Therapieoptimierung oder Komplikation?

  • Hallo ins Forum, insbesondere medcoinfo,

    Sie weisen einerseits auf die Besonderheiten im konkreten Einzelfall hin, gehen andererseits aber auf die Argumentationen im Einzelnen nicht ein sondern beschränken sich auf einen gesundheitspolitischen Rundumschlag. Letzteren können wir an geeigneterer Stelle liebend gern ausufernd fortsetzen. Hier schließe ich mich aber völlig den folgenden Ausführungen an:


    Zitat


    Original von N.:
    Werter medcoinfo,

    [...]
    Wenn ein Eingriff ein funktionell akzeptables Ergebnis gebracht hat, spreche ich bei einer \"Optimierung\" nicht mehr von einem medizinisch (und auf \"medizinisch\" liegt die Betonung) notwendigen Eingriff und somit stellt sich für mich die Frage nach der Leistungspflicht der Krankenkasse.
    Leider sind Sie in dem - wie von Ihnen betont - \"konkreten Fall\" nicht auf meine diesbezügliche Frage eingegangen, ob aufgrund der Fehlstellung nach der ersten OP tatsächlich eine harte medizinische Indikation zur re-OP vorgelegen hat und inwiefern das funktionelle Ergebnis der ersten OP akzeptabel war.
    Dementsprechend gibt es hier m.E. zwei Möglichkeiten:

    a) Ergebnis funktionell akzeptabel. Dann stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit der zweiten OP. Und diese wäre dann meiner Meinung nach nicht gegeben.

    b) Ergebnis funktionell nicht akzeptabel. Das kann sich entweder sofort herausstellen oder abzeichnen, dann handelt es sich aber um eine Komplikation, die in EINEN Fall zusammengefaßt wird. Oder es stellt sich erst im Verlauf der Behandlung heraus. Dann ist es aber wohl eher unwahrscheinlich, daß der Patient unmittelbar nach OP schon auf eine re-OP angesprochen wird.

    Daß zeitliche Grenzen hier genauso fließend sind, wie die ein oder andere Definition ist mir auch klar. Aber letztlich geht es hier nicht nur um zeitliche Abläufe, sondern auch um ihre Verquickung mit Kausalitäten.


    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo Forum,
    hallo N,

    Zitat


    Original von N:
    Während eine abgebrochene OP nicht kodiert werden darf ( und somit auch der bislang entstandene Aufwand nicht vergütet wird), ....


    Weshalb ist eine abgebrochene OP nicht zu kodieren? Die DKR P004a regelt die Kodierung einer nicht vollständig erbrachten oder unterbrochenen Prozedur. Die Abrechnung einer operativen DRG und ein Operationsabbruch schließen sich nicht aus. Und wo ist der Zusammenhang zwischen OP-Abrechnung und Komplikation?

    Da in der Diskussion immer wieder auf Aspekte Wert gelegt wird, die von meiner Grundfrage wegführen, möchte ich diese noch einmal einbringen: Ist eine Weiterbehandlung/Behandlungsoptimierung eine Komplikation, wie sie in der FPV beschrieben ist?
    Meinen herzlichen Dank noch mal an A.Sander, der mein Kernanliegen bereits in zwei Sätzen zusammengefasst hatte (aber leide keine Unterstützung erfahren hat): \"Dennoch: Ich sehe dabei ein Problem der Unterscheidung zwischen \"fehlendem Behandlungserfolg\" und Komplikation. Bei der ersten Variante ist dem Patienten nur bedingt geholfen (kann nicht so gut bewegen, sehen, laufen etc., wie gedacht), bei der zweiten Variante entsteht ihm ein zusätzlicher Schaden (Eiterung, Sepsis, Ileus usw.)\"

    Lassen Sie mich versuchen, dies mit einem fiktiven Beispiel zu verdeutlichen:
    Ein Patient wird mit Belastungsdyspnoe, Palpitationen und unregelmäßigen Blutdruckspitzen von >240/130 aufgenommen. Es wird eine essentielle Hypertonie erstdiagnostiziert, und eine Therapie mit Medikament A eingeleitet. Nach einigen Tagen stabilisieren sich die Blutdruckwerte auf deutlich niedrigerem Niveau, liegen aber immer noch im Bereich von 160/90.
    Dem Patienten wird die Möglichkeit eines Behandlungsversuchs mit Medikament B angeboten, das sich in seinem Fall als am meisten erfolgversprechend darstellt, aber mit einem erhöhten Nebenwirkungsrisiko verbunden ist sowie mit einen notwendigen stationären Verbleib. Der Patient erbittet Bedenkzeit und wird entlassen.

    Die primäre Intervention/Therapie hat hier eine zunächst ausreichende Stabilisierung der akuten Situation erreicht. Der Patient kann mit diesen Werten quasi ohne Einschränkungen leben; riskiert damit aber eventuelle Folge- und Begleiterscheinungen der nicht optimal eingestellten Hypertonie (oder Fehlstellung). Oder aber er entschließt sich zu einem als indiziert anzusehenden Behandlungsversuch, mit dem erwähnten höheren Nebenwirkungsrisiko (Op-Risiko), aber bei positivem Verlauf besserem Behandlungsergebnis und günstigerer Gesamtprognose. Für beide Optionen lassen sich also nachvollziehbare Gründe anführen.

    Natürlich hinken Vergleiche immer. Dennoch verdeulicht dieses Beispiel meinen Standpunkt:
    Mit der Bitte um Bedenkzeit (bei ungewissen Denkergebnis) war die Behandlung des Patienten zunächst beendet. Mit der Wiederaufnahme entsteht primär ein neuer stationärer Fall. Wenn nun durch gruppierungsrelevante diagnostische Prozeduren des Erstaufenthaltes keine FZ über die DRG-Abfolge erzwungen wird, sind beide Fälle getrennt abzurechnen. Es sei denn man sieht hier eine Komplikation zum Erstaufenthalt.

    Der Patient hat - seine Einwilligung vorausgesetzt! – auch bei akzeptablem ersten Behandlungsversuch ein Anrecht auf einen Versuch der Behandlungsoptimierung, mit dem Normwerte (oder eben eine Normstellung) erreichbar wäre.
    Wer „fließende Definitionen“ präferiert, mag auch hier den Begriff \"Verquickung mit Kausalitäten\" anwenden. Aber dieser Begriff regelt nicht die Fallzusammenführung in DRG-Fällen, die bei einer Weiterbehandlung nur dann zusammenzuführen zuführen sind, wenn die abgerechneten DRGs dies vorgeben, was in 99% dieser Fälle eintritt.

    Nur weil dieser Fall durch das Raster fällt, sehe ich noch keinen \"gesundheitspolitischen Rundumschlag\". Lediglich erneut den ermüdenden Vorwurf künstlichen Fallsplits.

    Mit freundlichem Gruß
    medcoinfo

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen medcoinfo,

    Zitat


    Original von medcoinfo:
    Ist eine Weiterbehandlung/Behandlungsoptimierung eine Komplikation, wie sie in der FPV beschrieben ist?

    Diese Frage wurde eigentlich schon mehrfach oben beantwortet. Eine fehlerhaft eingebrachte (oder sekundär dislozierte) Osteosynthese zu revidieren ist keine \"Behandlungsoptimierung\", sondern eine Komplikationssanierung und auch so im Sinne der FPV zu verstehen. Dass man dies anders verstehen kann, ist für mich nicht nachvollziehbar.
    Ihr neues Beispiel mit dem obigen Fall gleichzusetzen, ist mir nicht möglich.
    Kommen wir doch noch mal vielleicht auf mein Beispiel zurück (das ist vergleichbar mit Ihrem Fall), auf das Sie bisher nicht eingegangen sind. Wie interpretieren sie denn dann die Situation, wenn eine Wiederaufnahme zur Neupositionierung einer Schraube erfolgt (Schraube zu lang)?

  • Guten Morgen medcoinfo,

    Sie sollten die von Ihnen zitierte Stelle in den DKR auch bis zum Ende lesen, insbesondere Beispiele 4 und 5.

    In diesem:

    Zitat

    >>Original von N.:

    >>Das Stichwort ist \"abgebrochene\". In dem von Ihnen geschilderten Fall >>geht es aber um eine komplett durchgeführte OP.


    Wo ist denn hier der FPV-relevante Unterschied? Weder die abgebrochene noch die durchgeführte OP sind zu einem optimalen Ergebnis gekommen. In beiden Fällen erfolgte die Wiederaufnahme zur Operation mit dem Ziel der Optimierung des Befundes. Ich sehe hier immer noch Parallelen.


    Zusammenhang liegt der Unterschied darin, daß bei einer abgebrochenen OP (unabhängig davon, wie man sie kodiert) der Aufwand für die KOMPLETTE OP abhängig vom Algorythmus nicht vergütet wird. Es mögen sich da auch Gegenbeispiele finden lassen, aber regelhaft wird ein solcher Fall in eine andere DRG führen, als eine komplett erbrachte OP.
    Von daher liegt existiert also durchaus auch ein vergütungsmäßiger Unterschied.

    Im Übrigen finde ich es faszinierend, wie Sie sich im Endeffekt um das Eingehen auf meine Argumente herumwinden. Auf der einen Seite sprechen Sie von einem konkreten Einzelfall, auf der anderen Seite werden Sie allgemein, wenn man auf den konkreten Einzelfall mit konkreten Fragen eingeht.

    Nachdem ich nicht dazu neige, meine Argumente gebetsmühlenartig zu wiederholen, wenn die andere Seite offenbar nicht darauf eingehen mag und meinerseits eigentlich alles gesagt ist, um meinen Standpunkt zu verdeutlichen, breche ich für mich diese Diskussion an dieser Stelle ab.

    Im Übrigen schließe ich mich dem Vorposting von Herrn Selter an.

    Herzlichen Gruß in die Runde,

    N.

    \"Steinigt ihn, er hat ´Jehova´ gesagt!\"