Fallzusammenlegung wegen Komplikation

  • Liebe Leser - bin neu und suche Argumentationshilfe gegenüber dem MDK.

    Eine 82jährige Pat. wird wegen akutem Infarkt aufgenommen. Bei Begleiterkrankungen resultiert die F60B, Entlassung erfolgt nach 11 Tagen. 1 Tag später wird die Pat. im kardiogenen Schock aufgenommen, wird beatmet, es wird ein akuter Reinfarkt diagnostiziert. Resultierende DRG: F40A.
    Der MDK fordert mit folgender Begründung die Zusammenlegung: Es handelt sich um eine Wiederaufnahme wegen Komplikation, da der nicht-transmurale Infarkt ein hohes Risiko für einen transmuralen Infarkt nach sich zog. Jetzt wörtlich: \"Der - durchaus vertretbare - Verzicht auf eine weiterführende Diagnostik hatte als Komplikation den dann transmuralen Hinterwandinfarkt zur Folge\".
    Ich bin etwas schockiert ob solch einer Argumentation. Wie am besten vorgehen?
    Vielen Dank für jede Hilfe

  • Hallo Forum,

    dies scheint eine juristische Frage zu sein. Wenn ein haftungsrechtlicher Anspruch des Patienten resultiert (egal warum, oft sind\'s ja auch nur Dokumentationsmängel), dann ist der Gedanke einer Komplikation aufgrund von Unterlassung (Unterlassung der Coro ? - darüber sagen Sie nichts) sinnvoll.

    Umgekehrt ist es leider nicht so einfach: Wenn kein haftungsrechtlihcer Anspruch resultiert, kann es immer noch eine Komplikation in der DRG-Welt sein. Mit Komplikation ist im DRG-Kontext aber immer gemeint, dass Ereignisse auftreten, die eine Folge der Behandlung sind. Der gesamte ICD ist voll von den Termini \"Komplikation nach medizinischer Maßnahme\".

    Ein Re-Infarkt nach lege artis durchgeführter Therapie ist weder medizinisch noch juristisch (würde ich als iur.Laie sagen) eine Komplikation. Eine lege artis durchgeführte Therapie kann bei einer 82j Patíentin die Coro, die Lyse oder auch die systemische Antikoagulation sein (iv Heparin, vielleicht auch Aggrastat o.ä.)

    Triebe man die Argumentation des MDK weiter, so müßte jedes Rezidiv z.B. einer akuten Pankreatitis (egal ob äthyltoxisch oder vielleicht béi Pankreas divisum) als Komplikation zu werten sein.

    Wenn die das wirklich ernst meinen, sehe ich mich in meiner Kritik an den Auswüchsen der KK-Argumentation (an anderer Stelle) leider bestätigt. Aus reinem Kostenopportunismus den Unterschied zwischen Komplikation und Rezidiv umzudefinieren, ist schon ein starkes Stück. Solche eskapaden helfen wirklich nicht, langfristig dieses System zu reformieren - denn das setzt guten Willen und Kooperation auf beiden Seiten voraus.

    Grüße von der Ostsee - schöner Herbsttag.

    Dr. med. Christoph Bobrowski, M.Sc.

  • Zitat


    Original von bobrowski:

    Ein Re-Infarkt nach lege artis durchgeführter Therapie ist weder medizinisch noch juristisch (würde ich als iur.Laie sagen) eine Komplikation. ...
    Triebe man die Argumentation des MDK weiter, so müßte jedes Rezidiv z.B. einer akuten Pankreatitis (egal ob äthyltoxisch oder vielleicht béi Pankreas divisum) als Komplikation zu werten sei.

    Guten Abend,

    ich bin auch ziemlich platt über die Unverfrorenheit (mancher würde vielleicht \"Einfallsreichtum\" dazu sagen) der begutachtenden MDK-Kollegen.
    1. Komplikation ist nach meinem Verständnis die direkte Folge einer medizinischen Maßnahme (in die Femoralis stechen - Hämatom ausräumen müssen, in die Bauchdecke schneiden - später Eiter aus der Laparotomiewunde löffeln usw.).
    2. Alle weiteren Deutungen haben, wie von Herrn Bobrowski schon angedeutet, deutliche Verwandschaft zum Haftungsrecht. Dabei möchte ich im Moment mal nicht davon ausgehen, das die Kostenträger auf dieser Schiene argumentieren wollen. Dies brächte ein komplett neue Schärfe in die schon ohnehin teils abartige Situation.
    3. Wir haben in diesem Zusammenhang schon öfter (schönes Beispiel: rezidivierend dekompensierende COPD) den Disput ausgetragen. Praktischer Rat an dieser Stelle: Sehen Sie zu, daß Sie den Entlaßbefund sorgsam zusammenstellen. Wenn der alte Patient weitestgehend beschwerdefrei entlassen wurde und Sie dies auch anhand der Akte belegen können, haben Sie sicher gute Chancen. Vielleicht gibt es ja ein Echo mit einer halbwegs guten EF ??
    Dann hat der Patient ja belegterweise seine KHK und daß so etwas auch mehrmals oder gar kontinuierlich zu einem Problem werden kann und eine längere Freundschaft begründet, muß ja nicht extra betont werden.

    Gruß aus DU
    Dr. med. Andreas Sander
    Evangelisches und Johanniter
    Klinikum Niederrhein

  • Vielen Dank, hat mich beruhigt, dass ich das nicht allein ganz absurd fand. Haftungsrechtlich ist es natürlich kein Problem - es wurde alles lege artis durchgeführt, abgewogen und dokumentiert. Dies wird vom MDK-Kollegen ja auch akzeptiert (er schreibt ja, dass der Verzicht auf eine weiterführende Diagnostik - er meint Coro - \"durchaus vertretbar\" war).
    Na, ich bin gespannt, was rauskommt.
    Gruß, M. Ritter