Beinlängendifferenz postoperativ

  • Guten Morgen!

    Könnte mir jemand seine Meinung mitteilen zur Kodierung des folgenden Sachverhalts?! :

    Aufgrund einer Coxarthrose rechts mit deutlicher Synovialitis wurde eine Bursektomie im Bereich der rechten Hüfte, anschließend die partielle Synovektomie sowie die Implantation einer zementfreien Totalendoprothese durchgeführt. Es erfolgte eine zeitgerechte Mobilisation an Unterarmgehstützen unter krankengymnastischer Anleitung. Hierbei traten mehr Beschwerden von Seiten des rechten Knies als von der Hüfte auf. Eine leichte Beinlängendifferenz wurde durch Schuherhöhung links von 0,5 cm therapiert. Auch in der Abschlusskontrolle war unter diesem Ausgleich kein Beckenschiefstand mehr zu diagnostizieren.

    Von unseren Ärzten wurde über den Diagnosenthesaurus (ID DIACOS) der Begriff \"Beinlängendifferenz postoperativ\" eingegeben. Hierfür wurde der ICD T81.8 \"Sonstige Komplikationen bei Eingriffen, andernorts nicht klassifiziert\" vorgeschlagen. Diesen Schlüssel haben wir somit auch übernommen.

    Der MDK hat dies nun beanstandet und möchte die Diagnose mit M21.75 \"Unterschiedliche Extremitätenlänge (erworben)\" kodiert haben. Dabei ergibt sich eine andere DRG wegen dem Schweregrad.

    Kann dem wohl zugestimmt werden oder gibt es Argumente für den von DIACOS vorgeschlagenen ICD T81.8?

    Vielen Dank schon einmal für die Hilfe!

    • Offizieller Beitrag

    Ebenfalls guten Morgen (wobei bei uns um 12.00 Uhr Mittags bereits der Tag deutlicher vorangeschritten ist :d_zwinker: ),

    ist es noch ein Fall aus 2004?

    Wenn ja, würde ich weder T81.8 noch M21.75 kodieren. Sondern entweder T84.4 Sonstige Komplikationen durch orthopädische Endoprothesen... oder alternativ M96.8 Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems nach medizinischen Maßnahmen angeben.

    In 2005 soll man das angeben, was am genauesten beschreibt, was vorliegt (unter Berücksichtigung der Exklusiva).

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo alle Miteinander,

    ich glaube, man kann es auch übertreiben. Ich glaube in Anatomie seinerzeit mal gelernt zu haben, dass eine Beinlängendifferenz bis 2 cm normal sei.

    Ist in dem vorliegenden Fall die Beinlänge präoperativ gemessen worden? Und wenn ja, hat man die Beinlängendifferenz bedingt durch eine möglicherweise coxarthrosebedingte Fehlstellung (Kontraktur) mit berücksichtigt? Ein Beckengradstand ist keine zwingende Garantie für eine ausgeglichene Beinlänge.

    Auch bei der Implantation einer Hüft-TEP ist eine veränderte Beinlänge von nur 5mm noch im Bereich des Normalen. Wenn man diese mittels Schuherhöhung ausgleicht, so überhaupt eine Veränderung gemessen wurde (vorher/nachher), so muss dies nicht unbedingt eine Komplikationsbehandlung sein, ähnlich wie vielen Endoprothesenträger noch längere Zeit ein Arthrodesekissen oder Gehstütze nutzen.

    Auch wenn kein ausgeprochener postoperativer Rotationsfehler da ist, kann eine H-TEP einige Zeit, bis sich wieder normale Bewegungsmuster eingespielt haben, Knieschmerzen machen. Auch das muss nicht zwangsläufig eine Komplikation sein (T84.0 oder T84.8 aber nicht T84.4). Die T81.8 ist aber im Zusammenhang mit einer Endoprothese mit Sicherheit falsch.

    Bei beiden Veränderungen gibt es natürlich einen Ermessensspielraum. Will man die unterschiedliche Beinlänge postoperativ tatsächlich als Komplikation codieren, würde ich die T84.0 für die mechanische Komplikation und die M21.75 für die erworbene Beinlängendifferenz nehmen, so sie denn von der Hüfte ausgeht.

    Da es sich noch um die akute Behandlung handelt, kommt die M96.ff noch nicht in Frage. Ein Code allein (T84 oder M21) beschreibt den Vorgang nicht, denn eine erworbene Beinlängendifferenz kann viele Ursachen haben.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Winter,

    dass die Beinlängendifferenz nur dann zu kodieren ist, wenn Sie der ND-Definition entspricht sollte selbstverständlich sein, wobei Ihr Hinweis dies zu recht noch einmal klarstellt.
    T84.0 kann ich genauso akzeptieren.
    Die zusätzliche Kodierung der M21 ist hier u.U. ein Problem, da unter den Exklusiva des M-Kapitels die aufgezählten T-Kodes vermerkt sind.

    Letztlich kann man folgendes sagen:

    Egal welchen Kode man nimmt, er wird einen CCL > 0 haben, da für einen 2004er Fall der M21.75-Kode nicht in Frage kommt. Das liegt nun mal an der Formulierung der DKR.

    Die Komplikationskodierung bleibt unnötig kompliziert (das liegt an den DKR; ICD und der CCL-Bewertung). Mehrfachnennungen werden immer Probleme machen, weil der MDK einem die CCLs rausstreichen will. Nämlich dann, wenn man zur genaueren Beschreibung (so wie von Ihnen auch vorgeschlagen) mehrere Kodes benutzt. Hier wird dann das Argument kommen, dass kein zusätzlicher Ressourcenaufwand besteht und die ND-Definition dadurch nicht getroffen ist.

  • Hallo Herr Selter,

    für Ihrem Hinweis, dass das Kapitel M bei S und T ausgeschlossen ist, danke ich Ihnen. Solange es um eine einzige Diagnose geht, ist dies auch logisch. Bei Kombinationsdiagnosen, wo jede nur die Hälfte der Wahrheit wiedergibt sehe ich das etwas anders, MDK hin oder MDK her. Der MDK ist Partei.

    Vielleicht hilft ein Kommentar des DIMDI (FAQ-Center) zu den Exclusiva weiter:

    „Das „Excl.“ eines Kodes besagt, dass mit dem im Exclusivum genannten Kode eine Erkrankung anderer Genese abgegrenzt (klassifiziert) wird. Folglich können besagte Kodes nebeneinander verwendet werden, wenn die Erkrankungen „sowohl als auch“ beim Patienten vorkommen können und diagnostisch voneinander abgrenzbar sind.“

    Dies kann man also so interpretieren, dass wenn beides je zur Hälfte stimmt, auch beides verwendet werden darf, halbe Codes gibt es leider nicht.

    Die CC-Problematik ist nicht unser Problem. Das muss das InEK lösen, indem es für bestimmte Diagnosekombinationen andere CC-Werte vorsieht, was ja auch schon der Fall ist. Nicht umsonst findet sich in dem Jahresbericht des InEK vom 20.12.04 die strikte Ablehnung neue CC´s einzuführen.

    Da der zitierte Eintrag beim DIMDI erst ein paar Tage/Wochen alt ist, kann man davon ausgehen, dass er mit den DKR konform geht (s. D005d Beispiel 4, dies müsste nach Ihrer Interpretation falsch sein).

    Übrigens Ihre T82.0 bezeichnet Komplikationen mit Gefäß-Implantaten.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Winter,

    Zitat


    Original von winterth:
    „Das „Excl.“ eines Kodes besagt, dass mit dem im Exclusivum genannten Kode eine Erkrankung anderer Genese abgegrenzt (klassifiziert) wird. Folglich können besagte Kodes nebeneinander verwendet werden, wenn die Erkrankungen „sowohl als auch“ beim Patienten vorkommen können und diagnostisch voneinander abgrenzbar sind.“

    Den Kommentar kenne ich. Allerdings haben die DKR immer Vorrang und hier wird bei der ND-Kodierung eben Ressourcenverbrauch gefordert und nicht eine medizinisch vollständige Beschreibung über ICD-Kodes.

    Zitat


    Original von winterth:
    Die CC-Problematik ist nicht unser Problem. Das muss das InEK lösen, indem es für bestimmte Diagnosekombinationen andere CC-Werte vorsieht, was ja auch schon der Fall ist. Nicht umsonst findet sich in dem Jahresbericht des InEK vom 20.12.04 die strikte Ablehnung neue CC´s einzuführen.

    Leider ist sie deswegen genau unser Problem, weil die Diskussionen mit dem MDK von den Häusern geführt werden müssen und nicht vom InEK.

    Zitat


    Original von winterth:
    Übrigens Ihre T82.0 bezeichnet Komplikationen mit Gefäß-Implantaten.

    Freud`sche Fehlleistung, da die Beschreibung der Komplikationen unter T82.0 auch für die T84.0 gilt. Habe es korrigiert. Danke.

  • Hallo Herr Selter,

    die gleiche Diskussion, die nun wieder angeregt wird, hatten wir schon öfter und ich hatte sinngemäß prophezeit, dass die Aufweichung der DKR Arbeit für die Sozialgerichte bringen wird. Die Diskussion in Mydrg ist da ungefährlicher, wissenschaftlicher und objektiver.

    Der Ressourcenverbrauch kann in dem vorliegenden Fall – angenommen es ist eine Komplikation, die ich in diesem expliziten Fall ohne weitere Information kaum vermuten würde -, wenn die Beinlängendifferenz lediglich mit einer Codeziffer ausgedrückt wird, nicht abgeschätzt werden. Umgekehrt gilt dies für die T84.0 allein auch. Zu viele Ursachen oder Folgen mit unterschiedlichen Konsequenzen stehen zur Debatte. Die DKR schließen sowohl 2004 (s. Beispiel 1 bei 19.19 als auch wie geschildert 2005) die simultane Verwendung von T- und M-Codes nicht aus. Der Begriff „erworbene“ Erkrankung bedeutet genauso wie eine sekundäre Arthrose, dass es „eine Folge von“ sein muss, sonst wäre es keine erworbene Erkrankung sondern lediglich eine Erkrankung. Und „die Folge von“ verlangt nach den DKR einen Kode für die Ursache, hier also die mechanische Komplikation. Das Problem MDK versus right-coding lösen wir nicht dadurch, dass wir uns grundsätzlich der Meinung des MDK unterordnen.

    Auch sagen die DKR 2005 in der Einleitung auch nur, dass die DKR vorgehen, wenn sich ein Widerspruch zum Band 2 der WHO-ICD ergibt (Abdruck der Einleitung 2002). Daraus kann man entnehmen, dass alles andere, was DIMDI herausgibt mit der Selbstverwaltung abgesprochen ist und mit den DKR konform geht.

    Aber ich glaube, diese Diskussion wird wohl erst zu Ende sein, wenn - wie damals im Falle der FP17.05 - das BSG ein Machtwort spricht oder die Selbstverwaltung und das InEK die Quadratur des Kreises schafft und wirklich eindeutige Regeln aufstellt.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin