Arbeitsweise eines Kodierers

  • Liebes Forum,

    stellt Euch doch einmal bitte vor:

    über 20 Jahre Berufserfahrung in der Krankenpflege in wechselnden Bereichen, aber
    als Kodierfachkraft in den Anfängen und
    verantwortlich für einen bestimmten Fachbereich,

    niemand da, der mich anleiten kann,


    wie könnte ein sinnvoll gestalteter Arbeitstag aussehen

    wie könnte ich mich auf Station einbringen, bei Ärzten und Pflegepersonal (ausser mir dort Akten zu besorgen und als Ausserirdischer behandelt zu werden)

    ich würde mich sehr freuen von berufserfahrenen Kollegen und auch von ärztlicher Seite ein etwas detaillierteres Feedback zu erhalten.

    Ist sicher von allgemeinem Interesse für Anfänger!

    mit herzlichem Dank :):):)

    Liebe Grüße
    Nika :)

  • Guten Morgen NIka,
    kann mir das gut vorstellen, da ich in der gleichen Situation war (allerdings war eine Kollegin zur Anleitung da).
    Gut zum Kennenlernen: Zu den Visiten mitgehen, bei Unklarheiten Rücksprache mit den Ärzten nehmen, mit den Schwestern einen Plausch machen usw.
    Das Schlimmste sind die ersten Wochen, dann vergeht die \"außerirdische\" Phase.
    Inzwischen sollten alle wissen, dass an guter Kodierung auch ihr Gehalt hängt.
    Bei uns sind die Ärzte froh, dass wir sie davon entlasten.
    Wir übernehmen auch die Bearbeitung von MDK-Anfragen, das Verschicken von Dokumenten für Versicherungen usw.
    Alles Gute und Durchhaltevermögen wünscht
    anneDD

  • Hallo anneDD,
    nett, daß Du so schnell antwortest.Danke

    inwiefern entlastet ihr die Ärzte? Kodiert ihr komplett und die Ärzte garnicht?
    Worauf genau ist bei Visite zu achten?Wie ist das mit den Akten geregelt?Wann,wie und wohin bekommt ihr die?

    Liebe Grüße
    Nika :)

  • Hallo Nika

    Ich hatte das gleiche Problem vor ca 6 Monaten. Nach 20 Jahre Beruferfahrung in der Pflege war ich auf einmal Verwaltungsangestellter.

    Die ersten 2 Monate waren richtig hart. Keine Einarbeitung sondern \"mach mal\". Mein Glück war das ich in dem Haus gelernt habe und die meisten Oberärzte bzw Assistensärzte schon seit dem AIP kenne.

    Bei uns ist das so geregelt das ich regelmäßig mit auf Visite gehe ( 1 mal in der Woche OA Visite auf 3 Stationen).
    Wärend der Vistit schreib ich mir die HD und die ND auf und kodier vor. Nach erhalten der Akte kontrolliere ich die ganzen Eingaben nochmals. Wichtig bei der Visite ist für mich auch, das ich besser auf die Pflegediagnosen eingehen kann (z.b. Dekubitus) und den Kollegen ggf Tipps zur Dokumentation geben kann.

    Vor ärztlicher Seite wir von mir erwartet das ich Auskunft über die Verweildauer gebe und bei Überschreitung dieser darauf hinweise( daher auch das \"vorkodieren\" um eine DRG zu erlangen). Desweiteren wird von mir erwartet das ich auch auf die Dokumentation der Diagnosen achte....zb bei Sepsis habt ihr genug Blutkulturen abgenommen oder bei einer Niereninsuff...ist die Urinbilanz dokumentiert usw usw usw.
    Naja ich blick da selbst noch nicht wirklich durch.
    Die Bearbeitung von MDK Fällen gehört auch zu meinen Aufgaben.

    Das einzig wofür die Ärzte noch zuständig sind ist die Zeitnahe Erfassung der Aufnahmediagnose.
    Hoffe ich konnte Dir meine Arbeitsaltag ein wenig näher bringen. Achja bloss nicht den Kopf hängen lassen, es dauert ein wenig aber es wird. Du wirst sehen nach ein paar Monaten macht das ganze sogar richtig Spaß.

    Lg

    Javier

  • Hallo Nika,
    so ähnlich wie bei Javier ist es bei uns auch. Nur gehen wir öfter zur Visite mit. Gibt es nicht in anderen Fachbereichen bei EUch auch MDAs? WIr treffen uns regelmäßig mit den Medizincontrollern, da kann man sich auch gut austauschen und kennenlernen.
    Bei uns sind die Ärzte auch für die Aufnahmediagnosen zuständig, sie kodieren auch die Fachabteilung. Wir erhalten die Akten nach Entlassung des Patienten und betreiben dann Detektivarbeit, also Durchsicht auf gegebene Medikamente, Konserven, evtl. zusatzentgeltrelevante Dinge, Keime mit Mibi-Nachweis usw. Wir geben auch alle Fälle frei.
    Es lohnt sich sicher, hier im Forum öfter mal die Suchfunktion zu nutzen und dann abzugleichen, ob Dein gleichgelagerter Fall auch so kodiert ist.
    Ich sehe es auch so wie Javier. Am Anfang fand ich die Aktenarbeit belastend, aber inzwischen macht es direkt Spaß....ist wie bei der Kripo ;)
    Bis demnächst...wir sehen uns sicher hier im Forum.
    anneDD

  • Hallo Javier,
    Dank Deines Beitrages fühl ich mich schon weniger allein :)
    Dennoch habe ich sicher noch viele Fragen.
    Heißt das,bei Euch kodieren die Ärzte garnicht?
    Und ist es nicht doppelte Arbeit, wenn Du vorkodierst und später die Akte nochmal bearbeitest?Man kann sich doch unmöglich merken,bei wem man was, bis wann kodiert hat und ab wo man nachkodieren muß.
    Ab wann und auf welchem Weg bekommst Du die Akten?
    Wenn Du 3 Stationen betreust, in welchem Zeitrahmen bearbeitetst Du dann die Entlassungen? :sterne:

    Nochmals herzlichen Dank für die Beantwortung so vieler Fragen

    Liebe Grüße
    Nika :)

  • Liebe anneDD,

    auch Dir ein herzliches Dankeschön fürs Antworten.

    Bei uns läuft es eher nach dem Motto: ich weiß was aber ich sage es Dir nicht, will mehr sein als Du......ääätzend und seeehr schade....

    wie genau bringst Du Dich denn auf Visite ein?
    Und wie strukturierst Du Deinen Tag?
    In welchem Zeitfenster bearbeutetst Du Deine Fälle?

    ?( :rotwerd:

    Liebe Grüße
    Nika :)

  • Guten Morgen Nika

    In dem Bereich in dem ich Arbeite kodieren die Ärzte überhaupt nicht mehr, auch wenn ich im Urlaub bin. Wir sind eine Abteilung im Aufbau und noch recht wenig Kodierfachkräfte so das wir uns auch nicht gegenseitig vertreten können. Ich hab schon Panik vor meinem ersten Urlaub.

    Das vorkodieren ist keine doppelte Arbeit überprüfen must du die Diagnosen Anhand der Akte sowieso. Beim \"vorkodieren\" geht es hauptsächlich um die Ermittlung der Verweildauer.

    Die Akten bekomme ich von der Station direkt d.h. die Ärzte diktieren den Arztbrief und er kommt ins Schreibzimmer zum schreiben. Der Patient bekommt einen vorläufigen Entlassungsbrief. Wenn der Brief geschrieben ist bekomme ich die Akte zum kodieren. Danach gehen die Akten zum Chefarzt zur durchsicht ( den interessiert hauptsächlich die Formulierung des Arztbriefes und hat nur indirekt was mit mir zu tun). Die Freigabe macht letztendlich der für die Station zuständige Oberarzt.

    Das Zeitfenster zur Bearbeitung der Entlassungen ist ein Problem. Das hängt in der Regel von der Ärztlichen Besetzung der Station ab. Da der Patient ein vorläufigen E-Brief bekommt lassen sich die ärztlichen Kollegen auch gerne mal etwas mehr Zeit. Da must du etwas feingefühl entwickeln. Auf der einen Seite hab ich durchaus Verständniss für die Ärzte die genug arbeit haben, auf der anderen Seite muß auch ich meine Arbeit machen.

    So jetzt muß ich aber auch mal wieder an die Arbeit. Hoffe ich konnte Dir ein wenig helfen.

    Lg

    Javier

  • Hallo Nika,
    ich finde es schon erschreckend, wenn dieser Standesdünkel die Arbeit erschwert. Bei uns läuft es besser, auch wenn wir sicher manchmal als \"Nervensägen\" angesehen werden. Aber als Pfleger/Krankenschwester vergügt man doch auch über psychologische Fähigkeiten..... ;)
    Unser Chef steht auch voll hinter uns, vielleicht sollten Sie mit Ihrem mal einen Termin machen. Da kann man dann das Thema Rechte und Pflichten festlegen. Zur Visite sollen wir immer auf die Verweildauern achten (hat seine Grenzen, wenn noch keine Aufnahmediagnosen eingegeben wurden). Wir schauen, in welchem Zustand der Patient insgesamt ist (Nebenerkrankungen usw.).
    Unser Tag läuft in etwa so ab: morgens Visite (geht in der Unfallchirurgie schnell), dann Statistik für Chef erstellen, dann Akten auf den Stationen einsammeln, abrechnen, Akten archivieren, fehlende OP-Berichte anmahnen, Post verteilen usw.
    Mit dem Zeitfenster ist es wie bei Javier: Vorgabe ist, den Fall bis 3 Arbeitstage nach Entlassung zu vidieren, allerdings sind wir da auch von der Zuarbeit der Ärzte abhängig. Die Aktenzufuhr kommt also ruckweise, z. B. wenn im Dienst wenig los war, kriegen wir unsere Akten. Auch ist die Art der Kodierung von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Man weiß dann schon, wer welche Fehler macht und schaut genauer hin. Manche kodieren auch fast abrechnungsfertig.
    So, jetzt gehts weiter....schönen Tag und nicht aufgeben!
    Anne

  • Hallo Anne,

    vorerst vielen Dank für die Auskunft :)
    und fürs
    Mutmachen :d_zwinker:

    ich hoffe,ich darf Euch bei Bedarf wieder löchern :rotwerd:


    aber vielleicht bringen sich ja auch noch andere Kollegen nachträglich ein und runden das Bild ab.Wie ich mir dachte, geht es anderen ähnlich.[f3]

    ich wünsche jetzt schon ein schönes Wochenende :i_drink:

    Liebe Grüße
    Nika :)

  • Hallo miteinander,
    in unserem Haus geben die Fallmanagerinnen die Einweisungs- und Aufnahmediagnosen ein. Da unsere Patienten eine vorläufige Epikrise mit nach Hause bekommen, überprüft der Stationsarzt die Kodierung und vervollständigt sie. Dann übernimmt er die Diagnosen in seinen Brief.
    Am Entlassungstag bekomme ich die Akten. Grundlage zur \"End\"- Kodierung sind also der vorläufige (also nicht vollständige) Arztbrief, die Kurve, die pflegerische Dokumentation, das Krankenblatt und die Befunde. Anhand dieser Unterlagen überprüfe ich die Kodierung und ergänze sie ggf., auch die Diagnosen in der Epikrise. Fragen, die sich für mich ergeben, stelle ich dem Stationsarzt. Hier gibt es keine Probleme. Fast immer werden meine Fragen beantwortet, wenn nicht, beantwortet sie mir der ChA. :sterne: Das ärztliche Gespräch, hierbei lerne ich immer dazu und verstehe die Zusammenhänge besser, ist für mich ganz wichtig. Zur Visite gehe ich nicht mit, dafür reicht (leider) meine Zeit nicht.
    Da ich auch die MDK- Anfragen beantworte, kann ich konkrete Hinweise z. B. zur Dokumentation geben. Unsere Ärzte sind sehr aufgeschlossen, mangelnde Akzeptanz, wie oben beschrieben, hab ich nur 2003 erlebt, als ich die Abteilung hier im Haus aufgebaut habe.
    Ist die Kodierung fertig und alle Fragen geklärt, schalte ich die Fälle zur Abrechnung frei. Wir schaffen es also meistens die Rechnungen innerhalb der 3- Tage- Frist zu schreiben. :)
    Mein Aufgabenbereich umfasst die Kodierung bis zur Abrechnungsfreigabe, die Beantwortung der MDK- Anfragen, den ständigen Dialog mit dem Pflegepersonal und den Ärzten u. a. zwecks Verbesserung der Doku und der Optimierung der VWD, die Klärung strittiger Fragen mit der Kostenträgern, Schulungen zum Thema und jede Menge Kleinkram (z. B. Archiv und alle Fragen rund um die Abrechnung).
    Mein Tag ist ausgefüllt, meine Arbeit macht mir unendlichen Spaß. :d_zwinker:
    Liebe Grüße und allen ein erholsames Wochenende
    medcont