Hepatozelluläres Karzinom und chron. Hepatitis C

  • Hallo Forum,

    bei einem Patient wird eine transarterielle Chemoembolisation bei hepatozellulärem Karzinom bei Leberzirrhose im Rahmen einer chron. Hepatitis C-Infektion durchgeführt.

    Hauptdiagnose ist der Kode C22.0 Leberzellkarzinom. Meine Frage ist: Darf die Hepatitis C-Infektion als zugrundeliegende Erkrankung mitkodiert werden? Und wenn ja, welcher ICD 10-Kode ist zu verwenden: B18.2 Chronische Virushepatitis oder Z22.5 Keimträger der Virushepatitis?

    Herzlichen Dank im voraus!

    Dr. Kirsten Jesse

  • Guten Abend,
    was wurde behandelt? Wenn nur eine Hep C bestand und diese nicht therapiert wurde, dann gibt es keinen Grund diese zu kodieren, denn sie hatte dann keinen zusätzlichen Aufwand zur Folge.
    Z22.5 käme für eine Isolation oder für einen sonstigen entsprechenden Aufwand im Zusammenhang mit der Viruspersistenz in Frage.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Liebe Kollegen,

    ich wundere mich wirklich, dass eine theoretische Diskussion ohne konkreten Hintergrund hier so geführt wird. Nebenbei bemerkt, führt bei Hauptdiagnose HCC die Lebercirrhose + Hepatitis selten zu einer DRG-Änderung, selbst bei vorh. CCL.

    Meines Erachtens muss angesichts dieser Diskussion doch die Frage gestellt werden, was die Kodierung überhaupt noch mit dem klinischen Krankheitsbild zu tun hat. Fragen Sie doch mal einen leibhaftigen Kliniker, was er davon hält! Dann wird er Ihnen sagen, dass beim HCC in erster Linie die Ausprägung und als Begleitumstand die Lebercirrhose auf dem Boden von... eine Rolle spielen. Dann kommen Sie!

    Damit der Gedankenaustausch nicht weiter so verläuft, dass man sich von der Medizin vollständig entfernt, wurden bereits 2005 Kriterien für die Anwendung einer Mehrfachkodierung erarbeitet, die auch hier gelten müssen: Artikel von Fahlenbrach et al. (11/2005 das Krankenhaus), in dem es heißt: „Sofern keine Möglichkeit besteht, die Erkrankung mit einem Diagnosekode inhaltlich abschließend abzubilden, ist die Kodierung mehrerer beschreibender Kodes kodierrichtlinienkonform“.

    Mir ist bekannt, dass einige MDK-Vertreter die Notwendigkeit ihrer Exisstenz bei bis zu 50% Fallprüfungen u.a. wegen Nebendiagnosen rechtfertigen (s. Report Mainz von vorgestern).

    Meine Schlussfolgerung für einen Befreiungsschlag wäre: Abschaffung der Kodierung nach Aufwandsschätzung durch den Kodierer, Aufwandskalkulation sollte Kalkulationshäusern und INEK überlassen werden, alternativ ganz radikal Abschaffung aller Nebendiagnosen für die Abrechnung und lieber Bezahlung nach einer Leistung, die medizinisch indiziert ist. Dies würde uns schon einmal von einigen schwachsinnigen Diskussionen um des Kaisers Bart erlösen, und ich stimme hier mit dem Kollegen Schaffert (andernorts) voll überein.

    Gruß B. Marx

  • Hallo,

    wir sind doch schon auf dem richtigen Wege! In diesem Jahr wurden doch vor allem die strittigen oder streitigen Nebendiagnosen ab- oder entwertet. Das endet doch dann so, oder irre ich mich? Allerdings bleiben ja noch die Verweildauern und die Frage der stat. Behandlung überhaupt. Wie machen wir es denn da?


    Schönen Abend

    schnippler2
    Med. Controller/Chirurg

  • Hallo schnippler2,

    ich kann leider nicht erkennen, dass uns die bisherige Überarbeitung der CCL-Matrix irgendwo weiterhilft, da sie vor allem einige häufige Diagnosen einfach abgewertet hat, deren Kodierung dann nur noch im Hinblick auf die Begründung eines Aufenthalts interessiert.

    Andere Ungereimtheiten bleiben jedoch einfach bestehen. Wann ist z.B. bei einer Erkrankung mit verschiedenen Ausprägungsformen ein Symptom so eigenständig, dass es kodiert werden darf? Hier gibt es viele Grauzonen. Also komme ich auf den Vorschlag zurück, alle Nebendiagnosen ersatzlos zu streichen.

    Zur Illustration auch hier ein Beispiel: Bei der cerebralen Ischämie besteht immer noch eine Kodiervorschrift, die die Auflistung aller Symptome fordert. Allerdings geben die reichlichen Kodierungen keine Auskunft über den Schweregrad der Erkrankung. Hemiplegie und Hemiparese ergeben die gleiche Kodierung, der zeitliche Verlauf ist - TIA einmal ausgenommen - gar nicht enthalten. Gleiches gilt bei anderen typischen Syndromen. Bliebe noch der Barthel-Score; dieser wird jedoch in manchen Kliniken anders erfasst als nach ICD vorgesehen. Die Diagnosekodierung hat also wenig mit der medizinischen Einschätzung des Patienten zu tun, ändert auch bei konservativer Behandlung die DRG nicht. Trotzdem soll es noch Chefärzte geben, die ihre Mitarbeiter pauschal zu vermehrter Nebendiagnosenkodierung aufrufen; wie schön dass man im Jahr 4-5 nach der DRG-Einführung schon weiß, wie es 2003 einmal war.

    Meine Meinung: Weg mit diesem Datenmüll, wollen wir wirklich nur noch Kodierer und MDK und Institute ernähren? Mit der Prüfung der Hauptdiagnose und der (Komplex)-OPS bliebe auf diesem Sektor noch genügend übrig.

    Zu Ihrem 2. Punkt: Dieser gliedert sich für mich in zwei Bereiche. Leider ist es wohl so, dass auch im Jahr 4-5 einige öffentlich-bedienstete Unbewegte immer noch keine Ablauforganisation haben, falls sie überhaupt schon davon gehört haben. Solche Änderungen sind Führungsaufgabe, und ich finde es in höchstem Maße bemitleidenswert, wenn nachgeordnete Mitarbeiter diesen Mängeln abhelfen sollen oder mit MDK oder Kassen diskutieren, wenn die Arbeit schon erbracht ist.

    Es gibt andererseits Spielräume, wo der klinisch tätige Arzt sehr wohl durch eine angemessene Darstellung des Verlaufs dazu beitragen kann, dass manche Begründung auch stichhaltig ist. Kennen Sie selbst nicht auch gerade Chirurgen, die ermuntert von eiligen Vorgesetzten, immer gern das Wort \"problemlos\" im Mund führen und dies dem staunenden Nachbehandler mitteilen, wo eine Formulierung wie \"Wir hatten Probleme, aber konnten sie lösen\" besser gewesen wäre.

    Gruß murx