Abrechnungsgrundlagen bei Privatpatienten

  • Hallo,
    ich möcht hier kurz einen Fall vorstellen, der heute vor dem Amtsgericht hier vor Ort verhandelt wurde.

    Ein privatversicherter Patient (Rechtsanwalt im Ruhestand)wurde stationär in unserem Krankenhaus behandelt, wenige Wochen nach Einführung der Abrechnung nach DRG. Einige Wochen vorher war er bereits einmal stationär gewesen, damals wurde noch nach Pflegesätzen abgerechnet. Beide Aufenthalte waren etwa gleich lang, die Rechnungssumme war im DRG-Fall jedoch wesentlich höher, was letztendlich den Patienten veranlasste die Rechnung nicht zu zahlen. Eine ausführliche Aufklärung über die Grundlagen der Abrechnung war erfolgt (Aufnahmevertrag, Allgemeine Vertragsbedingungen, Gespräche, mehrmaliger Schriftwechsel nach Entlassung). Neben der Frage nach der korrekten Kodierung der Nebendiagnosen und damit der Rechnungshöhe ging es vor allem um die Darstellung der Rechnung als solche. Vom Gericht wurde gefordert, die Rechnung solle neben der abzurechnenden Fallpauschale genau aufschlüsseln welche Kosten entstanden sind und diese als Einzelpositionen ausweisen. Begründet wurde dies mit einem Urteil des AG Korbach (3 C 514/03) vom 27.05.2004. Demnach seien die Abrechnungsgrundlagen aus dem Sozialrecht für Privatpatienten gründsätzlich ohne Bedeutung. Das Krankenhaus sei daher verpflichtet, eine der Einzelfallprivatliquidation entsprechende Rechnung mit detaillierter Angabe der durchgeführten Leistungen zu erstellen. Dieser Fall bezog sich allerdings noch auf Abrechnung nach Pflegesätzen. In unserem Fall wurde jedoch der Hinweis auf Vorschriften aus dem Sozialrecht (KHG, KhEntG) nicht beachtet und die Form der Rechnung (bestehend aus Fallpauschale und kodierten Diagnosen / Prozeduren) als nicht ausreichend erachtet. Letzlich wurde der Fall mit einem Vergleich abgeschlossen, da anderenfalls unsere Klage vollständig abgewiesen worden wäre.

    Ich wäre an Meinungen oder ähnlichen Erfahrungen aus dem Forum interesiert. Vielleicht könnten sich ja auch die anwesenden Juristen hierzu äußern. Ich möchte den Fall auch mit dem Justitiar der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft besprechen. Über das Ergebnis kann ich dann gerne noch einmal hier informieren.

    Viele Grüße,
    Andreas Bongartz

  • Hallo Herr Bongartz und alle andren Forums-Leser,

    erstmal vielen Dank, endlich weiss ich, auf welches Urteil sich die privten Krankenversicherungen berufen.
    Meine Meinung zu dem Fall: Es kommt darauf an, in welchem Jahr Sie mit der DRG-Abrechnung starteten.
    2003 ist das ganze ja mehr oder weniger ein Testlauf gewesen, daher würde ich in diesem Falle einfach dankbar sein, dass es einen Vergleich gab.
    2004 wurde ein Abrechnungsleitfaden erstellt, der auch vom Verband der Privaten Krankenversicherung unterschrieben wurde, also müssen meiner Meinung nach auch die Mitglieder dieses Verbandes sich daran halten. Dort ist zwar recht schwammig, aber durchaus verständlich dargestellt, was auf der KH-Rechnung ausgewiesen werden muss. Da ich mir den 2004 von hier gedownladet habe, gehe ich mal ohne Nachzuschauen davon aus, daß er da immer noch bereit gestellt ist :d_zwinker: .
    2005 ist es noch einfacher, die FPV 2005 §1 Abs.8 stellt genau dar, was auf der Rechnung zu stehen hat.

    Ein ähnlicher Fall: Wir diskutieren seit Februar 05 mit einer Privatversicherung über ein Symptom (R04.2/Bluthusten), was zu erheblichem Mehraufwand (Bronchoskopie zum Ausschluss Tumor) bei einem Fall aus 2004 führte. Die Diagnose ist fallschwerend-erhöhend. Die PKV hatte den Entlassbericht direkt beim Patienten (78jährig, zur Überprüfung der Rechnung benötigen wir den Bericht, Sie als Patient haben Anspruch auf ein Duplikat, bitte kopieren Sie ihn uns, ...) angefordert und stuften die Fallschwere niedriger ein. Eine Information an uns erging nicht; erst als wir den Restbetrag anmahnten, kam der lapidare Satz \"nach unserer Meinung ist der Mehraufwand durch die Bronchoskopie mit dem OPS hinreichend abgebildet\". Als wir die Versicherung aufforderten, uns doch eine Kopie des Gutachten vom beratenden Arztes zukommen zu lassen, hiess es nur \"ist nur für den internen Gebrauch bestimmt\". Als ich auf §277 des SGB V hinwies, kam die telefonische Aussage, daß das SGB V nicht für die Privatversicherungen gälte (grad bei den \"nur-privat-versicherten\", haben sie recht ?)), also auch die §§ des SGB sie nicht interessiere :boese: . Also versuchte ich, ein Gespräch zwischen dem behandelden KH-Arzt und beratenden Arzt zu vermitteln. Leider geht dass auch nicht, da die beratenden Kollegen der Privatversicherungen nicht unbedingt Mediziner sind, sondern Leute mit \"Sachverstand\", seitens dieser Versicherung Fachberater genannt. Mal abgesehen davon, daß auch noch der Hinweis fiel, daß es selbst bei für uns positiver Fachberatung nicht sicher ist, daß sich die Versicherung an den Ratschlag des Fachberaters hält, da sie sich nicht dran halten müssten. Dieser Fall wird auch der Bayerischen Krankenhausgesellschaft zur Überprüfung der rechtlichen Möglichkeiten ohne Klageweg vorgelegt werden.
    Falls jemand dazu noch Tips geben kann, wäre auch ich sehr dankbar :) . Über die Stellungsnahme der BKG werde ich selbstverständlich hier berichten.

    Gruß aus Bayern

    Andrea-FS1 :d_v:

  • Guten Abend Herr Andreas Bongartz

    Zitat

    Das Krankenhaus sei daher verpflichtet, eine der Einzelfallprivatliquidation entsprechende Rechnung mit detaillierter Angabe der durchgeführten Leistungen zu erstellen. […] In unserem Fall wurde jedoch der Hinweis auf Vorschriften aus dem Sozialrecht (KHG, KhEntG) nicht beachtet und die Form der Rechnung (bestehend aus Fallpauschale und kodierten Diagnosen / Prozeduren) als nicht ausreichend erachtet.


    Grundsätzlich ist die Rechnungsstellung nach §12 der amtl. Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) wie folgt zu gestalten. Bei Überschreitung des Mittelwertes – welches immer zulässig ist - muss eine entsprechende Begründung abgegeben werden (§5 Abs. 2ff. GOÄ); diese muss das Warum der Überschreitung beschreiben und rechfertigen. Die Begründung „schwierige anatomische Verhältnisse“ ist ebenso unzureichend wie die Wiederholung der Bemessungskriterien nach § 5 Abs. 2. Da sich häufig im zeitlichen Verlauf einer Erkrankung der Schwierigkeitsgrad ändert, ist eine durchgängige, pauschale nur selten haltbar und kann sogar die Fälligkeit der Vergütung löschen (vgl. Amtsgericht Bonn, Az.: 14 C 248/84). :deal:
    Bei gebildeten analogen Gebührenpositionen ist immer der Hinweis „entsprechend“, die abgegriffene Gebührennummer sowie die Leistungslegende der als gleichwertig erachteten Leistung anzugeben (§6 Abs. 2 GOÄ). Der § 12 Abs. 4 GOÄ schreibt auch die Form vor, wie die analoge Leistung auf der Rechnung dargestellt werden muss. Neben einer – WICHTIG: für den Patienten - verständlichen Beschreibung der Leistung, muss der Hinweis „entsprechend“ erfolgen. §12 Abs. 3 GOÄ führt zusätzlich das Recht auf, dass der Zahlungspflichtige – Pat. – sich auf Verlangen die Begründung näher erläutern lassen kann. :deal:

    Ich hoffe einwenig Klarheit im Fall der Rechnungsstellung geschaffen zu haben.

    MfG

  • Hallo Andrea-F31,

    ... \" Eine Information an uns erging nicht; erst als wir den Restbetrag anmahnten, kam der lapidare Satz \"nach unserer Meinung ist der Mehraufwand durch die Bronchoskopie mit dem OPS hinreichend abgebildet\". Als wir die Versicherung aufforderten, uns doch eine Kopie des Gutachten vom beratenden Arztes zukommen zu lassen, hiess es nur \"ist nur für den internen Gebrauch bestimmt\".

    Sofern Sie die Kodierung anhand der Unterlagen weiterhin als gerechtferigt erachten (Extraaufwendungen neben der Bronchoskopie auch dokumentiert ?), ist spätestens im Rechtsverfahren die PKV verpflichtet die Anonymität des \"Sachverständigen\" aufzuheben.

    -> BGH: Herausgabe von Gutachten für PKV - Urteil vom 11.6.2003 – IV ZR 418/02

    In der privaten Krankenversicherung hat der Versicherer auch solche Gutachten (einschließlich der Identität des begutachtenden Arztes) bekannt zu geben, denen keine körperliche Untersuchung des Versicherten zugrunde liegt.

    MfG Hammerich

  • Hallo Forum,

    mit der Problematik der Abrechnung von Krankenhausleistungen mit Privatpatienten hat sich inzwischen auch das Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung in einem Schreiben an die DKG und den VPK beschäftigt (Az.: 216-43541-35/1 vom 18. Juli 2005 - als Anlage dem Rundschreiben 249/2005 der KGNW beigefügt). Das BMGS führt dabei aus, dass Krankenhausrechnungen den Anforderungen des § 17c V KHG genügen müssen, also eine Angabe der abgerechneten DRG als Code und als Klartext enthalten müssen und genauso die Angabe aller abgerechneten Diagnosen und Prozeduren.

    Daneben hat der Patient gemäß § 8 VIII KhEntgG einen Anspruch auf einen Kostenvoranschlag.

    Bei Beachtung der gesetzlichen Vorgaben dürfte eigentlich nichts mehr schief gehen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Mährmann