9-62 Psychotherapeutische Komplexbehandlung

  • Hallo und schönen Tag,

    ich verfolge das Forum „Entgeldsystem in der Psychiatrie“ schon einige Zeit.
    Die Informationen auf diesem Forum sind aktuell und zeigen mir sehr oft, das viele Kollegen mit ähnlichen Schwierigkeiten und Problemen bei der Kodierung wie ich umgehen müssen.

    Aktuell würde mich einmal die Meinung zu dem Vorraussetzungen für den 9-62xx interessieren.

    9-62 Psychotherapeutische Komplexbehandlung bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei Erwachsenen
    Mindestmerkmale:
    ·Die durchgeführten ärztlichen und/oder psychologischen Verfahren (ärztliche und psychologische Einzel- und Gruppentherapie) müssen mindestens 3 Therapieeinheiten pro Woche umfassen. Bei weniger als 3 Therapieeinheiten pro Woche ist ein Kode aus dem Bereich 9-60 (Regelbehandlung) zu verwenden, sofern keine Intensivbehandlung (9-61) vorliegt.

    Ich habe sehr oft Patienten die den 9-62xx Kode in der ersten Woche bekommen und somit die Mindestmerkmale erfüllen. In der letzten Behandlungswoche ( z.B. 3 Tage ) erhält der Pat. 2 TE von Arzt oder Psychologe und wird dann entlassen. Ich kann durch diese kurze Zeit niemals den Psychotherapeutischen Kode anwenden, es muss nach den aktuellen Vorgaben auf Regelbehandlung zurück kodiert werden.

    Mich interessiert, kodieren andere ebenfalls zurück in Regelbehandlung oder lassen den Komplexbehandlungsbereich bestehen ( ?! „wenn Pat. noch zwei Tage Länger in der Klinik verweilt wären die Vorraussetzungen wahrscheinlich erfüllt“).

    „Wenn dieser Kode optimal zu Anwendung kommen soll, dann werden alle Patienten nur noch am letzten Werktag der Behandlungswoche entlassen um den Komplexbehandlungs-Kode 9-62xx zu verwenden. J J „

    Natürlich ist die OPS 2011 noch nicht eindeutig ausgereift aber die Spielregeln verändern sich von Jahr zu Jahr.

    Über eine rege Diskussion würde ich mich freuen.

    Gruß Space Alex

  • Hallo Space Alex und willkommen im Forum!

    Sicher haben Sie recht, dass sich das Regelwerk jährlich ändert. Dabei darf man jedoch nicht ausser Acht lassen, dass man trotzdem nur kodieren darf, was auch tatsächlich geleistet wurde. Dazu gehört auch, dass ich nur einen Behandlungsbereich (Komplexkode) kodieren darf, wenn ich sämtliche Mindestmerkmale und Vorraussetzungen erfülle.
    Um mit Ihrem Beispiel zu sprechen - der Patient landet dann eben in der Regelbehandlung.

    Zitat

    ?! „wenn Pat. noch zwei Tage Länger in der Klinik verweilt wären die Vorraussetzungen wahrscheinlich erfüllt“


    Weiter gedacht würde dies bedeuten, dass ich auch meine vier MRTs und die Appendektomie kodieren könnte - die hätte er wohl auch bekommen.

    Viele Grüße,

    B. Gohr

    Das Problem am Gesundheitssystem ist der aufrechte Gang. Der aufrechte Gang ist moralisch wünschenswert, orthopädisch aber eine Katastrophe.

  • Hallo Herr Gohr,

    danke für die schnelle Antwort. Deshalb habe ich mich auch entschlossen bei diesem Forum einzusteigen.


    Es wäre vielleicht nachvollziehbarer, wenn ich kurz meine Vorraussetzungen beschreibe:

    Alle unsere Daten unserer Klinik werden direkt/zeitnah vom Erbringer ins KIS eingegeben.
    Sämtliche OPS Kodes werden ebenfalls durch unser KIS generiert.

    Kurz nach der Entlassung werden die Daten des Patienten dann überprüft.
    Dabei kommt es speziell im 9-62 Psychotherapeutische Komplexbehandlungsbereich oft zu Diskrepanzen.

    Der OPS Kode 625.3 (Spezialtherapeuten/Pflege) ist im KIS generiert.
    ABER die erbrachten 2 TE der Ärzte/Psychologen werden nicht als Kode generiert, sie erfüllen ja nicht die mindest Merkmale für eine vollständige Woche. Sie werden folgerichtig nicht berücksichtigt.
    Erst bei einer Veränderung des Behandlungsbereiches erscheinen die TE von Ärzten/ Psychologen in Form eines OPS Kodes wieder.

    „Mein Ansatz ist das eine bearbeitende Instanz, diese Daten auf Plausibilität prüft und evt. Rückschlüsse auf die Kodierung zieht. Man muss nicht in der Materie des OPS sein, ich schau nach, ist der eine Kode vorhanden OK und wenn nicht dann ......

    Bei der OPS 2010 war die 20% Klausel auch für >7Tage Woche anwendbar (J) mit der OPS 2011 ist dies etwas erschwert.
    Eine korrekte Einstufung im Psychotherapeutische Komplexbehandlungsbereich ist ohne ausreichendes Personal und Tages/Wochen Management nur schwer zu erreichen.

    Mir ist absolut klar, dass nach den bestehenden Vorgaben die Patienten in den Regelbehandlungsbereich 9-60x.x zurückstufen sind.

    Ein Diskussion ermöglicht den Zugang zu andere Sichtweise was Informationen.

    Schönen Tag Space Alex

  • Hallo Space Alex!
    Wenn ich Sie richtig verstehe, werden die OPS quasi \"on the fly\" vom KIS erstellt aber es gibt keinen internen Prüfmechanismus?
    Das KIS sollte doch eigentlich, wenn es denn unbedingt in Echtzeit die Kodes erstellen will (was ja auch an und für sich albern ist...), diese jedes Mal neu überschreiben, wenn andere Leistungen hinzukommen.

    Warum wird der OPS 9-625.3 generiert, wenn doch gar keine Psychotherapeutische Behandlung zustande gekommen ist?

    Ich fürchte, in Ihrem KIS läuft etwas grundlegend schief; das sollten Sie dringend beheben lassen - ansonsten kann man natürlich gern noch 4 Leute einstellen, die jeden Code überprüfen...
    Grundlegend muss man zum Thema KIS noch sagen, das jawohl nicht der Kunde für falsche Kodes haftbar gemacht werden kann, sondern der Hersteller des KIS. ;)


    Vielleicht verstehe ich Sie aber auch irgendwie falsch...

    Viele Grüße,

    B. Gohr


    PS: Was bedeutet das \"J\"?

    Zitat

    Bei der OPS 2010 war die 20% Klausel auch für >7Tage Woche anwendbar (J) mit der OPS 2011 ist dies etwas erschwert

    Das Problem am Gesundheitssystem ist der aufrechte Gang. Der aufrechte Gang ist moralisch wünschenswert, orthopädisch aber eine Katastrophe.

  • Hallo Hr. Gohr,
    erst mal zum (J) ist ein Schreibfehler und die anderen auch, Sorry.

    Zum Thema Prüfmechanismus, dieser findet erst am Ende der Behandlung statt und betrachtet den ganzen Fall.
    Die Einstufung ermittelt das KIS anhand der täglichen Einstufungen durch die Ärzte und nutzt diese Daten, es reagiert sobald sich etwas verändert. KIS arbeitet korrekt. „Segen und Fluch von KIS“. J

    Der einstufende Arzt weiß jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht, ob die Kriterien für die Behandlungswoche erfüllt werden ( z.B. Ausfall usw.).

    „Ich, habe bis jetzt noch nicht mitbekommen, das der Fall retrospektiv vom Einstufenden betrachtet wurde. Geht es evtl. anderen Kliniken ähnlich? “

    Zurück zum eigentlichen Thema.
    Bsp: Patient kam Montags ist schon drei Wochen in Behandlung und wird Mittwochs entlassen.
    Mo –Di hat er 2 ½ TE erhalten, fehlen würden noch ½ TE um den korrekte 9-62x.x abzubilden.

    Finden Optimierungen in andern Kliniken schon statt oder vertraut man auf die korrekt Dokumentation „Einstufung“ oder KIS ?

    Eine mögliche Alternative könnten Falloptimierer in der Psychiatrie sein, ich fände dies zum aktuelle Zeitpunkt verfrüht. Wir befinden uns ja in einem Lernendem System!

    Schönen Gruß
    Space Alex

  • Hallo zusammen!

    Sie haben da eine sehr interessante Frage gestellt!

    Zitat

    Original von Space Alex: Bei der OPS 2010 war die 20% Klausel auch für >7Tage Woche anwendbar (J) mit der OPS 2011 ist dies etwas erschwert.

    Ich gehe davon aus, daß Sie hier eigentlich schreiben wollten, daß mit den 2010er OPS und deren 20%-Klausel auch für weniger als sieben Behandlungstage genug Therapieeinheiten zur korrekten Kodierung des Psychotherapie-Komplexkodes zusammenkamen.

    Meiner Meinung nach war die OPS-Weiterentwicklung an diesem Punkt nicht nötig, und wie man an Ihrer klugen Beobachtung sieht, war es eine \"Verschlimmbesserung\" erster Güte.

    Es gibt meiner Einschätzung nach keinen Grund, weshalb eine indizierte und in der Dokumentation gut begründete Psychotherapie auf einmal keine mehr sein soll, nur weil der Patient vor Erreichen der verlangten mindestens 3 Therapieeinheiten pro Woche entlassen wurde. Ich verwette mein OPS-Verzeichnis 2011 dafür, daß den Schöpfern der Verbesserungen 2012 eine Ergänzung einfallen wird, die dieses Problem mit einer weiteren komplizierten Regel lösen wird. ;)

    Schönes Wochenende und beste Grüße,
    TicTac

    There is a theory which states that if ever anyone discovers exactly what the universe is for and why
    it is here, it will instantly disappear and be replaced by something even more bizarre and inexplicable.
    There is another theory which states that this has already happened. ~Douglas Adams

  • Hallo Space Alex!
    So langsam beginne ich, Sie doch zu verstehen (hoffe ich ;) ).
    Wir gehen nun also davon aus, dass Ihr KIS die korrekten Kodes erstellt. Heisst: wenn keine 3 ärztlichen TE erbracht wurden, gibts für die Behandlungswoche auch keinen 9-62er, ja?

    Fehlt am Ende der Behandlungswoche eine halbe TE, so führt dies zu einer Regelbehandlung. Aber um den 9-62 zu kodieren, müssen doch noch ganz andere Vorraussetzungen erfüllt sein!
    Weil Sie gerade den Arzt ansprachen, der ja vorher noch garnicht wissen kann, ob die Kriterien erfüllt werden: Für den Kode 9-62 benötigen wir nicht nur die TE der Ärzte und Psychologen, sondern wir benötigen auch eine medizinische Indikation und einen einsichtsfähigen Patienten! Und genau das ist es, was der behandelnde Arzt natürlich vor Beginn der Behandlung weiß - und das sollte er auch dokumentieren (wo auch immer Sie in Ihrem KIS solche Therapieziele aufschreiben).
    Dass dann am Ende halt für 6 Tage doch kein 9-62 herauskommt, ist ja Nebensache.


    Bei Falloptimierung muss ich irgendwie immer an Upcoding denken - und das ist etwas, was wir zum aktuellen Zeitpunkt sicher nicht gebrauchen können.
    Natürlich kann ich durch retrospektive Umgruppierung dafür sorgen, dass ich das Maximum aus dem Fall herausholen kann (1 Woche 9-62, 6 Tage 9-61, 1 Woche 9-62 > Entlassung). Das kann aber beim besten Willen nicht der Sinn sein udn wird vermutlich den MDK auf den Platz rufen.

    Viele Grüße,

    B. Gohr

    Das Problem am Gesundheitssystem ist der aufrechte Gang. Der aufrechte Gang ist moralisch wünschenswert, orthopädisch aber eine Katastrophe.

  • Für mich stellt sich die Situation so dar: wir haben Stationen und Tageskliniken, in denen die Indikation für eine psychotherapeutische Behandlung gestellt, der Pat. motiviert, die formalen Voraussetzungen komplett und die Personalbesetzung nach Psych-PV (weitgehendst) erfüllt ist; dennoch schaffen wir kaum noch die Hürde der 3 TE (z.B. gibt es ja Ausfall durch Dienste, Urlaub, Krankheit)...
    Die 20%-Regel finde ich allerdings auch nicht besser.
    Und zumindest ist mit der neuen Regelung die Verführung vom Tisch, trotz vielleicht einmaliger Unterschreitung der Kriterien dennoch PKB zu verschlüsseln, weil es inhaltlich eine wäre.
    Unter 3 TE gibts keinen PKB-Kode, und basta.
    Das ganze wird dazu führen, dass das Kosntrukt in 2012 noch verquaster wird; vielleicht gibt es dann einen Psychotherapiescore oder so :t_teufelboese:

    Viele Grüße

    B. Knittel

  • Hallo zusammen !

    Einen Gruß an TicTac, sie haben die Problematik bei der Anwendung des Psy.Kompl.Ko. 9-62x.x nachvollziehen können. Ihr Zitat fand ich sehr treffend:

    Zitat: TicTac ............, war es eine \"Verschlimmbesserung\" erster Güte.

    Auch ich glaube, dass der OPS 2012 eher eine Verkomplizierung in diesem Fall wird, als eine gut anwendbares Regelwerk.


    In diesem Zuge möchte ich auch Hr. Gohr und Kodirre antworten.

    Ich möchte noch mal ein Beispiel näher erklären:
    Es sind alle Vorraussetzungen vorhanden:
    Indikation wurde bestimmt, der Patient ist ausreichend motiviert und introspektionsfähig.
    Es geht mir nur um die 3 TE.
    Das KIS System gibt mir folgende Kodes aus: Pat. Stationär 27.1 bis 5.2

    9-624.1 Psychotherapeutische Komplexbehandlung mit mehr als 4 bis 6 Therapieeinheiten pro
    Woche Ärzte und/oder Psychologen 27.1.11
    9-625.1 Psychotherapeutische Komplexbehandlung mit mehr als 2 bis 4 Therapieeinheiten pro
    Woche Spezialtherapeuten und/oder Pflegefachkräfte 27.1.11
    9-625.2 Psychotherapeutische Komplexbehandlung mit mehr als 2 bis 4 Therapieeinheiten pro
    Woche Spezialtherapeuten und/oder Pflegefachkräfte 03.2.11

    9-980.0 Behandlungsart A1 im Bereich Allgemeine Psychiatrie (Regelbehandlung) 27.1.11

    Die zweite Woche wird nach dem bestehenden KIS System korrekt abgebildet.
    Die TE 3.2. 1TE Einzel durch Psychologen und 1/8 TE durch Arzt werden nicht angezeigt und kodiert da sie die 3 TE für PKB-Kode nicht erfüllen.
    1 Behandlungswoche 7 Tage und die zweite BW 3 Tage, die Vorraussetzungen sind immer noch die gleichen, nur es werden die geforderten 3 TE nicht erreicht.
    Die ersten beiden Kodes sind korrekt, der folgende 9-625.2 nicht.
    Der Patient muss dann rückwirkend neu eingestuft werden. ( Bei kurzer Verweildauer leicht, aber je länger desto mehr Spaß J )
    Die Folge ist, das der Patient sich die letzten drei Tage im Regelbehandlungsbereich befindet
    und somit die TE von Arzt/Psychologe und Spezial/Pflege korrekt angezeigt werden.

    Auch ich stimme Kodirre zu, Zitat: „Unter 3 TE gibts keinen PKB-Kode, und basta.“
    Ich möchte auch kein Upcoding, ich bin für eine korrekte Kodierung.

    Als Abschluss, schaut gelegentlich mal in die KIS Kodierung, sie birgt so manche Überraschung !?!
    Ich freu mich über die rege Diskussion. Sorry für den langen Text, aber ich finde es war notwendig!

    Schönen Gruß Space Alex

  • Hallo Space Alex!

    Zitat

    Die ersten beiden Kodes sind korrekt, der folgende 9-625.2 nicht.
    Der Patient muss dann rückwirkend neu eingestuft werden. ( Bei kurzer Verweildauer leicht, aber je länger desto mehr Spaß J )
    Die Folge ist, das der Patient sich die letzten drei Tage im Regelbehandlungsbereich befindet
    und somit die TE von Arzt/Psychologe und Spezial/Pflege korrekt angezeigt werden.


    Entschuldigen Sie bitte, aber scheinbar ist dann doch Ihr KIS schuld?
    Der Patient muss retrospektiv nicht neu eingestuft werden. Das sollte das KIS bitteschön allein können, wenn die Ärzte nicht die 3 TE erreichen.

    Viele Grüße,

    B. Gohr

    Das Problem am Gesundheitssystem ist der aufrechte Gang. Der aufrechte Gang ist moralisch wünschenswert, orthopädisch aber eine Katastrophe.

  • Hallo Hr. Gohr,

    ich möchte versuchen den Ablauf zu beschreiben.

    - Ärzte stufen den Patienten ein (bei Aufnahme, bei Veränderungen => KIS hat eine tägliche Abfrage
    oder die vorherigen Einstufungen z.B. A1 PKB werden durch den Arzt bestätigt )
    - KIS nimmt eingegebene Daten, vergleicht und generiert Kode automatisch
    - am Ende der Behandlung werden die OPS Kodes in der Auflistung angezeigt,
    (siehe Beispiel Forums Eintrag 4.2.2011)

    Als Folge muss die Behandlungswoche bearbeitet werden, in der die Kriterien nicht erfüllt wurden um den korrekten Kode zu übermitteln.

    ABER

    Was ist mit PKB Patienten, die nur 1,2 oder mehr Tage in der letzten Behandlungswoche noch in der Klinik sind? Die es leider nicht mehr schaffen 3 TE in der Woche zu bekommen, alle anderen Vorraussetzungen sind vorhanden.
    Aktuell => Zurückstufung in Regelbehandlungsbereich
    Alt 2010 => durch die 20% Regelung konnte der Pat. Den PKB Kode erreichen

    Lösungen dafür:
    Ignorieren L , Rückstufung, irgend wie die TE (Arzt/Psychologe) erzeugen oder eine Veränderung
    (Zitat TicTac “Verschlimmbesserung“) des OPS 2012


    Schönen Gruß
    Space Alex