Encephalitis oder T14.9

  • Hallo forum,
    folgender Fall:
    eine Pat. mit bekannter chronisch progredienter MS (lt. Neurologin), in deren Rahmen sie immer wieder stürzt, wird durch den Rettungsdienst zum Ausschluß einer Fraktur eingeliefert.

    Kodierung HD duch Klinik: G35.10 (Encephalitis disseminata mit vorwiegend schubförmigem Verlauf, ohne akute Exacerbation).
    Kodierung HD lt. MDK: Commotio cerebri.

    Darauf Widerspruch durch Klinik, da kein Mensch in der gesamten Akte diesen Begriff verwendet und es auch klnisch keinen Anhalt dafür gab. Die Pat. wurde vielmehr nach Frakturausschluß wegen des AZ in die Innere verwiesen und nicht nach Hause entlassen. Aus chirurgischer Sicht bestand keine stat. Behandlungsnotwendigkeit.

    Im Widerspruchsverfahren kommt der MDK zum Ergebnis:
    Commotio ist nicht HD, sondern die T14.9 (Verletzung, nicht näher bezeichnet?).

    Das hier ein kleiner Unterschied in den RG besteht, hat sicher bei der Beurteilung keine Rolle gespielt :d_zwinker: .

    Hat jemand ähnliche Erfahrungen?

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Guten Tag Herr Horndasch!
    Ganz offensichtlich ist in diesem Fall der Sturz ein Symptom der MS. Sie kodieren also gemäß D002d. Falls die MS behandelt wurde (unter \"Behandlung\" würde ich in diesem Fall auch z.B. Liquor- oder MRT-Diagnostik verstehen), wird diese zur Hauptdiagnose. Falls nur die Schädelfraktur ausgeschlossen wurde wird das Symptom \"Sturz\" HD und die MS ND. Der Sturz wird tatsächlich mit T14.9 kodiert.

    Der korrekte Code für die MS ist übrigens in diesem Fall G35.20 oder G35.30.

    Viele Grüße!

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    habe leider keine Zeit, um hier richtig einzusteigen, aber:

    Mal die MS weggelassen. Wenn nur anamnestisch \"Sturz\" ohne jedwede Verletzung vorlag, muss man auch die Z03er (siehe die DKR) in Betracht ziehen. Ein blauer Fleck wäre dann eine Prellung, usw. ......

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Danke für die Antworten,

    Zitat


    Original von Leonhardt:

    Der korrekte Code für die MS ist übrigens in diesem Fall G35.20 oder G35.30.

    und auch für die Belehrung (überhaupt nicht ironisch gemeint!).

    Nur zur weiteren Erläuterung:
    die Klinik argumentiert:
    Die Patientin wurde durch den Rettungsdienst eingeliefert, nachdem sie am Vortag vermutlich gestürzt sei. Wegen eines Haematoms im Bereich des Jochbeines links und Schmerzen im Bereich der Nase wurde sie zum Ausschluß einer Nasenbeinfraktur eingeliefert.

    Mittels einer Röntgenuntersuchung konnte eine Fraktur des Nasenbeines ausgeschlossen werden. Zusätzlich bestand eine Epistaxis unklarer Genese, die mittels Nasentamponade versorgt wurde. Zur Abklärung der Verschlechterung des Allgemeinzustandes erfolgte nach der Erstversorgung die Weiterleitung in die internistische Abteilung und dort die Aufnahme zur stationären Diagnostik der Verschlechterung des Allgemeinzustandes.
    Ob definitiv ein Sturz stattgefunden hat, läßt sich der Anamnese und den Aufnahmedatensätzen (Rettungsdienst, Chirurgische Abteilung) nicht zweifelsfrei entnehmen.
    Die zur Aufnahme führende Problematik wurde deshalb auch dem konsiliarisch tätigen Neurologen vorgestellt. Hierbei wurde die zur Aufnahme führende Symptomatik als akuter Schub einer bekannten chronisch-progredienten Enzephalomyelitis dissiminata klassifiziert und die Verlegung in eine neurologische Spezialklinik zur Durchführung einer Interferonbehandlung oder einer ähnlich spezifischen Therapie empfohlen. Wegen Incompliance erfolgte die erforderliche Verlegung nicht.

    Im stat. Verlauf dann unter symptomatischer Therapie langsam Besserung des AZ´s. Eine vorhandene Anämie wird mit 2 Erykonzentraten ausgeglichen.

    Soweit die Sachlage.
    Meine Sicht: Symptom ist der schlechte AZ, (denn wegen der Prellung wäre sie von den Chirurgen wieder nach Hause geschickt worden), und der ist nicht nur auf die Anämie (die sich erst im Verlauf nach Rehydrierung entwickelte) zurückzuführen. Zugrundeliegende Krankheit ist die MS. Gemäss der DKR wäre dann der schlechte AZ als behandeltes Symptom die HD, da der Ressourcenverbrauch bezüglich der MS sich nur auf Diagnostik und nicht auf Therapie beschränkt - aber doch nicht die unspezifische T14.9.

    Oder habe ich eine Denkblockade?
    :sterne:

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Herr Hondrasch,

    Mit der T14.9 habe ich so meine Bedenken, da der Sturz hier nur über den Thesaurus definiert ist. Sofern er stattfand ist die den Sturz verursachende Erkrankung zu codieren. So wie Herr Leonhardt beschrieb die MS. Ob als HD oder ND müssen Ihre Unterlagen ergeben, denn die Patientin wurde augenscheinlich infolge des schlechten Allgemeinzustandes stationär aufgenommen. Als ND auf jeden Fall, denn eine nachgewiesene MS wird lebenslang behandelt. Ein schlechter Allgemeinzustand, Anaemie usw. sind auch erst einmal Symptome mindestens einer anderen Erkrankung, die dann eine Rolle spielt. Die Epistaxis kann auch diverse auch internistische Ursachen haben. Nur wenn wirklich keine Ursachen gefunden werden können, wären die Symptome an sich zu codieren. Zur Jochbeinprellung hat schon Herr Selter etwas gesagt. Achten Sie durchaus auch auf Medikamentengaben; jede hat eine Indikation und wäre als behandelte Diagnose zu betrachten. Ich glaube aber hier liegen wohl eher internistisch neurologische Probleme im Bereich der Wahrscheinlichkeiten, sodass ich die Diskussion lieber in fachkundigere Hände geben möchte.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin