• Hallo DRG-Foristen,

    in der Tat erscheint das Heranziehen von Epikrisen oder Arztbriefen zur Abrechnungsprüfung oder zur Kodierungsprüfung einer von mehreren möglichen Wegen zu sein, mit der man die Kodierqualität erheblich verbessern kann. Krankenhäuser, die mit Hilfe von Medizinischen Dokumentaren (ein „Coder“-Modell) durch das ärztliche Personal erstellte Kodierung prüfen, deuten darauf hin, dass aus Epikrisen bis zu 4 .. 5 Diagnosen zusätzlich gefunden werden können. Allerdings werden im gleichen Verfahren angeblich auch schon mal 4...5 Diagnosen aus dem Code-Datensatz durch die Medizinischen Dokumentare gestrichen. Erfahrungen anhand von Aktenprüfungen konnte schon vor längerer Zeit in einem großen Krankenhausunternehmen mit dem Stichproben-„Feldprüfungsverfahren“ gemacht werden und wurden auch publiziert. Zusammengefasste Erfahrung: die Personalkostenintensität ist zu bedenken, der Ruf nach EDV-Unterstützung nahe liegend.

    Man muss unterscheiden, ob man reine „ex post“-Prüfungen anhand von Volltextdokumenten durchführen möchte (ist der MDK so gut?), oder ob die Volltextdokumente zur Unterstützung der Umsetzung in systematisierte (kodierte) Information genutzt werden sollen.

    MfG

  • >deuten darauf hin, dass aus Epikrisen bis zu 4 .. 5 Diagnosen
    >zusätzlich gefunden werden können. Allerdings
    >werden im gleichen Verfahren angeblich auch schon
    >mal 4...5 Diagnosen aus dem Code-Datensatz durch die
    >Medizinischen Dokumentare gestrichen.

    Wenn Epikrisen unabhängig vom KIS geschrieben werden, muß von erheblichen bis extremen Unterschieden zwischen den Eingaben im KIS und den Angaben in den Epikrisen ausgegangen werden. (Werden dagegen die Epikrisen mit Hilfe des KIS erstellt, sind die Epikrisen im Bereich der Diagnose-Auflistung nicht gut. Zumindest nicht so gut, wie wenn Freitext-Formulierungen mit Kausalketten zugelassen werden.)


    >Erfahrungen anhand von Aktenprüfungen konnte
    >schon vor längerer Zeit in einem großen
    >Krankenhausunternehmen mit dem Stichproben-
    >"Feldprüfungsverfahren" gemacht werden und wurden auch
    >publiziert.

    Können Sie dazu Quellenangaben geben?


    >Man muss unterscheiden, ob man reine "ex post"-Prüfungen
    >anhand von Volltextdokumenten durchführen möchte

    Mein Programm beschränkt sich momentan auf die Diagnose-Auflistung, die ist strukturiert und gut analysierbar.


    >Soweit mir bekannt arbeitet die Firma SGB an Produkten,
    >die auf der Basis der automatischen Textanalyse
    > (NLP=natural language processing),
    >wie sie von Hans-Rudolf Straub in seinem Buch ...

    Sicherlich gut. Es geht auch einfach. Zumindest als Hilfestellung.


    >Die für die systematische Kodierung zu verarbeitenden
    >Information ist sehr komplex. Lösungen, die zur
    >Umsetzung der Kodierung einen kleine Informationsbasis
    >nutzen (DIMDI-Thesaurus) sind - allen anders lautenden
    >und veröffentlichten Äußerungen zum Trotz

    Können Sie dazu Quellenangaben geben?


    > - schnell als "Kodekettenoptimierer" zu erkennen,

    Was verstehen Sie unter "Kodekettenoptimierer"?
    Welche Funktion hätten die?
    In meinem Programm werden die Freitext-Formulierungen zerlegt.


    > wenn man Musteranalysen der Kodierungen auf großen Datensätzen
    > durchführt. Solche Musteranalysen sind sehr viel kostengünstiger
    > zu realisieren, als Volltext-Epikrisen-Analysen und bieten sich
    > für einige Player im Gesundheitswesen geradezu an, weil es kaum
    > eine effektivere Methode gibt die Prüfaktivitäten zu kanalisieren.

    > Das sollte man bedenken, wenn man sich auf den Weg macht,
    > Textinterpretatoren zu basteln oder wenn man Hoffnungen in
    > die "schnellen" (und vermutlich teuren) "Lösungen"
    > der Softwareanbieter setzt.

    Meine Lösung ist schnell und nicht teuer.

    Mit freundlichen Grüßen
    C. Schneider

  • Hallo Herr Schneider,
    ... ein paar Antworten/Fragen


    1.) Wenn Epikrisen unabhängig vom KIS geschrieben werden, muß von erheblichen bis extremen Unterschieden zwischen den Eingaben im KIS und den Angaben in den Epikrisen ausgegangen werden. (Werden dagegen die Epikrisen mit Hilfe des KIS erstellt, sind die Epikrisen im Bereich der Diagnose-Auflistung nicht gut. Zumindest nicht so gut, wie wenn Freitext-Formulierungen mit Kausalketten zugelassen werden.)

    zu 1.)Ich teile Ihre Auffassung. Sie bestätigt die Annahme, dass der Übersetzungsvorgang unstrukturierten Wissens über medizinischer Sachverhalte in systematische Dokumentation von der Situation und dem Umfeld beeinflusst werden (Kodierung als nicht regelfähiger Prozess).

    zu 2.)[Auf der Suche nach Fehlern im DRG-System, Der LBK-Hamburg nutzt das Peer-Review-Verfahren in seinen sieben Kliniken, A. Wrabel, G. van Dyk, J. Aßmann, B. Schmidtke, M. Primke, G. Ohm, C. Hattendorf, R. Brase, f&w 4/2001 18. Jahrg.]

    Ich lehne Ihr Vorgehen, wenn ich es richtig verstanden habe, nicht grundsätzlich ab. Richtig eingesetzt dürfte das Verfahren mit Sicherheit eine Bereicherung des erforderlichen Instrumentariums im Krankenhauskontrolling sein.

    schönes Wochenende

    MfG

  • Nur noch ´ne kurze Ergänzung

    > 3.) Mein Programm beschränkt sich momentan auf die
    > Diagnose-Auflistung, die ist strukturiert und gut analysierbar.

    >> zu 3.)Was ist mit den Diagnosen, die nicht "gelistet"
    >> werden, sich aber aus der Kontextinterpretation
    >> als zutreffend oder sogar als zutreffender als
    >> die "List"-Diagnosen angesehen werden müssen?

    Ich gehe zunächst von einer Epikrise mit einer vollständigen Auflistung der relevanten Diagnosen des aktuellen Behandlungsfalls aus. Die Rate an „vergessenen Diagnosen“ dürfte relativ gering sein.

    Ich könnte mir natürlich noch einen weiteren Abgleich mit verschiedenen Stellen im Bereich der Epikrise sowie weitere Optimierungsmöglichkeiten vorstellen.


    > zu 5.) Es gibt sehr optimistische Aussagen zu
    > den "Kodierunterstützungsprogrammen" der neuen Generation

    Okay.
    Bei mir wird das kodiert, was im Freitext darsteht.
    (Und, s.o., was nicht dasteht, wird nicht kodiert).


    > dass auf dieser Ebene nicht plausible Kodierungsmuster
    > auffallen, die eben auch durch unvollständige
    > oder unzweckmäßige Kodierungsunterstützungsprogramme

    Schon denkbar, das muß ggf. noch rausgefiltert werden.
    Fällt Ihnen dazu ein mögliches Beispiel ein?


    Insgesamt sehe ich zwei wesentliche Vorteile:
    Zeitgewinn und Übereinstimmung.

    Mit freundlichen Grüßen
    CS

  • Hallo lieber Herr Schneider,


    Das ist sehr mutig und optimistisch!

    Zitat


    Die Rate an „vergessenen Diagnosen“ dürfte relativ gering sein.


    Sehe ich leider nicht so. Sehr häufig werden z.B. interkurrente Anämien, Harnwegsinfekte, deren interkurrente Therapie bzw. deren Erreger im Arztbrief nicht erwähnt (weder im "Diagnosen"-Teil, noch im "Therapie und Verlauf"-Teil). Durchschnittliche augenärztliche oder HNO-Arztbriefe der verschiedensten Kliniken in Deutschland gehen bei weitem nicht so in die Tiefe, daß man aus der Angabe der Diagnose (Schlaganfall, Diabetes etc.) heraus die Codierung (Ausfälle, pflegeaufwanderhöhende Manifestationen etc.) ableiten könnte - weder elektronisch noch "manuell/intellektuell". Auch die Komplikationen eines Diabetes Mellitus unterhalb des Halses (PNP, pAVK, Niereninsuffizienz) werden oft nicht im Arztbrief derart gewürdigt, daß sie von einem Programm automatisch codierbar wären.

    Disclaimer: Ich möchte ausdrücklich betonen, daß dies meine eigene Meinung ist und nicht die meines Arbeitgebers. Auch spreche ich nicht im speziellen von irgendeinem besonderen Krankenhaus, sondern von der Masse an verschiedensten Krankenhäusern und Arztbriefen, die ich bislang lesen konnte und deren zugehörige Patienten ich kennengelernt habe!

    Zitat


    Ich könnte mir natürlich noch einen weiteren Abgleich mit verschiedenen Stellen im Bereich der Epikrise sowie weitere Optimierungsmöglichkeiten vorstellen.
    (Und, s.o., was nicht dasteht, wird nicht kodiert).


    Das wird die Zukunft sein. Eine elektronische Patientenakte wird einen gewissen Anteil an Nebendiagnosen durch strukturierte Eingabe mit "abfrangen" - wie z.B. die Erregerangabe durch EDV-Anschluß an die MiBi, die Angabe von Laborwertentgleisungen mit therapeutischer Konsequenz durch Anschluß an ein Labordatensystem etc.
    Natürlich kann das Programm nicht entscheiden, ob ein BZ von 15 jetzt eine Entgleisung war oder nicht oder ein Hb von 5,5 eine Anämie, aber es kann nachfragen, ob denn das codiert werden muß oder ob es nur ein reiner Laborwert ohne Konsequenz war.


    Gruß :x

    Björn

  • >Ich gehe zunächst von einer Epikrise mit einer
    >vollständigen Auflistung der relevanten
    >Diagnosen des aktuellen Behandlungsfalls aus.
    --------------------------------------------------
    >>Das ist sehr mutig und optimistisch!
    ..
    >>Sehe ich leider nicht so. Sehr häufig
    >>werden z.B. interkurrente Anämien,
    >>Harnwegsinfekte, deren interkurrente
    >>Therapie bzw. deren Erreger im
    >>Arztbrief nicht erwähnt ...

    Wohl auch wahr.

    Sagen wir, es wäre eine Möglichkeit für die Kollegen, die Epikrisen mit einer vollständigen Auflistung der relevanten Diagnosen des aktuellen Behandlungsfalls verfassen.
    Wenn der Augen- bzw. HNO-Arzt die Anämie nicht in der Epikrise erwähnt, wäre möglicherweise zu postulieren, daß er sich auch nicht darum gekümmert hat und daß daher auch keine Kodierung erfolgen sollte.


    >>Das wird die Zukunft sein. ...
    Wünsch ich mir auch.

    Gruß
    CS

  • Gerade das Gegenteil ist der Fall. Oft kümmert sich der Arzt um die Diagnose (Mikrobiologie+Antibiotikum; Hb alle 2 Tage nach Augen-OP+Eisentabletten etc.; Kaliumkontrollen und Gabe von Kalinor etc.), aber erwähnt sie, da nicht sein Fachgebiet, nicht.

    Auch stehen interkurrente Dinge, wenn sie am Ende des KH-Aufenthaltes wieder mit hohem Aufwand ausgeräumt wurden, nicht "mehr" im Arztbrief, "weil man ja den nachfolgenden Arzt damit nicht belasten möchte" und man "eine schlechte Behandlung/Pflege (Harnwegsinfekt, ggfs. incl. Erreger) dokumentiert".

    Zumindest sollte man sich, wenn man sich auf ein Tool zur Extraktion von Diagnosen aus Arztbriefen stützt, nicht in falscher Sicherheit wiegen, was die Vollständigkeit anbelangt.

    Gruß :x

    Björn

  • Na gut, das mit der falschen Sicherheit will ich gerne akzeptieren. Ich sag´ ja auch nicht, daß das der absolut einzige Weg sei.

    Ich seh´s ja nur als eine Hilfe. Und es geht schnell.


    Gruß, und gute Nacht
    CS

  • Hallo allerseits

    Mußte vor ein paar Tagen feststellen, daß in der readme.txt zur Installation meines Tools das Entpacken mißverständlich ist. Das Archiv muß mit Unterverzeichnis-Struktur extrahiert werden. Nur dann funktioniert das Installations-script. Sorry.

    Werde bei der Gelegenheit eine Version an Herrn Sommerhäuser schicken, die nicht auf das Windows-Temp-Verzeichnis abzielt, sonder ein festes Verzeichnis auf Laufwerk C benutzt. Diese Installation kann auch leicht manuell vollzogen werden.

    Gruß
    Schneider

  • Hallo Herr Scheider´, Hallo Goupies

    wir sind einen anderen Weg gegangen (Fragen sie mal Herrn Graupner, Prokosch etc.) Semantische Kodierung ist sicherlich eine gute Idee ich stütze mich aber auf Erfahrungen mit einem Real existierenden System und bei ca. 85000 Fällen auf ca. 100.000 Diagnosen.
    Unser Ansatz war rein sprachtheoretisch ausgelegt. Spricht der Ruhri von einem "Mottek" ist dies analog zur Kodierung im regionalen Umfeld des Menschen weitgehend jedem verständlich, der Bayer fragt aber:"WAS?". Führe ich aber Mottek mit dem Oberbegriff Hammer gleichzeitig in einer Tabelle wird jedem klar was gemeint ist.
    DV-Technisch wurde also folgendes Konstrukt verwirklicht:
    "Innerhalb eines regionalen Sprachkontextes ist die inhaltstragende Begriffsbildung weitgehend eindeutig. Muss dieser Primärbegriff durch eine generelles Synonym ergänzt werden (Kodierung-ICD) erlaubt die getrennte Speicherung der Einzelentitäten mit einer prozentualen Häufigkeitsanalyse des direkten Zusammentreffen beider "Begriffe" den Aufbau eines selbstlernenden Thesaurus."--- So zu sagen "Evidence based Coding EBC"
    Hier die reale Ablaufbeschreibung:
    Gibt in unserem Ambulanzsystem jemand irgendeinen freien oder umgangssprachlichen (Wer in Niebüll kennt schon die "Gelsenkirchener Galle") Begriff oder entsprechend Kombination ein wird aus allen bisher fixierten Klartext und Kodierungsdiagnosen eine Häufigkeitsliste passender Kombinationen zur Auswahl angezeigt (So wie bei Amazon:"Leute die dieses Buchbestellt haben, haben auch diese CD bestellt").
    Hierdurch erhält man (ganz so einfach wie beschrieben ist es natürlich nicht) einen individuellen Sprachschatz mit hinterlegten Kodierungen den man über jede Art von Text laufen lassen kann.
    SGB (Kodip) bzw. Frau Kolotzik hat zum Beispiel für den Aufbau von Kodip Teile unseres Sprachschatzes genutzt -wenige weil zum Zeitpunkt vor dem Jahr 1999 nicht qualitätssortiert- aber immerhin!)
    Solange jeder in unserem Haus und fasst jeder Chirurg weiß was ein "Akuter Wurm" ist, aber keines der bisherig durch mich getesteten Systeme (ich mache das auf jeder Medica und mit allen Programmen ich zur Verfügung gestellt bekomme) dies oder andere Klassiker richtig kodierte sind wir noch weit entfernt von einer qualitativ und quantitativ ausreichenden "Semantischen Kodierung".

    Gelsenkirchen, nachlassender Regen


    --
    Michael Kilian

    Michael Kilian

  • Zitat


    Original von Kilian:

    Semantische Kodierung ist sicherlich eine gute Idee ich stütze mich aber auf Erfahrungen mit einem Real existierenden System und bei ca. 85000 Fällen auf ca. 100.000 Diagnosen.

    Also mein System ist auch real-existierend, inzwischen wird es "schon" in zwei Häusern eingesetzt. Und wenn man "Akuter Wurm" mit einer entsprechenden ICD-Nummer im Thesaurus hinterlegt, dann würde mein System das auch erkennen.

    Kann man denn Ihr System auch irgendwo sehen und testen? 100.000 Diagnose-Formulierungen?? Können wir da irgendwie kooperieren? Ich hab ca. 5000 aus dem Bereich der Inneren. Bin ja auf den neuen DIMDI-Thesaurus gespannt.


    Herzliche Grüße und schönen Sonntag noch
    CS

    PS: Meine Demo-Version ist im Download-Bereich verfügbar ...
    (Eintrag 17.01.2003, d.h. 1. Quartal 2003)