt im Moment nur keines ein. :d_gutefrage:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Hallo allerseits!

    Vielen Dank für die Antworten. Meine Frage war umständlich formuliert. Letztendlich geht es um eine aus meiner Sicht eindeutige und häufige Konstellation: ein Kind kommt mit Nahrungsverweigerung oder auch mit Exsikkose im Rahmen eines Infektes zur stationären Rehydrierung. Die Indikation ist unstrittig. Der Infekt wäre ohne die Nahrungsverweigerung oder Exsikkose ambulant behandelt worden.
    Darf man hier die Nebendiagnose, sei es nun Exsikkose oder Nahrungsverweigerung kodieren oder nicht?
    Eigentlich ja sogar durch DKR 1107a Dehydratation bei Gastroenteritis beantwortet.

    Jetzt argumentiert ein Gutachter, dass die mangelnde Nahrungsaufnahme insofern ein eigenständiges wichtiges Problem darstellt, als dass sie den vollstationären Krankenhausaufenthalt begründet aber eine Kodierung als Nebendiagnose nicht gestattet ist, da die Ursache der Nahrungsverweigerung in der Grunderkrankung (Infektion) liegt.

    Ist das haltbar? Sind die DKR so zu verstehen???

    Und weiter einen schönen Tag...
    Künne

  • Schönen guten Tag Herr Künne!

    Zitat

    Original von Künne:
    Jetzt argumentiert ein Gutachter, dass die mangelnde Nahrungsaufnahme insofern ein eigenständiges wichtiges Problem darstellt, als dass sie den vollstationären Krankenhausaufenthalt begründet aber eine Kodierung als Nebendiagnose nicht gestattet ist, da die Ursache der Nahrungsverweigerung in der Grunderkrankung (Infektion) liegt.

    Ist das haltbar? Sind die DKR so zu verstehen???

    Nein, dass ist meiner Ansicht nach nicht haltbar. Schon die Begründung, dass es sich um ein eigenständiges Problem handelt, ergibt nach der DKR D002c (Text zu Beispiel 3) die Berechtigung zur Verschlüsselung.

    Dass Symptome in der zugrundeliegenden Krankheit enthalten sind und nicht verschlüsselt werden gilt gemäß Text zu Beispiel 2 der DKR D002c (Zuweisung der zugrundeliegenden Krankheit als Hauptdiagnose) für Symptome, die \"im Regelfall als eindeutige und unmittelbare Folge mit der zugrundeliegenden Krankheit vergesellschaftet sind\". Meiner Ansicht nach ist die Nahrungsverweigerung nicht regelhaftes Symptom eines Infektes (Ich habe leider auch bei einem Infekt meist einen guten Appetit).

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,