• Liebes und geschätzes Forum,

    seit Januar diesen Jahres haben wir ein med. Controlling eingeführt. Sehr spät, wohl auch deshalb, weil die MDK-Anfragen und auch die Rückzahlungen wegen falscher Kodierungen Überhand nahmen und man erst einmal Personal sparen wollte.
    Ich bin nun der Glückliche, der es machen darf. Hab mich freiwillig gemeldet (halbe Stelle als Med.-Controller), damit überhaupt ewas passiert. Vorher war ich DRG-Beauftragter meiner chir. Abteilung. Ach ja, ich bin Chirurg.
    Voller Begeisterung habe ich begonnen, die Mißstände zu analysieren, und, oh Wunder! Ursache des Chaos war die Tatsache, dass die Ausbildung der Kodierenden grottenschlecht war. Also habe ich geschult, was das Zeug hält(86% der Ärzte). Auf die Früchte warte ich immer noch.
    Zu meiner Unterstützung wurden MDAs eingestellt, zwei an der Zahl bei 14000 Fällen im Jahr.
    Insgesamt läuft es ganz schlecht. Aus Kollegen wurden Gegner. Jetzt haben wir ja den eigenen MDK im Haus! War noch harmlos.
    Ich habe große Lust, Alles hinzuschmeissen. Nur dann wird es für die Kliniken auch schwierig und einige Arbeitsplätze (300) stehen auf den Spiel.
    Nun aber meine Frage :
    Hier sind so viele Freaks versammelt, denen es auch nicht in den Schoß fiel. Wie bekommt man es hin, dass ein Controlling schnell und gut funktioniert und man gleichzeitig nicht der Feind im eigenen Haus wird? Wie sollte denn ein Med.-Controlling für 14.000 Pat. ausgestattet sein?

    :sterne: :sterne:

    schnippler2
    Med. Controller/Chirurg

    • Offizieller Beitrag

    Hey, Herr Schnippler2,

    jetzt muss ich doch vom Jauch weg, um Ihnen was Aufmunterndes fürs Wochenende hinzulegen... :)

    3 Dinge in aller Kürze:
    1. bei der FA-Ausbildung haben Sie auch nicht nach drei Monaten aufgegeben.
    2. Vorgehen m. E. richtig, wurde dabei die persönliche Ebene zu den bisherigen Kollegen vielleicht etwas vernachlässigt ? Alles wird gut, da müssen die durch, wenn\'s Haus weiterleben soll. Würde ich so kommunizieren. Der direkte Weg ist meist der verständlichste.
    3. Nicht hinschmeißen, weitermachen, die allgemeine Stimmung ist gerade durch die Bürokratiediskussion ein wenig - sagen wir - ungünstig.

    Kopf hoch und durch.

    Gruß
    B. Sommerhäuser

  • Guten Abend,

    ich möchte mich Herrn Sommerhäuser anschließen und Sie zunächst ermuntern, den Kopf nicht hängen zu lassen. Bei uns ist im Jahr 2003 das MedCo als One-man-Show gestartet, gleichzeitig zur Frühoption und für 40.000 stationäre Fälle. Natürlich kam sofort der Vorwurf, man habe \"die Seite gewechselt\", \"den Kittel gegen die Krawatte getauscht\" und was es sonst noch an hilfreichen Bemerkungen so gibt. Verwaltungsseitig war auch schon mal zu hören: \"Wir dachten, Sie sind jetzt einer von uns?\" als Ausdruck des offensichtlich unüberwindbaren Blockdenkens im hochmodernen deutschen Krankenhaus.
    Ich kann nur dazu raten (kann sein, daß so etwas heute noch etwas schwieriger ist als vor drei Jahren), weniger Kraft in die Detailerläuterungen zum System zu stecken, denn nach meiner Einschätzung kann man das ohnehin kaum noch jemandem begreiflich machen. Vielmehr sollte man reden, reden, reden über die grundsätzlichen Zusammenhänge und gleichzeitig anhand konkreter Zahlen erläutern, was das für das KH bedeutet. Dies steht im engen Zusammenhang mit der Entwicklung eines halbwegs aussagekräftigen Berichtswesens. Da bietet sich unbedingt der Schulterschluß mit den kaufmännischen Kollegen an, da die klassische Kosten- und Leistungsrechnung im Krankenhaus zumeist auch ein inhaltliches Update gut vertragen kann. Wenn Ihre Kollegen merken, daß man mit den Informationen auch etwas anfangen kann, wird es irgendwann leichter.

    Zitat


    Original von schnippler2:

    Wie sollte denn ein Med.-Controlling für 14.000 Pat. ausgestattet sein?

    Bei uns sind inzwischen 5,5 VK plus gelegentlich Praktikanten o.ä. im Einsatz. Bei vernünftig organisierter Arbeitsteilung mit dem klassischen Controlling und insbesondere mit der Patientenverwaltung (Anfragen, MDK-Gutachten) sowie mit der FiBu (Forderungsmanagement) kommt man ganz ordentlich zurecht.

    Wichtig: Sie haben einen Pfadfinder-Job angetreten, der im Anfang stressig sein muß. Wenn Sie das durchhalten, können Sie den Kollegen irgendwann die Arbeit erleichtern und das merken die dann auch gelegentlich. Sie müssen nicht zum Feind werden, wenn Sie nicht von Anfang an alles und jeden kritisieren. Da hilft Geduld, auch wenn es schwer fallen mag.

    Gruß aus DU
    Dr. med. Andreas Sander
    Evangelisches und Johanniter
    Klinikum Niederrhein

  • ®Hallo,

    ich habe mich vor einigen Jahren bewußt zu dem Schritt in die Administration entschieden und durch eine entsprechende berufsbegleitende Ausbildung gezielt darauf hin gearbeitet.

    Die von Ihnen beschriebenen Probleme kenne ich nur zu gut.

    Der (zugegebenerweise schon etwas abgedroschene) Witz: \"Was ist der Unterschied zwischen Controllern und Terroristen?\" - \"Terroristen haben Sympathisanten\" hat durchaus einen realen Hintergrund und tröstet mich gelegentlich über vieles hinweg.

    Viele praktisch tätige Kollegen wollen einfach nicht begreifen, daß die Zeit der vollen Kassen vorbei ist und sie sich der aktuellen Situation anpassen müssen, wenn das Krankenhaus (und damit ihr Brötchengeber) überleben soll.
    Man kann über die Ursachen dieses Verhaltens trefflich diskutieren, aber das macht an dieser Stelle sicher keinen Sinn.

    In unseren Häusern wurde Medizincontrolling Ende letzten Jahres mit einer 10-Stunden-Stelle eingeführt und seit Januar bin ich jetzt vollzeitlich Chief Master of Desaster.
    Schnell funktioniert in einem Krankenhaus meiner Meinung nach erstmal garnichts - da sind schon Institutionen wie Verwaltung und / oder Ärzte und / oder Betriebsrat..... (Liste nach Belieben fortführen) davor.

    Ich bin hier momentan kräftig am rumstänkern, um erstmal sowas wie Struktur reinzubringen und auf wundersame Weise schrecken einige Kollegen jetzt aus dem Winterschlaf hoch und es bewegt sich etwas.

    Lassen Sie sich von der Engstirnigkeit einiger Kollegen nicht entmutigen - es ist nicht jedem gegeben, komplexe Zusammenhänge zu begreifen (und das habe ich bewußt böse formuliert). Und machen Sie nicht den gleichen Fehler wie ich am Anfang, indem sie sich auf Nebenkriegsschauplätzen festnageln lassen. Schaffen Sie sich erstmal Strukturen und Freiräume, in denen Sie arbeiten können. Und vor allem: Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen.

    Ich wünsche Ihnen viel Glück und vor allem ein dickes Fell.

    N.


    Edit: Tippfehler - diese Tastatur treibt mich in den Wahnsinn...

    \"Steinigt ihn, er hat ´Jehova´ gesagt!\"