Z. n. Kreuzbandplastik

  • Hallo Forum,

    bei Z.n. Kreuzbandplastik mit autogener Patellarsehne wird eine Reruptur festgestellt. Codiert man die Hauptdiagnose nun mit S83.53 Riss des vorderen Kreuzbandes oder mit T84.9 n.n.b. Komplikation durch orthopädische Endoprothese, Implantat oder Transplantate?

    Mit freundliche Grüßen
    Marie Uphoff

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag,

    nach meiner Vorstellung wird dann S83.53 Riss des vorderen Kreuzbandes kodiert. Dies beschreibt den Zustand am genauesten.
    Die DKR geben dies in der DKR D002d Erkrankungen bzw. Störungen nach medizinischen Maßnahmen vor.

    Es ist natürlich hier zu bemerken, dass in dieser Regel eher die Zustände beschrieben werden, die durch eine medizinische Maßnahme hervorgerufen werden und nicht so sehr die, die \"an\" einer medizinischen Maßnahme durch Trauma entstehen. Inhaltlich muss man das aber gleichsetzen können.

    Mir ist allerdings bewußt, dass unter T84.4 auf Zustände, wie unter T82.0 beschrieben, verwiesen wird. Hier findet sich alles, nur keine Ruptur Die Thesauruszuordnung erfolgt trotzdem zur T84.4 ( Perforation? ). Es stellt sich nun die Frage, ob oben genannte Regel auf diesen Zustand anzuwenden ist. Wenn ja, dann wird S83.53 kodiert. Wenn nicht, dann T84.4.

    Es bietet sich also an, dass Sie zur endgültigen Klärung direkt das InEK befragen. Wenn Sie uns dann noch inhaltlich die Antwort zukommen lassen können, sind wir Ihnen alle dankbar.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Frau Uphoff, Hallo Herr Selter,

    Wenn sie im :defman: zum Beispiel bei der I03Z oder I04Z schauen, sehen Sie dass Kodes aus T84.- durchaus als Hauptdiagnose taugen und vom INEK zugelassen sind.

    Im oben beschriebenen Fall (I03/I04) verleihen sie dem Fall sogar das Merkmal einer komplizierenden Diagnose.

    Gruß
    D. Duck

    Mit freundlichen Grüßen

    D. Duck

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag D. Duck,

    die Zuordnung zu einer DRG ist hier sekundär und selbstverständlich sind die T-Kodes auch als HD zugelassen.

    Es ist aber zuerst korrekt nach DKR, OPS, ICD zu kodieren, dann erfolgt die DRG-Zuordnung. Der umgekehrte Prozess ist nicht alternativ möglich.

    Die DKR sind vorrangig vor den ICD/OPS-Hinweisen zu befolgen. Wenn also die DKR, wie oben beschrieben, anzuwenden ist, wird in diesem Fall der T-Kode nicht zur HD. Da spielt es dann wirklich keine Rolle, in welchen DRGs diese als HD definiert sind.

    Ich halte die Kodierung der Ruptur für sinngemäßer, habe aber auch keine Probleme mit T84.4, wenn es dann so vom InEK gewollt ist.

  • Hallo Alle miteinander,

    ich glaube, man verstrickt sich hier in einem Querverweisgewirr.

    Das Versagen einer transplantierten Patellarsehne fällt m.E. nicht unter die T84er Gruppe (dort werden eher künstliche Implantate/Transplantate codiert) sondern nach Studium der Hinweise bei T84 und T82 unter die T86 zumal dort nicht zwischen autologen und anderen Gewebetransplantaten unterschieden wird. Mithin würde ein Versagen, wozu wohl auch eine Ruptur gehört, unter T86.88 codiert werden müssen.

    Entscheidend ist aber, wie auch Herr Selter erwähnte, die Antwort auf die Frage: ist es eine Ruptur bei adaequatem Trauma oder nicht?

    Ist es ein adaequates Trauma, würde ich, da es dann keine Komplikation ist, auch die S83.53 nehmen und die Tatsache, dass voroperiert wurde, hier mit der M96.88 zusätzlich angeben, die T93.3 gefällt mir hier nicht.

    Lag kein adaequates Trauma vor, ist es eine Komplikation und ich würde die Situation als Folgezustand auffassen, also T86.88 für die Komplikation – also das Versagen des Transplantates - und als HD ebenfalls die S83.53 nehmen.

    Es gibt aber noch eine dritte Möglichkeit (eine zweite bei nicht adaequatem Trauma): hat der Pathologe z.B. festgestellt, dass sich das Transplantat völlig zum Band umstrukturiert hat und dieses infolge Degeneration gerissen ist, würde ich die M96.88 als ND und die M23.61 als HD nehmen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von winterth:
    Das Versagen einer transplantierten Patellarsehne fällt m.E. nicht unter die T84er Gruppe (dort werden eher künstliche Implantate/Transplantate codiert) sondern nach Studium der Hinweise bei T84 und T82 unter die T86 zumal dort nicht zwischen autologen und anderen Gewebetransplantaten unterschieden wird. Mithin würde ein Versagen, wozu wohl auch eine Ruptur gehört, unter T86.88 codiert werden müssen.

    Guten Morgen Herr Winter,

    die Ruptur nach Trauma als \"Versagen\" zu kodieren fällt mir hier schwer. Unter den T86er-Kodes sehe ich die Zustände beschrieben, in denen Transplantate durch Abstoßung oder ähnliche Ursachen ihre Funktion nicht aufnehmen/aufrechterhalten können.
    T84 erscheint mir hier sachgemäßer. Die mir bekannten Thesauruszuordnungen liefern auch T84.

    Mir persönlich würde eine ICD für die Ruptur des Ersatzes ausreichen, egal, ob traumatisch, degenerativ oder aus sonstigen möglichen Gründen. Für die Versorgung spielt es keinen ressourcenbeeinflussende Rolle. Zu bestimmen, inwiefern die Reoperationen ansich bei. Z.n. VKB-Ersatz eine eigene ressourcenabhängig homogene Gruppe innerhalb der VKB-Ersatz-DRG aufweisen könnte, ist Aufgabe der Kalkulation.

  • Hallo Herr Selter,

    wo Sie mich so direkt ansprechen.

    Das wir bei der Doppelcodierung anderer Meinung sind, ist ja nicht neu. Wie soll bei der Kalkulation später – wenn die Frage gestellt wird, ob ein Unterschied besteht – differenziert werden, wenn kein Unterscheidungsmerkmal kodiert wurde?

    Auch medizinisch ist es ein Unterschied, ob ich für eine Kreuzbandplastik zukünftig eine Alternative weniger habe, denn beliebig oft kann ich eine Patellarsehne nicht entnehmen, und das ständige Löcherbohren in Femur und Tibia zur Verankerung und die Schwächung anderer Stukturen sind auch nicht jedes Mal dasselbe. Mit jedem weiteren Eingriff steigt auch das Infektionsrisiko und die Chance noch anatomisch korrekte Verhältnisse vorzufinden.

    Was die T84/86er Frage angeht, so war ich lange Zeit auch Ihrer Meinung, habe mich aber dann doch eines Anderen besonnen (man lernt nie aus). Im Pschyrembel steht unter Transplantat: „engl.…graft, transplantiertes oder zu transplantierendes Organ oder Gewebe“. Und unter Transplantation steht: „…Übertragung von Zellen, Geweben od. Organen auf ein anderes Individuum od. an eine andere Körperstelle zu therapeutischen Zwecken….Übereinstimmung zwischen Spender und Empfänger: Empfänger u. Spender identisch autogen od. autochton ….. genetisch differente Individuen derselben Spezies allogen….Mit ihrem Ausbleiben ist nur bei genetischer Identität von Spender u. Empfänger zu rechnen (bei Autotransplatation…)….“ .

    Es hat also nur den Anschein, dass die T86 ausschließlich Fremdgewebe bzw. Organe meint, denn diese Differenzierung macht die T86 nicht mit. Und was mich gänzlich stutzig machte, war bis 2004 die Unterzeile bei T86.88 „ Haut (Allotransplantat, Autotransplantat)“ also doch beides. (2005 fielen die beiden Klammerbegriffe im Zuge der Umgestaltung der T86 zwar weg, aber die noch gültige WHO-Ausgabe für 2005 führt die beiden Klammerbegriffe nach wie vor weiter unter der T86.8 (die T86.5ff und 5-stellige Unterteilung der T86.8 machte die WHO nicht mit).
    Und bei T82/84 steht: exclusive: Versagen und Abstoßung von transplantierten Organen und Geweben T86.-. ohne jede weitere Differenzierung. Für Ihre Argumentation spricht dann wieder ein anderer Hinweis, dass bei der T84.4 Muskel- und Sehnentransplantate inklusive sind, dies aber auch ohne jede Differenzierung, sodass das exclusive Pendant bei T86 wieder fehlt. Und das Lig. patellae ist eine Sehne, wird aber zum Band. Ich habe jedenfalls umgelernt. Man kann also trefflich weiterdiskutieren. Denn solange der Exclusive Circulus vitiosus zwischen T84 und M96.6 und zurück existiert, wird wohl noch viel Wasser die Spree runterlaufen und der Murnauer-See nicht austrocknen.

    Wie die Thesauri zusammengestellt wurden, wissen wir beide.

    In diesem Sinne

    mit freundlichen Grüßen

    Thomas Winter
    Berlin

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen Herr Winter,

    Zitat


    Original von winterth:
    Wie soll bei der Kalkulation später – wenn die Frage gestellt wird, ob ein Unterschied besteht – differenziert werden, wenn kein Unterscheidungsmerkmal kodiert wurde?Auch medizinisch ist es ein Unterschied, ob ich für eine Kreuzbandplastik zukünftig eine Alternative weniger habe, denn beliebig oft kann ich eine Patellarsehne nicht entnehmen, und das ständige Löcherbohren in Femur und Tibia zur Verankerung und die Schwächung anderer Stukturen sind auch nicht jedes Mal dasselbe. Mit jedem weiteren Eingriff steigt auch das Infektionsrisiko und die Chance noch anatomisch korrekte Verhältnisse vorzufinden..

    Sie haben mich hier vielleicht falsch verstanden. Ich schrieb:

    Zitat

    Original von Selter:
    Mir persönlich würde eine ICD für die Ruptur des Ersatzes ausreichen, egal, ob traumatisch, degenerativ oder aus sonstigen möglichen Gründen.

    Die Unterscheidung nach VKB-Ersatz- und VKB-Ruptur ist damit gegeben. Ich sehe für den Ressourcenaufwand allerdings keinen Unterschiede, ob es ein Trauma oder eine andere Ursache hatte. Für diese Unterscheidung brauche ich keine eigenen Kodes.
    Die medizinischen Belange sind mir selbstverständlich bekannt, deswegen ja auch der Verweis auf die Kalkulation.

    Zitat

    Original von winterth:
    Was die T84/86er Frage angeht, so war ich lange Zeit auch Ihrer Meinung, habe mich aber dann doch eines Anderen besonnen (man lernt nie aus). ...Es hat also nur den Anschein, dass die T86 ausschließlich Fremdgewebe bzw. Organe meint, denn diese Differenzierung macht die T86 nicht mit....Und bei T82/84 steht: exclusive: Versagen und Abstoßung von transplantierten Organen und Geweben T86...

    Hier vielleicht auch ein Misverständnis. Ich schrieb:

    Zitat

    Original von Selter:
    Unter den T86er-Kodes sehe ich die Zustände beschrieben, in denen Transplantate durch Abstoßung oder ähnliche Ursachen ihre Funktion nicht aufnehmen/aufrechterhalten können.

    Damit meinte ich nicht eine Definitionsfrage bezüglich des Begriffs \"Transplantat\" (hier kann ich die Eigenspende einer Sehne einbeziehen), sondern die (meine) Problematik der Bedeutung von \"Versagen und Abstoßung von transplantierten Organen und Geweben\".
    Ich kann in einer traumatischen Ruptur eines VKB-Ersatzes kein Versagen oder Abstoßung erkennen. Das Transplantat hat nicht versagt (hier gibt es nun auch mal Belastungsgrenzen) und abgestoßen wurde es ja nun ebenfalls nicht. Deswegen erscheint mit T84 korrekter.

    Letztlich bleibt es eine akademische Diskussion und es wird nicht langweilig.....

  • Hallo Herr Selter,

    ich sehe, wir sprechen doch von kleinen Unterschieden abgesehen, die gleiche Sprache.

    „Traumatisch“ ist natürlich kein Versagen des Transplantates. Sollte es anders rüber gekommen sein, so haben Sie mich missverstanden, oder ich habe mich falsch ausgedrückt. Es muss nur ein adaequates Trauma sein, um traumatisch zu sein.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin