Fallzusammenführung 2004

  • Hallo Forum,
    ein Patient wird Anfang Januar 2004 wg. Gastroenteritis stationär behandelt, DRG G67B, Verweildauer 4 Tage. Die erneute Aufnahme des Patienten Ende Januar erfolgt wegen einer akuten Appendizitis, DRG G07C, Verweildauer 6 Tage.
    Müssen diese beiden Fälle nach den neuen Abrechnungsvorschriften zusammengefasst werden (beiden Aufenthalte stehen in keinem kausalen Zusammenhang)? Wenn ja, was ist dann die Hauptdiagnose?

    Ich bin gespannt auf Eure Antworten,
    Viele Grüße aus Höxter und ein frohes neues Jahr

    Siegfried Stephan

  • Hallo Herr Stephan,

    nach den Regeln für die Wiederaufnahme gilt folgender Ablauf für die Prüfung:

    Wenn die oGVWD bei Wiederaufnahme verstrichen war,

    1. Wiederaufnahme innerhalb von 30 Kalendertagen? (trifft hier zu)

    2. gleiche MDC? (trifft hier zu: 06 Krankheiten der Verdauungsorgane, somit ist automatisch der „kausale Zusammenhang“ gegeben)

    3. erste DRG aus nichtoperativer Partition? (trifft hier zu)

    4. zweite DRG aus operativer Partition? (trifft hier zu)

    Folge: Zusammenfassung und DRG-Neueinstufung: DRG G07C für beide Aufenthalte (4 Tage des 1. Aufenthalts Gratisleistung! X()

    MfG
    --
    R. Balling
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

  • Hallo Herr Stephan,

    nach den Regeln in der KFPV 2004 (§2) wird hier dieser "Spezialfall" nicht von der Wiederaufnahmeregel (§2; Abs. 2) ausgenommen. Ein kausaler Zusammenhang ist nicht als voraussetzung für diese Bestimmung angegeben.
    In Ihrem Beispiel wäre demnach eine Zusammenfassung zu einem Fall vorzunehmen (und es ist davon auszugehen, dass der Kostenträger auf dieser Zusammenfassung besteht).
    Wie dann allerdings die Hauptdiagnose aussehen soll, ist die Frage?
    Bei einer Appendizitis ohne Peritonitis führt das Grouping aufgrund der Appendektomie auch dann in die G07C, wenn eine Gastroenteritis als Hauptdiagnose angegeben würde. Liegt aber eine Appendizitis mit Peritonitis vor, und ist diese als Hauptdiagnose anzugeben, dann käme man in die DRG G07B oder G07A.
    Also Streitpotential mit den Krankenkassen!

    Schöne Weihnachten

    F. Nusser

    [mark=grey]Schöne Grüsse

    F. Nusser[/mark]

  • Die neuen Regelungen zur Verhinderung eines Fallsplittings stellen einen Systembruch dar, der zu nicht beabsichtigen Paradoxien wie in diesem Beispiel führen kann. Ich halte dies allerdings für einen akzeptablen Kompromiss, da das Regelwerk die Prüfschritte eindeutig und EDV-gerecht beschreibt und das KIS die erforderlichen Verwaltungsmaßnahmen mehr oder weniger automatisiert vornehmen kann.
    Es fehlen jedoch in der Tat konkrete Ausführungsbestimmungen, wie die Neueinstufung vorzunehmen ist. Die Kodierrichtlinie D002c behandelt diese Situation nur oberflächlich:

    Sofern beide Aufenthalte gemäß KFPV 2004 (Näheres siehe dort) mittels einer Fallpauschale (DRG) abgerechnet werden, werden die Symptome/Diagnosen und Prozeduren beider Aufenthalte zusammen betrachtet. Auf diese Symptome/Diagnosen ist die Hauptdiagnosendefinition anzuwenden.

    Damit können die im 2. Aufenthalt hinzukommenden Diagnosen bei der Auswahl der Hauptdiagnose mit berücksichtigt werden. Die einzig sachgerechte Interpretation kann dabei nur sein, dass die Diagnose, die zum 2. Aufenthalt und zur OP geführt hat, als HD auch für den zusammengeführten Fall gewählt werden darf.

    Gastroenteritis als HD anzugeben wäre völlig inakzeptabel, auch wenn dies in diesem Beispiel zu einer plausiblen DRG führt.
    --
    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    DGCH, Berlin

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin

  • Hallo Forum, hallo Herr Stephan,

    auch wir haben solche Fälle mal durchgespielt und in der Tat sind natürlich Fälle vorstellbar, in denen das KH quasi Gratisleistungen erbringt. Ein Patient, der wegen eines Ulcus-Leidens konservativ behandelt wird und dann auffällig wird mit einer Sigma-Perforation bei Divertikulitis, ein anderer mit 1. ZNS-Symptomatik bei Borreliose und 2. Schädel-Hirn-Trauma mit ICB usw. usw..
    Wir haben es bei uns pro Jahr mit ca. 40.000 stationären Behandlungsfällen zu tun und haben mal retrospektiv unser Fallzusammenführungspotential ermittelt. Ich würde bei nüchterner Betrachtung mal vorsichtig äußern, daß man hier den Ball sehr flach spielen sollte. Der Anteil der Fälle, der in diese - vom Verordnungsgeber nicht berücksichtigten - Spielart fällt, ist sicher sehr (ich betone: sehr!) gering.
    Man kann natürlich überlegen, daß das Krankenhaus mit seiner gelebten täglichen Quersubventionierung so etwas auffangen kann, ich würde jedoch auch dazu neigen, in Einzelfällen mal mit den Kassen zu sprechen, speziell dann, wenn es sich in der FZF um die Zusammenführung von hochpreisigen Leistungen handelt. Allerdings vermute ich, daß es dann auch zu zähen Verhandlungen kommt, denn ich kann aus der KFPV keinen Anspruch herleiten, da eine Kommentierung speziell dazu nach meinem Kenntnisstand bis jetzt fehlt.


    --
    Gruß aus DU

    Dr. med. Andreas Sander
    Stabsstelle MedCo/QM
    Evangelisches und Johanniter Klinikum DU/DIN/OB gGmbH

    Gruß aus DU
    Dr. med. Andreas Sander
    Evangelisches und Johanniter
    Klinikum Niederrhein