• Hallo alle miteinander,

    das hatte ich erwartet. Das InEK stellt sich nicht der Diskussion. Es geht hier schlicht um die Definition \"Schaden\".

    Wenn er nur per objektivierbarer Diagnostik ohne Berücksichtigung einer (Fremd-)Anamnese festgestellt werden kann, dürften wir die meisten Commotiones und TIA´s auch nicht codieren.

    Das würde die ganze Medizin auf den Kopf stellen.

    In diesem Sinne

    viel Vergnügen

    mit freundlichen Grüßen

    Thomas Winter
    Berlin

  • Hallo,

    ich halte die Antwort des InEK für nachvollziehbar. Commotiones und TIA\'s werden hier m.E. nicht tangiert.
    Ein Schaden durch Strom wurde nicht nachgewiesen und ist auch nicht zu kodieren. Ob ein Patient eine TIA oder Commotio hatte, weswegen er aufgenommen wurde, sollte sich in der Regel dokumentieren lassen.

    Weil es in den Kontext passt:
    Angina pectoris kann die Kodierrichtlinien für die DRG-Hauptdiagnose erfüllen, auch wenn zum Aufnahmezeitpunkt kein akuter AP-Anfall besteht (ähnlich TIA) => Ergebnis einer Anfrage an das InEK...

    mfG

    C. Hirschberg

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    ich finde den Stromunfall-Kode weiterhin nicht wirklich dienlich.

    Wir haben also einen Patienten der einen Stromunfall erleidet und hierbei Schaden nimmt, z.B. Verbrennung und Kammerflimmern mit Reanimation.
    Wer kommt dann auf die Idee T75.4 als HD nennen zu wollen. Die HD muss der Diagnose zugeordnet werden, die hauptsächlich den stationären Aufenthalt verursacht hat. Das dürfte wohl klar das Kammerflimmern sein. Inwiefern dann noch T75.4 als ND genannt werden dürfte (zusätzlicher Ressourcenverbrauch? ) ist doch eher fraglich. Einen Kode wie T75.4 als HD zu nennen, der keinen weiteren differenzierenden Charakter hat (z.B. fiktiver T75.4x Stromunfall mit kardialer Symptomatik, Kammerflimmern) ist doch eher unsinnig. Die DKR beschreiben auch nicht die Kodierreihenfolge bei Stromunfall wie bei anderen \"Unfällen\", z.B.:

    1916a Vergiftung durch Arzneimittel, Drogen und biologisch aktive Substanzen
    Die Diagnose „Vergiftung durch Arzneimittel/Drogen“ wird gestellt bei ....
    Vergiftungen sind in den Kategorien T36–T50 Vergiftungen durch Arzneimittel, Drogen und biologisch aktive Substanzen und T51–T65 Toxische Wirkung von vorwiegend nicht medizinisch verwendeten Substanzen klassifiziert. Diese Kodes beschreiben die Art des Wirkstoffs, der Ursache der Vergiftung war.
    Zusätzlich zum Kode für die Vergiftung ist ein Kode zu verwenden, um eine signifikante Manifestation anzugeben (z.B. Koma, Arrhythmie).

    Hier ist also klar der \"Verursacher\" vor \"Manifestation\" zu nennen. Dies ist aber bei dem Stromunfall, wie schon erwähnt, nicht vorgegeben.

    Lustig wird es, wenn man dann noch eine Regel weiter geht:

    1917a Unerwünschte Nebenwirkungen von Arzneimitteln (bei Einnahme gemäß Verordnung)
    Unerwünschte Nebenwirkungen indikationsgerechter Arzneimittel bei Einnahme gemäß Verordnung werden wie folgt kodiert:
    ein oder mehrere Kodes für den krankhaften Zustand, in dem sich die Nebenwirkungen manifestieren, optional ergänzt durch Y57.9! Komplikationen durch Arzneimittel oder Drogen.

    Hier ist es also genau umgekehrt:
    \"Manifestation\" und dann (auch noch optional!) \"Verursacher\".

    Ob das nun wirklich schlüssig und anwenderfreundlich ist, kann man sich ja mal überlegen. Ob hiervon wirklich eine saubere Kalkulation abhängt, bezweifle ich einfach mal.

    Logischer wäre eine konsequente Kodierung der resultierenden Verletzungen, Manifestationen, Erkrankungen,... aus welcher Ursache auch immer. Diese sollte als differenzierende Information als Sekundärkode genannt werden. Einfacher wär`s....

    Schaun mer ma, was die DKR-2005 uns so bringen werden.

  • Hallo alle Miteinander,

    nun wird es interessant.

    Ein Stromunfall ohne cardiale Symptomatik bei der Aufnahme wird wie eine bei der Aufnahme ebenfalls asymptomatische TIA, Commotio usw. bei entsprechender Anamnese, welche so schwerwiegend sein muß, daß sie einen vollstationären Aufenthalt rechtfertigt, als Stromunfall stationär aufgenommen T75.4. Das hat mir das InEK inzwischen auch bestätigt. Es kommt also auf die Formulierung der Fragen an das InEK an. Aber darum geht es mir nicht.

    Hier geht es um die Definition des Schadens an sich. Diese fehlt nach wie vor.

    Darf ein lediglich angegebener Schaden, der bei der Aufnahme nicht mehr mittels greifbarer Befunde - sondern lediglich anamnestisch - nachgewiesen werden kann, zur HD führen? Meines Erachtens ja. Denn die Behandlung – ich nenne sie einmal aktives Zuwarten – war korrekt. Das gilt für die TIA, das gilt für die leichte Commotio und alle anderen echten Erkrankungen/Unfälle mit flüchtiger Symptomatik und demzufolge vorhandener aber unkalkulierbarer Noxe.

    Herr Selter als BG-Papst (ist das nicht noch erstrebenswerter als Lord zu sein) wird sich sicherlich daran erinnern, daß, wenn ein Unfallpatient an den Unfallfolgen verstirbt, auf dem Totenschein ganz anders codiert werden muß, nämlich ICD-WHO pur, sofern das nicht auch schon wieder geändert wurde, da ich schon lange keinen Totenschein mehr ausfüllen mußte. Ich habe nämlich gerüchteweise gehört, daß die Umsetzung an Hand des Klartextes die zuständigen Stellen selbst vornähmen.

    Vielleicht warten die DKR 2005 tatsächlich mit einigen klärenden Definitionen auf. zumal ja noch etliche andere fehlen. Z.B. was ist eine Operation?

    In diesem Sinne

    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas Winter
    Berlin

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von winterth:
    Ein Stromunfall ohne cardiale Symptomatik bei der Aufnahme wird ... bei entsprechender Anamnese, welche so schwerwiegend sein muß, daß sie einen vollstationären Aufenthalt rechtfertigt, als Stromunfall stationär aufgenommen T75.4. Das hat mir das InEK inzwischen auch bestätigt.

    Zitat


    Original von Selter:
    Ein Patient wird mit z.N. Stromunfall in eine Klinik eingewiesen. Bei Aufnahme gibt er keinerlei Beschwerden an, es sind keine inneren oder äußeren Verletzungen festzustellen.
    Der Patient wird (völlig unauffällig) nach den Untersuchungen und Beobachtung entlassen.

    Was ist hier als HD zuzuordnen?

    Hallo Herr Winter,

    jetzt wird es eher traurig, weil wir uns im Kreis drehen.

    Was ist denn bitte in den beiden Fällen der Unterschied? Beide Fälle mussten stationär überwacht werden (ansonsten wäre es wohl Freiheitsberaubung und Fehlbelegung). In beiden Fällen gab es keinen \"Schaden\", der bei Entlassung objektivierbar war. Das vorher die Noxe ihre Einfluss hatte, ist auch beiden Fällen gemein.

    Es liegt nicht an der Fragestellung, sondern an der dann insuffizienten Antwort.

    Was muss denn dann vorgelegen haben, dass man T75.4 kodieren soll? Gekribbel in den Fingern? Oder muss es mehr sein? Bewußtseinsverlust?

    Wie auch immer, unbefriedigend....

    Die Kodierung der Todesursache stellt ja für das DRG-System kein Problem dar. HD wird nach der Definition zugewiesen, die Todesursache wird extra angegeben.

  • Hallo Herr Selter,

    da Sie mich direkt ansprechen, möchte ich Ihnen auch antworten. „unbefriedigend“ ist – wie Sie sagen - vielleicht das richtige Wort.

    Wegen Kribbelns im Finger wird Niemand zur stationären Behandlung (aktives Zuwarten ist auch eine Behandlung) aufgenommen. Es muß also schon mehr passiert sein.

    Wenn die Grenze des Begriffes „Schaden“ bei der objektivierbaren Befunderhebung ohne Berücksichtigung anamnestischer Angaben liegen soll, muß dies für die ganze Medizin gelten.

    Dies würde ich jedoch ablehnen, da man auf diese Weise jedem Patienten eine prinzipielle Betrugsabsicht unterstellen würde, die es erst zu widerlegen gilt, wenn man eine Diagnose feststellen will. Dies kann und darf nicht im Interesse der Medizin sein.

    Nehmen Sie die TIA (G45.ff) und die Definition für 2005. Da gibt es eine neue Einteilung in der 5. Stelle. Kommt der Patient nach 2 Stunden in die Klinik, dürfte ich die 5. Stelle 3 und nach 25 Stunden auch die 5. Stelle 2 überhaupt nicht mehr verwenden. Das wäre eindeutig unsinnig, denn die Informationen wären doch prognostisch extrem wichtig.

    In diesem Sinne

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von winterth:
    Wegen Kribbelns im Finger wird Niemand zur stationären Behandlung (aktives Zuwarten ist auch eine Behandlung) aufgenommen. Es muß also schon mehr passiert sein.

    Hallo Herr Winter,

    wenn dem so wäre, würde es die Kodierung der Z03.- gar nicht geben dürfen: Denn, entweder liegt ein kodierbarer Schaden vor oder die Anamnese bedingt die Kodierung von T75.4.

    Aber, was soll`s. Solche Fälle kommen ja nicht wirklich in relevant hoher Fallzahl vor, so dass ein Kurzschluss im DRG-System zu erwarten wäre.

  • Hallo Herr Selter,

    im Prinzip haben Sie mit Ihrer Feststellung zur Z03 völlig Recht. Ich hatte den Code früher auch gerne benutzt, aber seit ich die DKR gelesen habe, geht das bis auf Ausnahmen nicht mehr. Wenn nach DKR auf die nächst niedrige Erkrankung zurückgegriffen werden muss bis hinunter zur Symptom- oder Befundcodierung, sollte es bei sorgfältiger Anamnese und Untersuchung stets möglich sein, irgendein Symptom oder eine niederwertige mehr allgemeine Diagnose stellen zu können.

    Aber der Teufel steckt wie immer im Detail. Wie oft fehlt Information? Wie oft ist der(ie) Kollege(in), der(ie) eigentlich für die Angaben zuständig ist, nicht da, erinnert sich nicht mehr, das Krankenblatt oder der 1. Hilfeschein ist leer usw.? Sie sehen, die Z03 Diagnosen werden wahrscheinlich auf diese Weise häufiger zum Zuge kommen, als es uns lieb ist, von der möglichen Einkommenseinbuße einmal ganz zu schweigen.

    Der Kurzschluß im DRG-System ist eine tolle Diagnose, die merke ich mir. Vielleicht führt sie zur Abschaffung des Systems. Abwarten. Bisher wurde das Roedergutachten immer länger und immer mehr statt weniger Probleme traten auf. Vielleicht sind die Leitungen bald überlastet.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin

  • Hallo,
    viel Diskussion belegt das häufig auftauchende Problem.
    Ich überblicke viele Fälle von \"Stromunfall\", die immer von den Kliniken auch als solche verschlüsselt werden. Wenn man sich die Erstbefunde ansieht, stellt man fest, dass Symptome des Stromunfalles in irgendeiner Form immer bestanden (von der Eintrittspunktsymptomatik bis hin zu teilweise diffusen Allgemeinsymptomen). Dass einer nichts hatte, ins Krankenhaus ging und aufgenommen wurde lag in mehr als 30 Fällen nie vor.
    Somit liegt das Problem in der Nomenklatur nicht im Medizinbereich:
    Ein Unfallmechanismus ist halt keine medizinische Diagnose (Schleudertrauma o.ä. lassen grüßen!), als medizinische Codierer werden wir aber durch die Namensgebung gebunden.
    Somit Kompromiss: Stromunfall mit Symptomen = T 75.4
    Stromunfall ohne Symptome = Z 03 und ggf Streit um Fehlbelegung.

    Frohes Schaffen
    phost

  • Hallo Herr Phost,

    mit Ihrer Feststellung sind wir keinen Schritt weiter. Wenn Sie schildern, daß es in Ihrer Erfahrung keinen Fall stationärer Aufnahme bei einem Stromunfall ohne Symptome gegeben hat, landen wir in unserem Spezialfall auch wieder bei der T74.5, denn sonst würden wir dem Patienten einen indirekten Betrugsversuch unterstellen oder den Krankenhausärzten Leichtgläubigkeit. Denn der Patient wurde aufgenommen. Eine derartige Unterstellung steht keinem Außenstehenden zu.

    Wenn selbst das InEK bei eintsprechender Formulierung des gleichen Sachverhaltes zu verschiedenen bzw. interpretationsfähigen Aussagen kommt, liegt dem ein tieferes Problem zu Grunde, welches wir nicht klären können, sondern in der Vielschichtigkeit der Medizin begründet liegt, die nicht in Ziffern/Codes usw. zu pressen ist. Das sollte sich jeder überlegen, der Abrechnungssysteme schafft, die auf Codes aufgebaut sind.

    Denn Abrechnungssysteme erfordern scharfe Trennlinien, die in der Medizin nur duch hieb- und stichfeste Definitionen (hier der Begriff Schaden) zu schaffen sind. Bevor diese Definitionen nicht gegeben sind, wird es stets weitere Probleme statt Lösungen geben. Ich fürchte aber, daß es auch deise Definitionen nie in der gewünschten Trennschärfe geben wird.

    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas Winter
    Berlin

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Zitat

    Original von winterth:
    Denn Abrechnungssysteme erfordern scharfe Trennlinien, die in der Medizin nur duch hieb- und stichfeste Definitionen (hier der Begriff Schaden) zu schaffen sind.

    Leider bewegen wir uns hier aber nicht einer exakten Wissenschaft wie der Mathematik, die in der Tat sich auf eindeutigen Definitionen und Axiomen aufbaut. Die Medizin dagegen ist - trotz aller Versuche wie evidenced based medicine - eine sehr subjektive Angelegenheit. Ob man das nun gut oder schlecht findet, wir haben es hier mit Menschen zu tun. Menschen mit individuellen Unterschieden die wir behandeln und Menschem mit individuellen Erfahrungen und Einschätzungen, die eine solche Behandlung durchführen. So kommt es dazu, dass zwei solcher Menschen dem gleichen Patienten verschiedene Diagnosen zuordnen, einfach weil sie unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Ich habe auch Fälle, wo zwei MDK-Gutachter mit den gleichen Informationen den gleichen Fall begutachtet haben und zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen (und diese sich natürlich auch beide von unserer Verschlüsselung unterscheiden). Da helfen auch nicht immer Definitionen weiter, denn je mehr Regeln es zu berücksichtigen gibt, desto weniger werden tatsächlich beachtet. Der Umfang von ICD-, OPS- und DKR-Büchern schreckt bereits jetzt die meisten Ärzte eher davon ab, sie zu benutzen. Wie es scheint ist ein Ende der Fahnenstange noch nicht in Sicht. Auch EDV-Unterstützung hilft da nicht immer weiter, wie Kodip und Diacos mit Ihren teilweise problematischen Schlagwortzuordnungen bestätigen. In einem wirklich pauschalierten Erlössystem würden solche Unterschiede vielleicht durch die Zuordnung zur gleichen Pauschale abgefangen. Wo wir aber im Moment hinzusteuern scheinen und was viele in ihrem tiefsten Inneren scheinbar auch wollen, ist eine Einzelleistungsvergütung.


    Schönen Tag noch,