MDK Gutachten gegeneinander aufwiegen?

  • Liebes Forum,

    ersteinmal ein fröhliches Hallo in die Runde. Ich hoffe, das Thema gab es bisher noch nicht (die Suche hat mir jedenfalls nichts geliefert :) ):

    Gibt es einen (halbwegs) erfolgsreichen Weg, MDK-Gutachten gegeneinander aufzuwiegen? Ich weiß, dass es eigentlich rechtlich nicht möglich ist, da es sich in jedem Fall um eine Einzelfallprüfung handelt.
    Dennoch erleben wir es bei uns in letzter Zeit sehr oft, dass sich die Gutachter des MDK in verschiedenen Kodierfragen doch erheblich in ihrer Auffassung unterscheiden.

    Das bisher krasseste Bsp.:
    Neulich hatte eine Gutachterin im Rahmen einer Stellungnahme für das Sozialgericht einen med. Sachverhalt genau erläutert (Rektosigmoidresektion/zu unserem Ungunsten).
    Nicht einmal zwei Wochen später hat dieselbe Gutachterin einen, im wesentlichen, identischen Fall im Rahmen einer Einzelfallprüfung zu unserem Gunsten entschieden.

    Hierbei war es nun besonders merkwürdig, dass eine Gutachterin sich selbst widerspricht. In der Regel gibt es zwei oder mehr (!) Gutachter, die alle eine andere Meinung zu bestimmten Sachverhalten haben.

    Derartige Fälle lassen uns derzeit mehr denn je im Regen stehen, da wir uns \"ohnmächtig\" fühlen, außerhalb des Gerichts auch nur irgendetwas dagegen tun zu können. Einerseits entsteht der Drang nach Gerechtigkeit, andererseits möchte man keine schlafenden Hunde wecken.

    Hat hier irgendjemand ebensolche Probleme bzw. wie wird damit umgegangen?

    Liebe Grüße,

    Schneehase

    Edit: Ich habe natürlich auch einen bürgerlichen Namen (bin nur aus anderen Foren noch immer daran gewöhnt mit meinem Nickname zu grüßen :) )
    Nicole Pollack

  • Hallo Frau Schneehase :)

    ich halte es durchaus für legitim besonders GA desselben Gutachters zum gleichen Sachverhalt zu zitieren, besonders auch die betroffene KK sollte das wissen, denn ein besonders gutes Licht wirft das nicht auf die Qualität der \"GA\". In diesem Fall wird die KK schon dem MDK darauf hinweisen- hoffe ich zumindest. Allerdings müssen Sie schon medizinisch sicher sein, dass die beiden Sachverhalte identisch sind. Nicht ist unschöner als eine Kritik anzubringen und dann selbst etwas übersehen zu haben.
    Denn Irren ist beim MDK und im KH menschlich.

    Schönen Feierabend.

    Uwe Neiser


  • Hallo Frau Schneehase,

    wir hatten letztlich den Widerspruch sogar in einem Fall. Mehrere PEs aus der Klavikula bei unklarer RF. Kodiert wurde die PE über Inzision (8 cm langer Schnitt). Vom MDK war in einem ersten Gutachten als Prozedur eine PE ohne Inzision gefordert worden, der eintägige stationäre Aufenthalt wurde als korrekt eingestuft. Nach Widerspruch mit Verweis auf den OP-Bericht wurde nun die Prozedur anerkannt, die Notwendigkeit der stationäre Behandlung aber abgelehnt.

    Der Fall wurde ohne eine dritte Stellungnahme vom MDK relativ zügig von der KK zu unseren Gunsten entschieden.

    Aber prinzipiell meine ich widersprechen, Mängel aufzeigen. Sicherlich kann der MDK-Arzt sich genauso wie wir irren, solange er und wir dies zugeben - kein Thema.

    Aber andererseits streben wir eine gleiche Vergütung aller Fälle bundesweit an, gleichen uns mit Basisfallwerten (irgendwann) in den Ländern an, sind aber bei solch gravierenden Entscheidungen von Gutdünken, Wissen und Unwissen einzelner Personen abhängig. Die SEG 4 ist ja schon ein guter Ansatz, aber auch vom MDK ist zumindest eine landeseinheitliche Begutachtung zu fordern.

    Gruß

    Dr. F. Schemmann
    FA f. Orthopädie, Chirurgie, O&U

  • Hallo Herr Neiser,
    hallo Herr Schemmann,

    wir haben bereits öfter versucht, diverse Begutachtungsfälle gegenüber der KK als auch dem MDK (wir senden grundsätzlich eine Durchschrift unserer Widersprüche an den MDK) zu vergleichen, welche medizinisch auch sicher gleichartig oder gar identisch waren :d_zwinker: .

    Leider wurde dies kaum berücksichtigt. Entweder es wurde komplett ignoriert oder es spielte keine Rolle. Bisher waren die Kassen und der MDK doch sehr hartnäckig, da es nunmal keinen Rechtsanspruch auf Gegenüberstellung gibt.

    Daraufhin haben wir diesen Weg mehr oder weniger aufgegeben, auch weil sich diese Fälle reduzierten.
    Nur, in letzter Zeit nehmen diese Merkwürdigkeiten wieder stark zu und wir suchen einen Weg, dies halbwegs wirksam anzuprangern :d_gutefrage: .

    Liebe Grüße,

    Nicole Pollack

  • Moin,

    wir haben aktuell ebensolche Fälle. Wir werden nicht akzeptieren, dass wir nach 2 GA im Vorjahr in diesem Jahr das ganze exakt anders herum machen sollen. Wie sollen wir denn die FÄlle überhaupt steuern? Selbst wenn wir bereit wären, uns der Ansicht des MDK anzuschließen, brächte das ja wieder keine Gewähr für eine \"korrekte\" Kodierung.

    Gruß

    merguet

  • Hallo Frau Pollack,

    wenn ich mir meiner Sache sicher bin rufe ich den Krankenkassen-Sachbearbeiter an und zermürbe ihn erst einmal mit meiner Auffassung (ohne Preisgabe von medizinischen Daten). Sollte er dann trotz meiner später nachgereichten schriftlichen Begründung den von mir vorgeschlagenen Klageweg nicht ablehnen, dann klagen wir (oder versuchen es zumindest).
    In den Ansätzen waren wir mehrfach schon soweit, zur Umsetzung kam es bisher noch nicht. Selbst Fälle, bei denen wir uns nicht so sicher waren und der Krankenkasse ankündigten, dass wir gerne ein Musterurteil erstreiten wollten (um wie merguet so richtig sagte Hinweise für unsere Steuerung zu erhalten) wurden dann plötzlich abgenickt.

    Und im Zweifelsfall kann ich vor Gericht die Wandelbarkeit des Gutachters auch zu meiner Waffe ausbauen, in dem ich seine eigene Argumentation aus dem anderen Fall mir zu eigen mache.

    Längere Verhandlungen bzw. langen Schriftwechsel haben wir uns abgewöhnt. Einen Widerspruch schreiben wir, erfahrungsgemäß wird dieser folgenderweise kommentiert: Das Schreiben des Krankenhauses ergibt keine neuen Erkenntnisse...
    Und dafür begründet man medizinische Sachverhalte, Kodierleitlinien u. ä. !

    Gruß

    Dr. F. Schemmann
    FA f. Orthopädie, Chirurgie, O&U

  • Hallo Allerseits,
    meine Gerichtserfahrung sagt mir, dass das Sozialgericht bei der Klärung von medizinischen Sachverhalten immer ein eigenes Gerichtsgutachten in Auftrag gibt und sich dann auch daran hält. Zumindest in der ersten Instanz. Damit sind dann alle medizinischen Stellungnahmen der beiden Klageparteien erst mal perdu.
    Und meine Herrschaften seien Sie doch bitte so freundlich und nennen mir eine Handvoll medizinische Sachverhalte, bei denen ein halbes Dutzend Medizincontroller/innen die gleiche Meinung hat! Jede/r Medizinier/in besteht halt aus der Summe ihrer/seiner Ausbildungen und Erfahrungen, egal ob im Krankenhaus oder beim MDK beschäftigt!
    :augenroll:

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Hallo allerseits,

    ich hatte soeben die Gelegenheit mit einem Gutachter über diese Problematik im Allgemeinen zu sprechen.

    Er meinte, dass es einem Gutachter gar nicht erlaubt sei, auf gleichartige Fälle einzugehen und diese im Gutachten gar zu benennen. Leuchtet ein.

    Sein Tipp: Den Gutachter bei derartigen Auffälligkeiten einfach direkt anrufen und die Fälle dabei gegenüberzustellen und auf die Misere aufmerksam machen.

    Tja, so denkt der Mensch oft viel zu weit um die Ecke und übersieht den einfachsten Weg :d_zwinker:

    Grüße,

    N.Pollack