Hauptdiagnose Thoraxtrauma

  • Hallo Forum,

    möchte hier noch mal vor dem Wochenende eine Frage bezüglich HD mit der Bitte um andere Meinungen loswerden.

    15 j. Knabe springt auf Schaukel, stürzt runter gegen Pfeiler, prellt sich Hüfte, Schulter und Thorax. Da er ca. 5 min nach Unfall Blut spuckt erfolgt Notarzt in KH.
    Hier keine Hämoptoe mehr, kein Nachweis einer Lungenkontusion im Rö-Thorax. Subjektiv gutes Befinden daher auch kein CT. Schmerzen beim Luftholen retrosternal- schnell rückläufig. Keine nachweisbaren Verletzungen im Mundbereich, Lippenbiß oder Zungenbiß.
    Zusätzlich alte Radiusfraktur gefunden und eingegipst- ca. 3 Wochen alt.

    Zunächst Hämoptoe R04.2 kodiert, dann MDK Gutachten: R04.2 ist Symptom der Thoraxkontusion und außerdem nicht mehr aufgetreten - im KH. Daher muss die S20.2 als HD kodiert werden. Im Schreiben des MDK werden die Begriffe Thorax- und Lungenkontusion nicht exakt auseinandergehalten. Anmerkung Klinik- ist korrekt Prellung, aber da Bluthusten war, muss Lungenkontusion vorgelegen haben, ansonsten wäre Hämoptoe nur bei Thoraxprellung nicht möglich.

    Nach DKR ist die Diagnose HD die zur stat. Aufnahme usw. - war das nicht die Hämoptoe? Wäre denn eine S20.2 ohne Bluthusten aufgenommen worden? Wohl eher nicht.
    Das Symptom ist nur zu verschlüsseln, wenn die zugrund liegende Erkrankung nicht bekannt ist. Lungenkontusion nicht nachweisbar also nicht HD. Orale Verletzungen nicht beschrieben- also auch nicht Ursache. Führt allein eine Thoraxprellung, die unzweifelhaft vorlag
    hier zur Hämoptoe? Sollte nicht doch die R04.2 HD sein?

    Danke für die Mitarbeit im voraus und schönes Wochenende.

    Uwe Neiser


  • Toll. Wenn ich der Argumentation des MDK folge, dann kann ich mich also bewußtlos vom Notarzt in die Klinik fahren lassen, gemeinerweise vor Erreichen der Notaufnahme wieder aufwachen und das war´s dann??

    LLetztlich ist es doch wohl vor allem die Haemoptoe gewesen, die den Notarzteinsatz bewirkt und den Kollegen veranlaßt hat, den Patienten ins KH einzuweisen. Daß man in der Gesamtschau einen solchen Patienten nicht sofort entläßt, sondern ex ante stationär aufnimmt, sollte nachvollziehbar sein (wobei ja wohl auch niemand die stationäre Notwendigkeit anzweifelt).

    Neben der Lungenkontusion und Verletzungen im Mundbereich liegt auch noch die Möglichkeit nahe, daß irgendwo im Bronchialbereich ein Gefäß gerissen ist und vor dem Zukoagulieren etwas Blut von sich gegeben hat. Natürlich kann auch eine offene TBC vorliegen oder ein Lungen-Ca.

    Der Möglichkeiten sind viele - allerdings ist die Möglichkeit, die ich nun am wenigsten als geeignet ansehe, um einen \"Bluthusten\" (im weitesten Sinne) zu verursachen, eine Thoraxprellung.

    Mit letzterer alleine wäre wohl (insbesondere bei einem offenbar recht rüstigen und widerstandsfähigen 15-Jährigen; siehe Armbruch)auch kein stationärer Aufenthalt zu begründen gewesen.

    Somit sehe ich als Grund für den stationären Aufenthalt die Hämoptoe, für die keine Ursache eruierbar ist und die somit als HD zu schlüsseln ist.

    Schönes Wochenende noch (jetzt aber wirklich!)

    N.

    \"Steinigt ihn, er hat ´Jehova´ gesagt!\"

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen,

    so ganz kann ich dem nicht zustimmen. Wenn Sie eine Kontusion schon mal auf den Röntgenbildern vermuten und den Patienten deswegen auch primär überwacht haben, liegt zumindest mal eine Verdachtsdiagnose nach DKR vor (Überwachung muss hier als Komponente einer Therapie gewertet werden). Wenn dann also das Blut im Sputum als Symptom der Kontusion gewertet wird, ist diese HD. Außerdem ist hier ggf. die DKR 1911a zu beachten.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Guten Morgen Herr Selter,

    also die DKR 1911a hilft hier nicht weiter, die Mehrfachprellungen spielen eine untergeordnete Rolle im subjektiven Beschwerdekomplex. In der AKte wird lediglich die Schmerzsymptomatik im Sternumbereich als relevant geschildert.
    Eine exakte Abgrenzung zwischen Thorax- und Lungenkontusion finde ich in der Literatur nicht wirklich. Zur Lungenkontusion gibt es vieles, aber alles viel schwerere Symptomatik.
    Im Prinzip ist ja eine Lungenkontusion eine schwerer Ausprägung einer Thoraxprellung- sozusagend spezifischer.
    Blut im Sputum findet sich im KH nicht mehr.
    Natürlich ist die Argumentation Verdachtsdiagnose und Aufnahme zur \"Überwachung\", aber Z Diagnosen sind ja wenig sinnvoll, noch das sinnvollste.
    Das Problem liegt sicher darin, das Hämoptoe und lungenkontusion das doppelte RG ergeben zur Thoraxprellung.

    Mfg

    Uwe Neiser


    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen Herr Neiser,

    ich habe nicht richtig gelesen, da ich auf dem Sprung in die Frühbesprechnung war. Ich las \"Lungenkontusion\" und nicht \"keine Lungenkontusion\". Da verhält es sich dann anders. Allerdings muss ich sagen, dass ich weiterhin meine Probleme mit der R-Kode als HD habe. Wenn das die hauptsächliche Aufnahmeursache war, muss diese auch \"nach Analyse\" als solche vorgelegen habe. Ich sehe es eher so, dass Sie einen Patienten mit multiplen Verletzungen aufgenommen haben und hier unterschiedliche Symptome zu verifizieren hatten. Sie fanden heraus, dass keine schweren Verletzungen vorlagen, die anamnestische Hämoptoe fand keine diagnostische Bestätigung. Für mich bleibt es dann letztlich bei der 1911a (Spezielle topt immer die Allgemeine) und die schwerste Verletzung (nach Analyse) wird HD. Wäre dann z. B. doch eine Lungenkontusion gefunden worden, wäre sie auch unzweifelhaft HD geworden. Eine einfache Abklärung der Hämoptoe hätte Sie auch ambulant machen können, oder?

  • Vielen Dank Herr Selter,

    aber ganz überzeugt bin ich noch nicht.
    Das Problem liegt doch ähnlich der commotio cerebri.
    Liegt hier ein Symptom vor, was entfernt an eine commotio erinnert, dann wird diese vom MDK gefordert. Bsp. anamnestisches Erbrechen- nicht im KH.
    Eine Schädelprellung bekommen Sie hier nicht abgesegnet.
    Jetzt liegt Blutspucken vor- doch eher Symptom der Lungenkontusion aber nicht der Thoraxkontusion, warum also auf dieser Basis nicht auch die Lungenkontusion verwenden? Nur weil hier die Lunge billiger ist und am Schädel die commotio.
    Mir ist klar, dass das Beispiel hinkt, aber der Ansatz ist doch interessant, oder?.
    Im Denkmodell wird ja auch nicht das Erbrechen kodiert, traue ich aber dem MDK auch zu.

    Mfg

    Uwe Neiser