Frühgeburt und Schwangerschaftsdauer

  • Hallo Forum,

    gestern hat mich unsere Conrolling-Abteilung auf folgendes Kodier-Problem angesprochen: DKR 1508c Dauer der Schwangerschaft und 1519c Frühgeburt. Beispiel: Pat. kommt in der 35+6 SSW (lt DKR: O09.5), entbindet aber erst in der 37+1 SSW. Wie ist die Schwangerschaftsdauer bei Entlassung zu kodieren (bisher immer am Geburtstag orientiert, logisch). Nach DKR 1508c ist die SS-Dauer aber bei Aufnahme relevant, dann wäre auch 37+1 noch eine Frühgeburt (eigentlich unlogisch, aber das ist bei den Kodierrichtlinien ja auch nicht immer gefragt).Wer hat hiermit Erfahrungen?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    die Zuordnung der Schwangerschaftsdauer hat sich nicht geändert (bei Aufnahme) und ist Nebendiagnose.

    Die Information, ob Frühgeburt oder nicht, geben Sie doch aber über die HD (Grund für die Frühgeburt oder O60 Vorzeitige Entbindung).

    Mir ist somit das Problem nicht ganz klar. 37. SSW kann nie im Datensatz als Frühgeburt auftauchen, da ja die SSW bei Aufnahme kodiert wird und die muss ja dann logischerweise im Bereich < abgeschlossene 37. SSW sein. Was sein kann, ist < abgeschlossene 37. SSW und keine Frühgeburt (dann entsprechende andere HD-Zuordnung). Oder versteht es jemand anders?

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo,

    da die SS-Dauer ausgehend vom Aufnahmedatum abgeleitet wird
    (z. B. 36. SSW), muss man wohl die SS-Dauer dementsprechnd angeben
    (also O09.5), selbst wenn die Entbindung in der 37.SSW erfolgte,
    z. B. Spontangeburt. Kodieren würde ich aber als Hauptdiagnose
    konsequenterweise die Frühgeburt (O60.1), weil ja die Aufnahme
    in der 36. SSW erfolgte und SS-Dauer mit ICD O09.5 angegeben wurde.
    Grüße aus BC
    Ordu

  • Sehr geehrter Herr Dr. Ordu,
    Sehr geehrtes Forum,

    Zitat


    Kodieren würde ich aber als Hauptdiagnose konsequenterweise die Frühgeburt (O60.1), weil ja die Aufnahme in der 36. SSW erfolgte und SS-Dauer mit ICD O09.5 angegeben wurde.

    die ist m.E. nicht korrekt. Die DKR 1519c schreibt eindeutig vor:

    Zitat


    DKR 1519c Frühgeburt, [...]

    Eine Entbindung (spontan, eingeleitet oder durch Kaiserschnitt) vor der abgeschlossenen 37. Schwangerschaftswoche (Frühgeburt) wird mit

    O60.1 Vorzeitige Entbindung

    kodiert.

    ----- SCHNIPP -----

    Im beschriebenen Fall handelte es sich um ein Entbindung in der 37+1 SSW demzufolge ist die O60.1 in diesem Fall nicht zu kodieren

    Im übrigen muß die Schwangerschaftsdauer mit einem Kode aus O09.- gem. DKR 1508c nur in Fällen mit O00 - O07 / O20.0 / O42.- / O47.- oder O60.- angegeben werden. Bezugszeitpunkt ist dann - wie korrekterweise schon beschrieben - der Aufnahmezeitpunkt in diesem Falle also O09.5!.

    In allen anderen Fällen kann die Schwangerschaftsdauer angegeben werden, muß aber nicht. Bezugszeitpunkt wäre dann wiederum der Aufnahmezeitpunkt.

    Lag in diesem Fall also kein Vorzeitiger BS (O42.-) vor, so könnte man auch auf die O09.5! ganz verzichten und würde m.E. immer noch \"DKR-konform\" kodieren. Alle in der DKR1508c genannten Diagnosen bei der die Schwangerschaftsdauer kodiert werden muß scheiden logischerweise aus.

    Von daher stimme ich dem Beitrag von Herrn Selter voll zu.

    MfG

    M. Ziebart

  • Hallo Herr Ziebart,

    So kann mann es auch sehen. Aber: Wenn die Aufnahme
    der Pat. wegen bestimmter Probleme erfolgte und bis
    zur Geburt in der 37. Woche ein großer diag./therapeut.
    Aufwand entstanden ist, dann würde ich mir schon überlegen,
    ob die Entbindung doch nicht als vorzeitige Entbindung
    zu kodieren ist.
    Gruß
    Ordu

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Ordu,

    Überlegungen zur Kodierung können nur innerhalb der Grenzen der DKR gemacht werden.
    Ihre Überlegung bzgl. der Kodierung einer Frühgeburt, obwohl die vorgegeben Definition nicht erfüllt ist, befindet sich außerhalb dieser Grenzen, ist nicht zulässig und entsprechende MDK-Gutachten werden Sie damit nicht wiederlegen können.

  • Hallo Herr Dr. Ordu,

    da ich persönlich von Ihnen angesprochen wurde möchte ich mich doch noch einmal zu Wort melden. Inhaltlich habe ich jedoch der von Herrn Selter bereits gegebenen Antwort kaum noch etwas hinzuzufügen.

    Soviel sei jedoch noch gesagt:

    1. In diesem Fall handelt es sich auch medizinisch gesehen eindeutig nicht mehr um eine Frühgeburt. Kein Gynäkologe würde eine Geburt in der 37+1 SSW als Frühgeburt bezeichnen. Auch auf die sozialrechtlichen \"Vorteile\" (verlängerter Mutterschutz etc.) einer Frügeburt hätte die Patientin in diesem Falle keine Ansprüche.

    2. Wenn - wie Sie in Ihrem letzten Beitrag vermuten -

    Zitat


    \" ... die Aufnahme der Pat. wegen bestimmter Probleme erfolgte ...\"

    dann sind eben diese Probleme zu kodieren und zwar wie vom Kollegen Selter bereits gesagt, innerhalb der Vorschriften der DKR sowie unter beachtung der Hinweise, In- und Exklusiva der ICD-10 bzw. OPS-301. Dies ist in dem vorliegenden Fall übrigens gar nicht unwahrscheinlich. Die Aufnahme erfolgte ja in der 35+6 SSW, also mehr als eine Woche vor der Geburt in der 37+1 SSW. In diesem Zusammenhang ist unbedingt die DKR 1511a zu nennen, die für diesen Fall vorschreibt, das \"vorgeburtliche Problem\" zur Hauptdiagnose zu machen. Allerdings hat die Sache einen kleinen Haken:

    Erfolgte die Aufnahme wg. vorzeitiger Cx-wirksamer Wehentätigkeit (O60.0) und war der Grund hierfür nicht bekannt so ist laut DKR 1519c die O60.0 wiederum nicht zu kodieren ...

    Soviel erst mal dazu,

    Mit freundlichen Grüßen,

    M. Ziebart

  • Hallo Herr Ziebart, hallo Forum,

    auch ich habe mich mal intensiv mit diesem Vexierspiel befasst. Zumal sich ja aus DKR 1511 notfalls die Zuordnung einer Entbindung in die DRG O64 Frustrane Wehen ergibt (mit HD O60.0 - ob nun mit oder ohne ICD Z37.0 und OPS 9-260/9-261). Bleibt eigentlich nur noch der Ausweg, mit etwas gutem Willen einen Grund für die vorzeitigen Wehen zu finden... Eine Anfrage bei den Mitverfassern der Deutschen Kodierrichtlinien (DKG) konnte leider nicht zu meiner Erhellung beitragen.

    Mit freundlichem Gruß
    C.Witt

  • Hallo Frau Witt, Hallo Forum,

    Zitat


    ... Eine Anfrage bei den Mitverfassern der Deutschen Kodierrichtlinien (DKG) konnte leider nicht zu meiner Erhellung beitragen.

    ... vielleicht kann ich Sie ja \"erhellen\":

    Die von mir erwähnte DKR 1519c enthält die folgende Passage:

    Zitat


    ----- SCHNIPP -----
    Vorzeitige Wehen mit Wirkung auf die Zervix (...), die nicht zu einer Entbindung beim selben Krankenhausaufenthalt führen, werden mit

    O60.0 Vorzeitige Wehen

    kodiert.
    ----- SCHNAPP -----


    Diese Formulierung ist so zu interpretieren, daß eine vorzeitige Cx-wirksame WT, die zwar behandelt wird, im selben Krankenhausaufenthalt jedoch zur Entbindung führt, nicht zu kodieren ist. Falls kein anderer vorgeburtlicher Zustand behandelt wurde (insbes. kein Grund für die vz. WT bekannt ist), ist demzufolge nur die Geburt zu kodieren. Die DKR 1511a schreibt zwar vor eine vorgeburtlichen Kode zu kodieren, falls dieser >7 Tage vor Geburt behandelt wurde, jedoch \"verbietet\" Ihnen eine andere DKR, nämlich die genannte 1519c, diesen Kode zu kodieren.

    Dies ist wohlgemerkt meine Interpretation der Dinge. Die DKR sind hier mißverständlich. Meines Erachtens ist diesbezüglich eine Klarstellung in den Kodierrichtlininen erforderlich. Offensichtlich wurde bei Neufassung der DKR 1519c (Den Kode O60.0 für vz. Cx-wirksame WT gibt es ja erst seit dem 1.1.2004 ...) nicht ausreichend geprüft, ob diese Kodierrichtlinie mit anderen Kodierrichtlinien \"kollidiert\".


    MfG

    M. Ziebart

  • Hallo Herr Ziebart,
    vielen Dank für den Versuch der Erhellung. Erhellen konnten Sie mich zwar nicht, aber Sie haben jedenfalls das Problem noch mal explizit formuliert.
    Widerspruch zwischen DKR 1511 und 1519 (der je nach Interpretation zu Verlusten für das Krankenhaus führen kann).
    Genau diesen Widerspruch und die daraus resultierende Problematik in der DRG-Zuordnung solcher Geburten hatte ich bei der genannten Institution zu besprechen versucht, leider ohne handlungsrelevantes Ergebnis.
    Mit freundlichem Gruß
    C.Witt