Kodierung einer Borrelienmyokarditis

  • Hallo Forum,
    wir benötigen Hilfe.
    Bei einer Patientin wurde eine Borrelien induzierte Myokarditis diagnostiziert. Eine Neuroborreliose wurde ausgeschlossen.
    Wie können wir diese Diagnose kodieren?
    Vielen Dank für Ihre Vorschläge.

  • Halli, hallo,

    da muss ich Frau Katze ausnahmsweise mal widersprechen. A39.5 ist erstens ein mit + versehener Sekundärkode und bezieht sich zweitens nur auf die Meningokokkenmyokarditis. Korrekt wäre meines Erachtens A69.2 - Lyme-Krankheit mit I41.2* - Myokarditis bei sonstigen andernorts klassifizierten infektiösen und parasitären Krankheiten.

    aus dem herbstliche Westfalen

    grüßt H. Staender :baby:
    Oberarzt Pädiatrie

  • Guten Tag liebes Forum,

    die Myokarditis ist hier offensichtlich die Hauptdiagnose.
    Die Erreger (Borrelien) können lassen sich momentan noch nicht über einen Code von B95- B97 korrekt abbilden.

    Daher: HD I51.4 und B96.88! als Sekundärcode.

    M.f.G.
    Steffen

  • abend!

    zwei Möglichkeiten, m.E. gleichwertig, aber eine von denen ohne Splitmöglichkeit und daher ohne die Möglichkeit, unterschiedliche Schweregrade abzubilden.

    I40.0+ B96.88! führt in F75A/B/C

    A69.2+ I41.0* führt in T64Z

    Ich würde die erste Alternative bevorzugen.
    Die Situation ist aber denke ich typisch für das m.E. immer noch unausgereifte System, dass hier zwei gleichrangige Möglichkeiten bestehen. Denn die zweite Variante ist spezifischer in Bezug auf den Erreger, die erste Variante beschreibt die Tatsache der Myokarditis besser und macht - wie schon erwähnt - die Abbildung von erschwerenden Faktoren möglich.

    Was sagt der Chef?

    jetzt reichts aber, \'znächtle wie der Schwabe sagen würde!

    mr

    M.Rost

  • Hallo, ich weiss zwar nicht, was der Chef dazu sagt (wer ist das überhaupt?), aber dieses Beispiel und die hier geäußerten Meinungen zeigen mal wieder, wie schwierig die korrekte Kodierung ist, und dass die ICD-10 als Grundlage eines Abrechnungssystems viel zu kompliziert ist. Ausserdem ignorieren die deutschen Grouper-Algorithmen beharrlich die Kreuz-Stern-Systematik und berücksichtigen nicht den Stern-Kode zu einer Hauptdiagnose bei der Ermittlung der MDC (Hauptdiagnosengruppe). Das führt nicht nur in diesem Fall zu nicht sachgerechten DRG-Zuordnungen.
    Allerdings ist die Lösung des geschilderten Kodier-Problems eindeutig möglich: Hauptdiagnose kann nichts anderes als A69.2 Lyme-Krankheit sein. Alle spezifischen Infektionen (wie z.B. auch Salmonellose, Tuberkulose, Syphilis etc.) sind im Kapitel 1 der ICD-10 aufgeführt, so eben auch die \"sonstigen\" Spirochäteninfektionen.
    Der Sekundärkode B96.88 ist daher grundsätzlich falsch, es wird auch niemals einen anderen Sekundärkode für den Borrelien-Nachweis geben, da ja diese Infektionen nicht in einem \"anderen\" Kapitel (also in einem anderen als dem Kapitel 1) klassifiziert ist.
    Um die Manifestation abzubilden, wird ein Stern-Kode benötigt, bei einer Myokarditis also I41.0 Myokarditis bei anderenorts (nämlich im Kap. 1) klassifizierten bakteriellen Krankheiten. I41.2 ist nicht korrekt, da Borrelien den Bakterien zugerechnet werden, mit I41.0 also ein spezifischerer Kode zur Verfügung steht.
    Somit ist T64Z abzurechnen, bei Nebendiagnosen und Komplikationen leider die ungünstigere Situation gegenüber F75A/B.
    Grüße aus Berlin

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin

  • Abend!

    Als Internist sehe ich das etwas anders als Herr Bartkowski.
    A69.2 - Lyme-Krankheit, mit ausdrücklichem Inklusivum Erythema chronicum migrans, ist für meine Begriffe nicht deckungsgleich mit einer isolierten Myokarditis, und führt völlig unterschiedliche Manifestationen (Neuritis, Arthritis, Myokarditis) mit unterschiedlichen Kostenstrukturen in ein und dieselbe DRG, während ich mit I40.0 und B96.88! eben die Myokarditis beschreibe mit den dazugehörigen Kostenstrukturen, die ja anders sind als bei einem Erythema chronicum migrans, einer Neuroborreliose oder anderen Manifestationen.
    Übrigens wird sich die Gewichtung in 2006 umdrehen, d.h. T64Z wird höher gewichtet sein als F75C (diese DRG entsteht im kommenden Jahr bei Fehlen von gravierenden Komplikationen anstelle von F75B ).

    Zur Chef-Frage: Ich habe immer Herrn Selter (ohne 2.\"s\") hier als Chef erlebt.

    Schönen Tag der Einheit wünscht

    M.Rost

    M.Rost

  • Beim Durchlesen meiner letzten Stellungnahme stelle ich fest, dass ich im Prinzip dieselbe Meinung wie Herr Bartkowski äußere (nicht sachgerechte Zuordnung durch Kreuz-Stern-System), nur eben die Folgen daraus anders interpretiere, und zwar aus dem Prinzip heraus, möglichst spezifisch zu kodieren. Und da ist die Myokarditis einfach für meine Begriffe die spezifischere Diagnose als die Lyme-Borreliose.
    Aber es ist wirklich das Kreuz mit dem Kreuz-Stern-System, das ja insbesondere auch z.B. beim Diabetes zu ständiger Verwirrung führt.

    M.Rost

  • Hallo Herr Rost,
    es ist keine Frage des Fachgebietes, sondern einzig der klassifikatorischen Grundprinzipien der ICD-10, die hier zur richtigen Kodierlösung führen. Meinem Beitrag kann ich eigentlich nur noch hinzufügen, dass auch die in der ICD-10-Systematik gelisteten Beispieldiagnosen nicht mißverstanden werden dürfen! Es bedeutet lediglich, dass auch ein Erythema chronicum migrans mit A69.2 kodiert wird, nicht aber der Umkehrschluss, dass es eine zwingende Voraussetzung für diesen Kode ist. Die klinisch relevante Information steckt im Sternkode. Die ICD-10-Systematik ist da schon recht ausgefeilt, aber leider wenig praxistauglich. Erforderlich wäre eine neue Generation von Kodiersoftware und eine intelligente Modifikation der Gruppierungsalgorithmen.
    Mfg

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin

  • ...für alle Myokarditiden durch unspezifische Erreger, z.B. Staphylokokken oder Influenza-Virus! Dann ist I40.0 der korrekte (Haupt-)Diagnosenkode, als Sekundärkode ist ein Kode aus B95.- bis B97.- anzugeben.

    Noch einen schönen Feiertag!

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin