Hauptdiagnose Harnwegsinfektion oder Harninkontinenz ?

  • Hallo Forum,

    ich bitte mal um allgemeine Rückmeldungen zu folgendem Problem:

    Patient wird wegen einer Inkontinenz zur Einlage eines suprabubischen Blasenfistelkatheters eingewiesen (Grundsätzlich war die stationäre Aufnahme auf Grund von Nebenerkrankungen med. i.O.).
    Zur Einlage kam es aber nach Überprüfung der Harnblasenkapazität nicht. Stattdessen wurde im Verlauf der stationären Behandlung eine Harnwegsinfektion und eine chronische Zystitis diagnostiziert und entsprechend behandelt.

    Was ist HD?

    M.E. müsste doch die Inkontinenz gemäss D002d Hauptdiagnose sein, da diese doch für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes verantwortlich ist oder gibt es andere Meinungen?
    Das Krankenhaus argumentiert, dass zwar die Harninkontinenz für die stationäre Vorstellung verantwortlich war, eine andere Diagnose aber weit in den Vordergrund rückte und deshalb als HD anzugeben ist. Desweiteren gibt das Krhs an, dass die Harninkontinenz im Wesentlichen durch die chronische Harnwegsinfektion und Pyocystis bedingt ist.

    Wer hat Recht bzw. wer könnte Recht haben?

    Für Rückmeldungen vielen Dank im voraus.

    Mr. Freundlich

  • Hallo Mr Freundlich,

    meiner Meinung nach handelt es sich hier um einen klassischen Fall von

    Zitat


    DKR D002d:
    Wenn sich ein Patient mit einem Symptom vorstellt und die zugrunde liegende Krankheit zum Zeitpunkt der Aufnahme bekannt ist und behandelt wird bzw. während des Krankenhausaufenthaltes diagnostiziert wird, so ist die zugrunde liegende Krankheit als Hauptdiagnose zu kodieren.

    .. also die Harnwegsinfektion. Ob initial eine Maßnahme geplant war, die dann nicht durchgeführt wurde, ist in diesem Fall irrelevant.

    Viele Grüße!

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

  • HalloMr. Freundlich,

    meiner Ansicht nach greift in diesem Fall DKR D007a \"Aufnahme zur
    Op., die nicht durchgeführt wurde...\".

    HD: R32 (Inkontinenz)
    ND: Z53 (Personen, die Einrichtungen des Ges.-Wes.aufgesucht haben,
    die aber nicht durchgeführt wurden)
    ND: N39.0 und/oder N30.0 (HWI und/oder Zystitis)

    Viele Grüße von PeKnu

    :roll:

  • Hallo Forum,
    Hallo Leonhardt und PeKnu (übrigens Herzlich Willkommen im Forum),

    auch wenn ich hoffentlich noch mehr Rückmeldungen erhalte, sind hier genau die widersprüchlichen Ansichten, die auch bereits im Vorfeld auftraten, erneut aufgetreten.

    Vielleicht kann mir ja mal ein Urologe oder jeder andere medizinisch bewanderte Forumsteilnehmer bei der Frage auf die Sprünge helfen, ob denn medizinisch überhaupt ein unmittelbarer Zusammenhang im Sinne von Grunderkrankung und Symptom zwischen HWI/Pyocystis und Inkontinenz besteht.
    :sterne:

    Für weitere Infos schon mal vorab vielen Dank!

    Mr. Freundlich

  • Hallo zusammen,

    wichtig erscheint mir, ob denn die Behandlung des Harnwegsinfektes die Symptomatik der Inkontinenz verbessert hat. Sollte es sich um eine Urge- (Drang-) inkontinenz gehandelt haben, kann man davon ausgehen, dass ein Harnwegsinfekt die Symptomatik deutlich verstärkt. Eine Infektbehandlung würde damit auch die Inkontinenz günstig beeinflußen. (Eine Urgeinkontinenz läßt sich allerdings nur sicher durch eine Urodynamische Messung nachweisen)
    Damit würde die Inkontinenz HD bleiben und die Z53 zusätzlich mit der Infektkodierung resultieren. :)

    MfG Wilhelm Lambertus (FA für Urologie/Medizincontroller)

    Moin, moin!

    \"Ick bün al weer dor\" :b_wink:

  • Guten Abend liebes Forum,

    auch hier scheinen sich wieder zwei DKR zu widersprechen.
    Mir erscheint fraglich, ob die DKR D007a auch für Symptome Anwendung finden soll. Rein formell trifft dies zu, da kein Ausschluss genannt wird.


    Damit wäre nach DKR D007a die Inkontinenz HD.

    Nach DKR D002d wird allerdings bei einem Symptom (und dies ist die Inkontinenz als R32 unstrittig) die zugrundeliegende Erkrankung Hautpdiagnose. Da medizinisch gesehen die Inkontinenz durchaus aus einer Zystitis resultieren kann, wäre nach D002d die Cystitis HD.

    Fraglich bleibt, welche der beiden DKR nun herangezogen werden soll. Ich habe wegen eines ähnlichen Falles gerade eine Anfrage ans INEK gestellt und werde berichten, wie hier generell die Problematik bei zwei gegensätzlich zutreffenden DKR behandelt wird.

    Viele Grüße

    valdobbiadene

  • Hallo,

    zunächst ist es richtig, wenn das Krankenhaus bei Entlassung in Übereinstimmung mit den DKR retrospektiv (DKR 002d) entscheidet, welche HD gewählt werden muss.
    Wenn die Ursache der Inkontinenz eine Pyurie war, ist die HD der HWI.
    Ein HWI kann sehr wohl der alleinige Grund für eine Inkontinenz sein.
    Warum das der einweisende Arzt nicht gemerkt hat, ist eine 2. Frage und für das Krankenhaus ohne Bedeutung.
    Bestand die Inkontinenz weiterhin, also auch nach HWI-Therapie, z.B.bei Entlassung oder über 7 Tage, so muss sie kodiert werden. Die Frage ist dann, ob als HD oder als ND. Dann steht es im Ermessen des behandelnden Arztes zu entscheiden, welche Diagnose der Definition der HD besser entspricht (DKR 002d). Ganz frei ist er allerdings mit seiner Entscheidung nicht, da der Arzt dann diejenige Diagnose wählen muss, die die größeren Ressourcen verbraucht hat (DKR 002d). Gemeint ist hier sicher nicht eine centmäßige Erfassung, sondern aus dem Bauch heraus. Da sich das Krankenhaus offensichtlich mit der ganzen Tragweite des Falles auseinandergesetzt hat, sollte man hier einfach die vom Krankenhaus veranlaßte Kodierung akzeptieren.

    War die Inkontinenz mit der HWI-Therapie verschwunden und bestand die Inkontinenz weniger als 7 Tage und wurde der suprapubische Katheter nicht angelegt, dann entfällt die Kodierung der Inkontinenz sowohl als HD als auch als ND.


    Gruß aus Bad Wildungen
    bdomurath

    B.D.