Demenzkrankenbetreuer + TE

  • Liebe Gemeinde,

    bin an Ihren Meinungen interessiert, ob die Leistungen spezieller Demenzkrankenbetreuer als (pflegerische) TE darstellbar sind.

    Gemeint sind in mehrmonatigen Lehrgängen ausgebildete Betreuungskräfte für Demenzkranke (SGB XI), die sich um den ATL-Bereich kümmern sollen. In diesem Sinne überlegt man bei uns, sie nach dem Wegfall der Zivis als eine Art Pflegehilfskräfte auf Station einzusetzen.

    Ich bin eher skeptisch, wollte das Thema aber mal in den Ring geworfen haben. :d_gutefrage:

    Schöne Grüße
    Artur Speck

  • Schönen guten Tag Herr Speck

    Zitat

    Anerkannt werden alle Leistungen, die durch Mitarbeiter erbracht werden, die eine Ausbildung in der jeweiligen, hier spezifizierten Berufsgruppe abgeschlossen haben und in einem dieser Berufsgruppe entsprechenden, vergüteten Beschäftigungsverhältnis stehen
    […]
    …mit durch Spezialtherapeuten und/oder Pflegefachkräfte erbrachten Therapieeinheiten

    Ich bin der Ansicht, dass es sich wohl kaum um eine abgeschlossene Berufausbildung in diesem Sinne handelt und sie werden diesen Mitarbeitern wohl auch kaum das gleiche bezahlen wollen, wie Pflegefachkräften oder ausgebildeten Therapeuten.

    Meine Meinung: Eindeutig nein!

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Guten Morgen,

    wie sieht es mit der Verwendung des Zusatzcodes 9-640 aus? Dort sind nur \"...1:1- Betreuung...\" und \"... eine Person...\" benannt, jedoch keine weiteren Mindestvorgaben, wie bspw. Pflegefachkraft. Sofern eine Ihrer Mitarbeiter innerhalb eines Tages eine Einzelbetreuung von mind. 2 Stunden für einen einzelnen Patienten nachweisen kann, wäre das m. E. nach eine Möglichkeit.

    mfG
    NZi

  • Hallo NZi,
    zur 1:1-Betreuung gehört allerdings die akute Fremd- und Selbstgefährdung.
    Die sehe ich bei Demenzkranken beim besten Willen nicht. Ausnahmen hiervon sind natürlich die deliranten Zustandsbilder.

    Auch, wenn es im 9-640er keine Anhaltspunkte für die Berufsgruppen gibt, die hier Leistungen abrechnen dürfen, sehe ich einen direkten Zusammenhang mit den Codes der Behandlungsbereiche und mMn dürfen nur die dort genannten Berufsgruppen dann auch hier abrechnen.
    Es sieht mir eher nach einem handwerklichen Fehler im OPS-Katalog aus. Überspitzt gesagt, glaube ich nicht, dass wir eine Reinigungskraft als Sitzwache einsetzen dürfen.

    Viele Grüße,

    B. Gohr

    Das Problem am Gesundheitssystem ist der aufrechte Gang. Der aufrechte Gang ist moralisch wünschenswert, orthopädisch aber eine Katastrophe.

  • Vielen Dank,

    Sie bestätigen meine Skepsis.
    Es würde die Kalkulation auch gefährlich verwässern, wenn die Leistungen niedrig(er) entlohnter Pflegehilfskräfte als Leistungen der PflegeFACHkräfte dargestellt würden.
    Bei 1:1 per 9-640 stimme ich Herrn Gohr zu: nicht anwendbar.

    Herzlichst,
    Artur Speck

  • Hallo Herr Gohr,

    natürlich gehört zum Zusatzcode eine akute Gefährdung, das stimmt. Aber das Eingangskriterium für 9-640 lautet auf \"akute Selbstgefährdung\" - ohne weitere Bedingungen (z. B. ... durch Suizidalität, o.ä. ). Somit kann eine \"akute Selbstgefährdung\" bei Demenzpatienten auch vielfältiger Natur sein - das wiederum einen Einstieg in den Zusatzcode begründbar machen würde.

    Die Hineininterpretation, was gemeint sein könnte, ist für mich kein Ausschlusskriterium. Es steht (zumindest jetzt noch nicht) nun mal nur \"..1 Person...\" - also kann ich diese Person unabhängig vom Ausbildungsstand angeben. Vielleicht sollte es auch ausdrücklich keine Vorgabe dazu geben, denn auch Pflegehilfskräfte verursachen für die Klinik Kosten (Mehraufwand) - und der Code ist ausdrücklich dafür gedacht, auch diese Kosten (getrennt vom Fachpersonal) darzustellen?!? - Also viel Spekulation, von daher denke ich: was nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist, ist erlaubt... Sollte im nächsten Jahr eine Verifizierung erfolgen, sieht die ganze Sache dann eben anders aus.

    Unabhängig davon sieht man manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht - sprich, es wird versucht, alles irgendwie in eine TE zu bekommen und ich wollte nur den Hinweis anbringen, dass (natürlich bei Vorliegen einer akuten Sebstgefährdung :) ) noch eine andere Möglichkeit zu prüfen wäre.

    Wie sehen das die anderen Forumsteilnehmer? Wäre rein formal bei Vorliegen einer akuten Selbst/ Fremdgefährdung des Patienten eine Abrechnung der geleisteten Zeiten auch vom Nicht- Pflegefachpersonal möglich (wir würden natürlich keine Putzfrau hinsetzen, aber wie sieht es mit einem Azubi aus)?

    Ich freue mich sehr auf Ihr Feedback!
    mfG
    NZi

  • Schönen guten Tag,

    ich gebe NZi Recht: Es gilt, was im OPS steht! Was nicht im OPS oder \"höherwertigen\" Regelungen wie den Kodierrichtlinien steht, sollte m. E. auch nicht hineininterpretiert werden. Meine Erfahrung in der Somatik sagt mir, dass der MDK von uns fordern wird, die Voraussetzungen des OPS dem Wortlaut nach zu erfüllen. Wenn die Voraussetzungen nach dem Wortlaut zu erfüllen sind, dann ist im Umkehrschluss auch alles, was nicht im OPS steht, keine Voraussetzung.

    Ganz so einfach ist es - wenn man nun den Wortlaut betrachtet - dann jedoch auch wieder nicht mit dem OPS 9-640:

    Zwar ist keine Berufsgruppe benannt und keine Qualifikation gefordert, es gibt jedoch andere Voraussetzungen:

    • Die Indikation ist durch einen Arzt zu stellen und zu dokumentieren,
    • Die Indikation muss herausstellen, dass die akute Fremd- oder Selbstgefährdung ein wesentliches Merkmal ist (was immer das bedeuten mag) und auf der psychischen/psychosomatischen Erkrankung beruht
    • Die Indikation muss täglich neu durch einen Arzt befundet, dokumentiert und angeordnet werden

    Unabhängig von der Berufsgruppe des Betreuenden ist somit auch ein gewisser ärztlicher Aufwand gegeben.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Guten Tag NZi, guten Tag Herr Schaffert,
    bitte verstehen Sie mich jetzt nicht falsch, aber ich kann Ihre Ansicht durchaus nachvollziehen, wenn auch nicht teilen.
    Und als Anmerkung vorweg, ich gehöre nicht zu den Leuten, die alle Leistungen auf Biegen und Brechen in TE pressen wollen. Ich lasse lieber einmal 5 TE unter den Tisch fallen, wenn man nicht sicher sein kann, ob korrekt dokumentiert wurde.

    Schauen wir uns doch den 9-640er mal an.
    Wir finden einleitend den Satz \"Diese Kodes sind Zusatzkodes. Sie können nur in Verbindung mit [...] angegeben werden\".
    Stimmen Sie mir zu, dass die 1:1-Betreuungszeiten per Definition erbrachte Leistungen sind?

    Leistungen innerhalb eines Behandlungsbereiches können nur von den Berufsgruppen erbracht werden, die bei den Behandlungsbereichen auch explizit stehen. Und da der 9-640er Kode ein Zusatzkode zu den Behandlungsbereichen ist, gelten diese Berufsgruppen auch hier.

    Vielleicht verstehen Sie nun meine Gedanken dabei.


    Dass Leistungen, die durch Auszubildende erbracht werden, nicht berücksichtigt werden, finde ich gut und das darf auch gern so bleiben. Auszubildende sollen nicht eigenverantwortlich handeln, sie sollen keine Leistungen erbringen. Sie sollen eigentlich nicht einmal im Dienstplan als Vollzeitkraft eingeplant werden (dass dies in der Realität anders aussieht, ist mir klar).
    Auszubildende sollen vom ersten bis zum letzten Tag lernen, aufpassen und beobachten. Natürlich müssen sie auch mit \"Hand anlegen\". Aber nur im Rahmen ihrer Ausbildung.
    Aber diese Diskussion ist eine müßige und politische und gehört eigentlich nicht hier her - ich wollte nur auszeigen, dass ein Auszubildender keine suffiziente Sitzwache darstellen darf.


    Viele Grüße,

    B. Gohr

    Das Problem am Gesundheitssystem ist der aufrechte Gang. Der aufrechte Gang ist moralisch wünschenswert, orthopädisch aber eine Katastrophe.

  • Schönen guten Tag Herr Gohr,

    leider kann ich ihrer Argumentation nicht zustimmen.

    Ja, der Kode 9-640 ist ein Zusatzkode. Das heißt jedoch noch lange nicht, dass dann auch die gleichen Voraussetzungen gelten müssen, wie für den Basiskode. Nach Ihrer Argumentation dürfte dann der Zusatzkode nicht in Verbindung mit dem OPS 9-604 oder 9-614 angegeben werden, weil dort gar keine Berufsgruppe steht.

    Ich teile Ihre Meinung, dass es richtig ist, bei den Therapeieinheiten nur Mitarbeiter mit abgeschlossener Ausbildung. Hier geht es jedoch nicht um Therapie im engeren Sinne.

    Unabhängig davon, was nun wirklich gemeint war, halte ich auch aus didaktischen Gründen an meiner Interpretation streng nach dem Wortlaut fest. Denn diejenigen, die in Fachgesellschaften, Gremien und dem DIMDI an der Formulierung der Kodes beteiligt sind, sollen und müssen durch diese Diskussionen auch lernen, das in den Kode hineinzuschreiben, was gemeint ist. Sonst kommen wir nämlich zu der Situation, die ich auf das schärfste kritisiere, nämlich dass hinterher Anfragen an das DIMDI gestellt werden, in deren Antworten dann Mitarbeiter ihre persönliche Interpretation abgeben, die sich dann auch noch zwischen zwei Anfragen unterscheidet.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo zusammen,

    ich fände es interessant, Herrn Specks Frage einmal dem DIMDI oder dem InEK zu stellen. Herr Speck, soll damit zusätzlich zur Behandlung und Pflege eine ATL-Betreuung geleistet werden? Wie werden diese Betreuungskräfte vorgebildet und bezahlt sein? Wenn alles mit den OPS-Mindestvoraussetzungen übereinstimmt, könnte man solche TEs erbringen.

    Die 1:1-Betreuung ist, wie Herr Gohr meiner Meinung nach zutreffend angemerkt hat, für eine ATL-Betreuung nicht vorgesehen. Ich finde NZis Argumentation, daß die dortigem Mindestmerkmale \"akute Fremd- oder Selbstgefährdung\" auch für Hilflosigkeit mit der Gefahr von selbstgefährdenden Fehlleistungen gelten, ebenfalls zutreffend.

    Das Forum lebt davon, daß unterschiedliche Interpretationen diskutiert werden, niemand interpretiert etwas in den OPS hinein. Im Gegenteil finde ich die Diskussion hier sehr sachlich und die Meinungen gut begründet. Allerdings bevorzuge ich persönlich im Gegensatz zu Herrn Schafferts OPS-Interpretation nach dem Buchstaben und nach didaktischen Gründen eine pragmatische Interpretation, die bei unklarem Wortlaut auch den Kontext berücksichtigt.

    Konkret: Im Wortlaut des OPS-Katalogs steht wiederholt die entsprechende Ausbildung für bestimmte Leistungen in den Mindestvoraussetzungen, nur nicht in den Zusatzinformationen. Folgerichtig argumentiert Herr Gohr, daß sich die Zusatzinformationen auf die genannten Komplexkodes 9-60 bis 9-63 beziehen und daher die Mindestvoraussetzungen für den Ausbildungsstand entsprechend gelten.

    Für mich war Herrn Schafferts wichtige Beobachtung, daß \"die akute Fremd- oder Selbstgefährdung ein wesentliches Merkmal ist\", nochmal ein Augenöffner. Das war auch Herrn Gohrs wichtiger Punkt in einer früheren Diskussion, daß die Zusatzinformationen tatsächlich keine routinemäßig leicht zu erlangenden Punkte sind.

    Mit freundlichen Grüßen,
    TicTac

    There is a theory which states that if ever anyone discovers exactly what the universe is for and why
    it is here, it will instantly disappear and be replaced by something even more bizarre and inexplicable.
    There is another theory which states that this has already happened. ~Douglas Adams