Stammzellentherapie in der Unfallchirurgie

  • Hallo Forum,

    auch in der Unfallchirurgie versucht man Stammzellen als Stimulanz zur Heilung zu nutzen.
    Altbekannt ist als Methode z.b. bei der Behandlung von Pseudarthrosen die Spongiosaplastik (mit ihren Stammzellen).

    Wenn man nunmehr zusätzlich Blut aus dem Knochenmark aspiriert und dieses vermischt mit Wachstumsstoff (z.B. BMP), Spongiosa und Vitoss (Keramik) an den Knochen implantiert, ist dann das aspirierte Blut aus der Spongiosa mit dem Code einer Stammzellentransplantation (5-411.00) zulässig? Der Mehr-Erlös wäre ja gigantisch, sicherlich auch nicht plausibel..

    Wer hat hiermit Erfahrung?
    Hat Dimdi zur Codierung der Stammzellenbehandlung bereits einmal Stellung genommen, ist diese nur bei systemischer Anwendung (Transfusion) zu codieren oder auch bei örtlicher Anwendung?

    Über Infos würde ich mich freuen.

    P.Host

  • Hallo Herr Host,

    aus eigener Erfahrung, kann ich berichten, dass Sie immense Probleme mit dem MDK bekommen werden. Bei uns im Hause werden Fälle so kodiert. Sämtliche Fälle stecken jedoch in der Prüfung und keine der beiden Seiten unternimmt einen Schritt, eine endgültige Lösung zu finden oder eine Entscheidung herbeizuführen.

    Momentan versucht der entsprechende Gutachter, die Fälle über die Indikation zur Stammzelltherapie bei Pseudarthrose zu kippen.

    Ob eine Eingabe beim DIMDI eingegangen ist, kann ich nicht sagen. Jedoch dürften Sie sicher sein, dass sowohl DIMDI als auch InEK davon Wind bekommen haben und das System für das Jahr 2010 anpassen.
    Ich gehe davon aus, dass Fälle mit Pseudarthrose schlichtweg aus der DRG A15A/B ausgeschlossen werden oder in eine eigenständige DRG zur Stammzelltherapie bei Pseudarthrose gruppiert werden.

    Viele Grüße,
    Zephyr

  • Hallo,

    eine Stammzellentransplantation im Sinne des OPS 5-411 meint eine systemische Transplantation. (Sprich: alte Stammzellen raus, neue rein, um mal chirurgisch einfach zu denken...) Bei 8-805 steht zwar nicht Transplantation dran, ausser beim Boost ist es aber ähnlich zu sehen...

    Der spezifische OPS-Kode für eine lokale Anwendung am (peripheren) Knochen ist 8-860.3-.
    An der WS stehen dann noch OPS-Kodes aus 5-835.- (\"Mit Anreicherung von Knochenwachstumszellen \") zur Verfügung.

    Alle Kodier- und semantischen Spitzfindigkeiten in Ehren, aber manchmal muss man auch enimal pragmatisch denken bzw. den gesunden Menschneverstand walten lassen...

    Viele Grüße, J.Helling

    PS: Ein anderer Weg, Ihnen die Fälle in KMT-DRGs zu nehmen, wäre ggf. die dafür geltende Mindestmengenregelung ;)

  • Hallo Herr Helling,

    Zitat

    Alle Kodier- und semantischen Spitzfindigkeiten in Ehren, aber manchmal muss man auch enimal pragmatisch denken bzw. den gesunden Menschneverstand walten lassen...

    Hätte ich mir auch gewünscht, aber die Entscheidung ist breitschultrig gefällt worden.

    Der Kode 8-860.- schließt sich in den hier vorliegenden Fällen jedoch aus, da die Stammzellen direkt aus dem Knochenmark entnommen werden. Die Kodes 5-411.- exkludieren jedoch wiederum die autogene Stammzelltherapie. Ein Dilemma, wie ich finde.
    Aber mag sein, dass Sie das ebenfalls unter einer Spitzfindigkeit verbuchen möchten. :d_zwinker:

    Festzuhalten bleibt, dass weder Mindestmenge, noch Kodierung, sondern tatsächlich die Indikation angezweifelt wurden.
    Die Mindestmenge von 5 Fällen für die A15A/B bekommt doch jede vernünftige Unfallchirurgie mit 5 Pseudarthrosen (in die A15A/B kodiert) pro Jahr hin. :d_pfeid:

    Fazit: Hier wird es so gehandhabt, die Folgen sind klar, der gesunde Menschenverstand schaltet sich auch ein, die Unfallchirurgen wollen aber nach Bekanntwerden dieser \"Lücke\" wie die blöden bei Hofe Stammzellen transplantieren. Erste Studien werden im Übrigen auch schon initiiert.

    Viele Grüße,
    Zephyr

  • Hallo,

    wo steht am 8-860.-, dass hier nicht auch Stammzellen aus dem Knochenmark (ggf. auch ortsständig) gemeint sind? Das aus dem Exklusivum zu schliessen - und dann in logischer Folge 5-411 zu kodieren - halte ich schon für sehr gewagt...

    Und die Mindestmenge (2009) ist 25, es sei denn, Sie behandeln ausschliesslich Kinder... (und bezieht sich auf den OPS, aber das ist schon wieder eine andere Spitzfindigkeit...).

    Viele Grüße, J.Helling

    PS: Warten wir mal z.B. eine Stellungnahme der Fachgesellschaft, ggf. auch des DIMDI ab, dann sollte der Spuk eigentlich ein schnelles Ende finden...

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag
    Guten Tag Herr Helling,


    Zitat


    Original von JanH:
    Der spezifische OPS-Kode für eine lokale Anwendung am (peripheren) Knochen ist 8-860.3-.


    Vielen Dank für Ihre klaren Ausführungen.


    Zitat


    Original von Zephyr:
    Momentan versucht der entsprechende Gutachter, die Fälle über die Indikation zur Stammzelltherapie bei Pseudarthrose zu kippen.


    Bemerkenswert:
    warum ist der MDK Gutachter zu einer fundierten Stellungnahme nicht in der Lage?


    Zitat


    Original von Zephyr:
    ... die Unfallchirurgen wollen aber nach Bekanntwerden dieser \"Lücke\" wie die blöden bei Hofe Stammzellen transplantieren.


    So haben viele Banker auch gedacht...
    Die Gier ist nicht schlecht,
    Gier ist geil.
    Und geiler als der Geiz.


    Zitat


    Original von JanH:
    PS: Warten wir mal z.B. eine Stellungnahme der Fachgesellschaft, ggf. auch des DIMDI ab, dann sollte der Spuk eigentlich ein schnelles Ende finden...

    Genau so wird es sein, auch diese „Stammzellblase“ wird platzen


    Gruß

    E Rembs

  • Hallo liebe Forumbesucher,
    wünsche allen ein gutes neues Jahr und greife das Thema vom alten Jahr nochmal auf.
    Wir haben jetzt auch so einen Fall. Die Patientin erhielt bei langwierigem Heilungsprozess einer Unterschenkeltrümmerfraktur nach Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten die Stammzellentransplantation von Zellen aus dem Knochenmark und i. v. gewonnenen Stammzellen. Transplantiert wurde direkt am Knochen.
    Gibt es neue Erkenntnisse zu dieser Problematik?
    Mit freundlichen Grüßen
    anneDD

  • Hallo anneDD

    meines Wissens gibt es nichts neues, am Besten passt 8860-.3. aber .... s.o.

    P. Host

  • Guten Morge liebe FachdiskutiererInnen,

    auch wie haben etliche dieser Fallkonstellatioen im Rechnungsprüfverfahren. Aus meiner Sicht bestehen noch einige Probleme:
    a) Die NUB-Anträge für 2009 dazu wurden in die Kategorie 2 eingestuft ( -> es geht nicht nur um die \"Cash Cows\" in der A15 mit einem positiven Deckungsbeitrag)
    b) Auch Kalkulationshäuser liefer dem InEK solche Fälle
    c) Die Diskussion um den Begriff \"Transplanation\" ist m.E. vom DIMDI noch schriftlich zu fixieren, ich habe auf Nachfrage eine mündliche Ausführung erhalten, die sich mit der Einschätzung von Hr. Helling deckt; anzumerken ist nur die dazu international geführte Diskussion und das Verständnis zum Begriff Transplantation
    d) Gutachterlich wird uns gegenüber u.a. mit der fehlenden Studienlage diskutiert -> Amerkung: es gibt dazu ein Register in Leeds
    e) Der OPS-Kode 8-860.30 und .31 finden auch in 2010 keinen Beachtung -> s. DefHB 5, Seite 972

    Gruß von einem ebenfalls Betroffenen
    Hammerich

  • Guten Morgen, liebe Mitstreiter und -innen.
    Die Stammzelltherapie bei Pseudarthrose kann nicht mit 5-411 kodiert werden, da dieser Kode ausdrücklich nur die Übertragung hämatopoetischer Stammzellen betrifft. Bei der Behandlung von Pseudarthrosen oder anderen unfallchirurgisch-orthopädischen Indikationen werden hingegen mesenchymale Stammzellen benötigt. (Vgl. Unfallchirurg 2009 · 112:785–795 DOI 10.1007/ s00113-009-1695-x; vgl. DGHO-Stellungnahmen: http://www.dgho.de/informationen/…splantation.pdf und http://www.dgho.de/informationen/…aden%202009.pdf )

    Liebe Grüße

    H. Weyland
    Facharzt für Chirurgie

  • Hallo Herr Weyland,

    für den gefühlten Alltag habe Sie Recht ...; als kritischer Leser des OPS-Katalogs finde ich aber keine eindeutige Nachvollziehbarkeit dieser Ausrichtug auf die rein onkologische Schiene. Wo ist de die Grenzziehung zwischen den beiden Verfahren vom Wortlaut her? Bei der ganzkörperlichen Behandlung ? Bei einem minimalen transplantierten Zellvolumen ?

    In der Rechtssprechung zu den ehemaligen Fallpauascheln gab es die juritische Einschätzung, das der Wortlaut gilt (BSG vom 13. Dezember 2001 / Az: B 3 KR 1/01 R im Punkt 4); wenn die Vertragspartner nichts Konkretes vereinbart haben, dann kann auch Unerwünschtes resultieren ...

    Ich weiß, dass ich mit der letzten Analogie ziemlich weit aus dem Fenster lehne ...
    Gruß Hammerich