Komplikation richtig verschlüsseln

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Winter,

    an dieser Stelle möchte ich Ihnen ein Frage stellen. Diese zielt mehr auf Ihre Argumentationsweise ab, als auf das ursprüngliche Thema:

    Wie kodieren Sie eine pathologische Fraktur eines Wirbelkörpers bei Osteoporose (Ursache für Osteoporose sei hierbei egal)?

    Die alten Diskussionen hier im Forum sind mir bekannt.
    --
    Gruß

    D. D. Selter

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Herr Selter,

    haben Sie vielen Dank für Ihre Frage, die in einen der schönsten circuli vitiosi (hoffentlich richtig, ich hatte in Latein eine 5) der ICD stößt.

    Über diesen wurde am 25.-27.6.03 schon einmal diskutiert. Darum hänge ich die damalige Diskussion an und hoffe Ihnen damit helfen zu können.

    In diesem Fall hilft wahrscheinlich nur nach eingehender Analyse des Falles an Hand des Krankenblattes die Codierung, die am wenigsten falsch ist.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin


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    25.6.03
    Guten Tag,

    Bei uns kommt es recht häufig vor, das ältere Pat. nebenher Ihre degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen mit entsprechender Schmerzsymptomatik haben (wohlbemerkt als ND!), i.S.v. Spondylosis deformans sowie Osteoporose mit teilweise beschriebenen Wirbelkörperkompressionen/ -verschmälerungen => Behandlung mit Analgetika, Mineralstoffpräperate, Physio etc.

    Meine Frage nun - kann hier ein Schlüssel aus der Kategorie M80,- Osteoporose mit pathologischer Fraktur gewählt werden oder ist dieser nur zulässig, wenn es sich um eine "frische" Fraktur handelt?
    Bei den Fällen worum es mir geht, ist ja anzunehmen, das es sich um "schon länger bestehende" Wirbelkörperkompressionen handelt => Sinterung.

    MfG
    Michael Graf

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    25.6.03

    Hallo Herr Graf,

    eine Antwort auf Ihre Zeilen müsste ganze Seiten füllen, denn der Teufel steckt im Detail.

    Ich kann hier nur empfehlen, sich alle Querverweise einschließlich der Kapitelüberschriften, Ein- und Ausschließungen genau anzusehen, zu merken, dass man sich im Kreise dreht und dann die Nuancen des Einzelfalls aus der KG herauszuarbeiten und sich für einen oder mehrere Codes zu entscheiden, wobei letzteres die Wahrheit wohl am besten treffen wird.

    Hier hilft eigentlich nur die Regel, welcher Code ist am wenigsten falsch?

    Da die pathologischen osteoporosebedingten Frakturen oft erst spät und dann auch meist zufällig entdeckt werden, kann es eine zeitliche Regel, wann dieser Code nicht mehr angewendet werden darf, kaum geben.

    Bei der Spondylosis deformans oder einer Spinalstenose ist die Codierung noch einfach http://M47.ff/M48.0ff (wobei eine eventuelle Neurologie als „*“-Code nicht vergessen werden darf).

    Die Antwort auf die andere Frage ist ein Konglomerat aus M48.4ff/5ff; M49.5ff* + Ursache; M80.ff; M82.ff* + Ursache; M83.ff weil trotz echter Definitionsunterschiede die Osteo-Malazie und –Porose im klinischen Alltag oft synonym verwendet wird, und M84.3ff; M84.4ff mit den Querverweisen, die dann wieder an den Anfang verweisen. Hilfreich für einen zeitlichen Zusammenhang kann auch die M96.8 sein.

    Ein Schema „F“, nach dem die Kliniker vor Ort immer schreien, wird es hier nicht geben.

    Es tut mir leid, Ihnen nichts besseres sagen zu können.

    Mit freundlichen Grüßen.
    Thomas Winter
    Berlin

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    26.6.03

    Hallo Herr Winter,Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor Nun aber mal Spass beiseite - ich bedanke mich erstmal für Ihre kompetente Antwort. Sie haben die Komplexität der Problematik wirklich treffend beschrieben. Das angesprochene Schema "F" wäre wirklich nicht schlecht Aber Sie haben mir mit Ihren Ausführungen schon weitergeholfen - insbesondere mit . . .quote: Da die pathologischen osteoporosebedingten Frakturen oft erst spät und dann auch meist zufällig entdeckt werden, kann es eine zeitliche Regel, wann dieser Code nicht mehr angewendet werden darf, kaum geben. Darum ging es mir im Wesentlichen - der Einzelfall wird's dann entscheiden.MfGMichael Graf

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    26.6.03 Styprek

    Hallo Michael
    bei uns wird eine osteoporotische Zusammensinterung der Wirbelkörper
    als Fraktur interpretiert(Fraktur=Kontinuitätsunterbrechung),wobei das Alter der Fraktur keine Rolle spielt. Die Zusammensinterung besteht ja fort und macht entsprechende Symptomatik.
    Aufpassen muss man mit M80..was die Entstehung angeht, weil pathologische Fraktur bedeutet ohne äußeren Anlass. Falls es sich um eine Sturzfolge handelt, ist es keine pathologische Fraktur mehr.
    Aufpassen muss man auch mit der Geschlechtszugehörigkeit. Somit verbietet sich M80.0. postmenopausal beim Mann(bei uns schon häufiger falsch kodiert). Aber da die Osteoporose bei der Frau viel häufiger vorkommt, gibt es logischerweise auch seltener Zusammensinterungen beim Mann. Gegenüber der hohen Zahl von Osteoporosekranken fallen die Osteomalazien nicht ins Gewicht.Sie sehen in der Regel auch anders aus und sind oft Sekundärmanifestationen anderer
    Stoffwechselerkrankungen.
    Ich hoffe Du kannst damit was anfangen
    Peter aus Saarbrücken, blauer Himmel, 28°, laues Lüftchen.

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    27.6.03
    Guten Morgen Peter,
    quote:

    bei uns wird eine osteoporotische Zusammensinterung der Wirbelkörper
    als Fraktur interpretiert(Fraktur=Kontinuitätsunterbrechung),wobei das Alter der Fraktur keine Rolle spielt. Die Zusammensinterung besteht ja fort und macht entsprechende Symptomatik.

    Danke für die klare Aussage - hat mir sehr weitergeholfen (insbesondere in Kombi. mit Herrn Winter's Beitrag). Ich werde auch die anderen angesprochenen Stolperfallen beachten

    MfG
    Michael Graf

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Winter,

    ich kenne mich sehr gut in unsrrem Forum aus ;) und kenne auch alle Threads und Posts (wie oben bereits erwähnt (ich lese alle)). Sollte ich die entsprechenden Posts nicht mehr im Kopf haben, nutze ich die Suchfunktion. Mir entgeht Nichts...., o.k., fast Nichts.....

    Ich habe selbstverständlich eine konkrete Vorstellung davon, wie ich hier kodiere. Mich interessiert aber Ihre Kodierung. Hierfür brauche ich keine große Akte und Anamnese, ein einfacher Fall:
    Pat. hat kein Sturzereignis, seit 2 Wochen bestehende Schmerzen im unteren 1/3 der WS (ohne Neurologie usw.). Man stellt eine Wirbelfraktur im Sinne einer path.-# bei Osteoporose im LWS-Bereich fest.
    Was nennen Sie als HD? Geben Sie ND an?

    --
    Gruß

    D. D. Selter

  • Hallo Herr Selter,

    selbst Ihren einfachen Fall muss ich weiter präzisieren, um ihn am wenigsten falsch codieren zu können.

    Schließlich muß ich wissen, ob die Schmerzen auf die pathologische Fraktur bei Osteoporose zurückzuführen sind oder nicht. Dann muß ich mich entscheiden, ob ich die Osteoporose onA (Sie geben keine Ursache für die Osteoporose an) als idiopathische oder als onA. codiere. Da idiopathisch nichts anderes bedeutet, dass ich die Ursache der Osteoporose nicht kenne, stehen M80.5ff und M80.9ff praktisch gleichberechtigt nebeneinander. Als 5. Stelle kommt dann die 8 in Frage.

    Soweit so gut, mit einem der beiden Codes habe ich den Wortlaut codiert. Aber ist das auch alles?

    Es finden sich in der ICD etliche Synonyme für eine pathologische Wirbelfraktur (z.B.: Stressfraktur, Ermüdungsbruch M48.46; Wirbelkompression M48.56 aber mit dem Querverweis zur M80ff.).

    Das bedeutet, dass beim Vorliegen einer Stressfraktur/Ermüdungsbruch durchaus eine Doppelcodierung möglich wäre, wobei eine davon die HD wäre (je nach Aufwand, bzw. welcher Diagnoseteil erheblicher behandelt wird), da in der M48.46 die Osteoporose nicht vorkommt und die Lokalisation noch genauer angegeben wird als bei der M80ff.

    Nageln Sie mich aber dahingehend fest, dass ich nur eine idiopathische osteoporosebedingte pathologische Wirbelfraktur ohne Stresskomponente eines Mannes (denn sonst bräuchte ich noch das Alter) als Ursache für die Beschwerden habe, würde ich die M80.58 nehmen.

    Vielleicht können Sie sich damit anfreunden.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von winterth:
    Nageln Sie mich aber dahingehend fest, dass ich nur eine idiopathische osteoporosebedingte pathologische Wirbelfraktur ohne Stresskomponente eines Mannes (denn sonst bräuchte ich noch das Alter) als Ursache für die Beschwerden habe, würde ich die M80.58 nehmen.

    Hallo Herr Winter,

    genau darauf wollte ich Sie "festnageln", das Beispiel reichte hierfür völlig aus.

    Ich hatte die Frage so gestellt, um zu erfahren, ob Sie neben der HD M80 auch noch einen Kode für die nähere Beschreibung, sprich Lokalisation, angeben. Da der M-Kode diesbezüglich indifferent ist, bliebe ja nur ein Kode aus S32.0-. Ich hätte jetzt von Ihrer obigen Argumentationsweise ausgehend erwartet, diesen Kode zu finden:
    "Bitte denken Sie zum Schluß aber auch daran, wozu tun wir den ganzen Unsinn? Nur um dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist? Oder wollen wir nicht nebenbei auch für uns selbst Informationen gewinnen."
    und
    "angenommen, Sie haben ein Haus bestehend aus Keller, Wohnraum und Dach. Die drei Bereiche sind abgrenzbar. Sie sollen das Haus codieren. Das optimale wäre, sie haben einen Code, der alle drei Teile zur Ausgangsposition rückübersetzbar zurückführen kann.
    Wenn Sie stattdessen je einen für den Keller, einen für den Wohnbereich und einen für das Dach haben, müssen Sie alle drei benutzen um Ihr Haus zu kodieren."

    und
    "oh jeh, jetzt fangen wir wirklich an zu fieseln. Trauma ist nicht mit Unfall gleichzusetzen sondern heißt lediglich wertfrei Verletzung. Die Gabe einer Spritze ist im Wortsinn auch ein Trauma, also eine Verletzung."

    Warum geben Sie dann nicht den S-Kode an?
    Sie werden sich wahrscheinlich an die Exklusiva des Kapitels XIII halten.

    Somit decken sich unsere Kodiervorstellungen.

    Gruß

    D. D. Selter

  • Hallo Herr Selter,

    ich ahnte es, dass Sie mich aus der Reserve locken wollten.

    Natürlich hatte ich den Code aus S32 in meine Überlegungen einbezogen. Da aber in der Überschrift des Kapitels „S“ „Verletzungen“ steht und pathologische Frakturen als Erkrankungen gelten und unter den „pathologischen Frakturen“ paradoxerweise nur die Marschfraktur also eine Untermenge der Stressfraktur (Circulus vitiosus) trotzdem vielleicht sogar mit einiger Berechtigung unter den Verletzungen erscheint, bei der WS aber diesbezüglich im Wesentlichen nur die Schipperkrankheit bekannt ist und Sie diese in Ihrem einfachen Beispiel nicht beschrieben haben, fiel der Code bei S32.ff trotz der besseren Lokalisation aus.

    Endlich Einigkeit wunderbar.

    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas Winter
    Berlin

  • Hallo Forum,

    auch ich möchte kurz eine Frage zur Kodierung von Nebendiagnose bei Wirbelsäulenverletzungen loswerden.
    Bei instabilen und bedingt stabilen BWK und LWK Frakturen ist oft in unseren MRT-Befunden von einem \"deutlichem Knochemarksödem\" zu lesen.
    Gibt es damit Erfahrungen? Ich bin bis jetzt immer an der S34.0 hängengeblieben, gibt es noch andere Möglichkeiten?
    Vielen Dank für die Hilfe.

    Gruß aus Döbeln.

    M.Preißer

    Martin Preißer

  • Hallo Forum,
    Eine inhaltlich ganz andere Frage,als die vorangegangenen \"Diskussionen\",aber passend zu der am Anfang gestellten Frage.Weiß auch nicht so richtig, ob ich hier an \"richtiger\"Stelle im Forum meine Frage stelle (da letzter Beitrag am 09.06.2004)
    habe aber kein passendes angefangenes Thema gefunden.

    Nun mein spezielles Kodier\"problem\" als ND

    Bei einem Patienten wird in der Dialyse versehentlich nicht die \"Fistel\",sondern ein \"anderes\" Gefäß punktiert.(Fistel liegt in der Ellenbeuge)
    Dies ergibt natürlich eine großflächige Einblutung.Es erfolgten mehrfache gefäßchirg.Konsultationen,sowie intensive lokale Behandlung.
    Mit welchem speziellen T-Kode kann ich die \"Komplikation\" abbilden.Falls es als Komplikation kodiert werden kann.Den S-Kode habe ich schon gefunden.Aber bei dem T-Kode bin ich mir nicht sicher.

    Bin dankbar für jede Antwort! Gute Nacht sagt für heute Medicus

  • Hallo liebes Forum,

    Leider hat mir noch Keiner eine Antwort geschrieben.Vielleicht hat eine gute Seele in den nächsten freien Arbeitstagen doch noch einen Tip.

    Danke und noch einen schönen Abend!Medicus

  • Hallo Medicus,
    was halten Sie von
    T81.0 Blutung und Hämatom als Komplikation eines Eingriffes, anderenorts nicht klassifiziert?
    Sie schreiben was von großflächiger Einblutung.
    Welchen S-Kode haben Sie denn genommen?

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Herr Horndasch,
    Danke für den Tip mit der T81.0.An diesen Kode habe ich auch schon gedacht.Aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Durchführung einer Dialyse als Eingriff anzusehen ist.
    Als S-Nummer habe ich \"Offen Wunde Ellenbeuge\" kodiert, da ich das Punktieren der Fistel als Stichverletzung interpretiere und diese steht unter der Rubrik \"Offene Wunde\".

    Herbstliche Feiertagsgrüße aus Sachsen.Medicus