Auszug aus DRG-Zeitung vom 10.9.2004:
[f2]Weiterentwicklung des Fallpauschalensystems für Krankenhäuser
Klinikum der Universität München: Krankenhäuser der Maximalversorgung unverändert bedroht
Terminsache: Bundestag: ab 9./10.9.2004 und Bundesrat: ab 24.9.2004
Die Finanzierung der Krankenhäuser soll auf ein pauschaliertes Vergütungssystem (DRG-System) umgestellt werden. Die aktuelle, noch nicht Budget-wirksame Version dieses Vergütungssystems sieht einheitliche Pauschalen für Kliniken von der kleinsten bis hin zur größten Kategorie vor. Eine solche Vergütung ergäbe eine krasse Unterfinanzierung der Krankenhäuser der Maximalversorgung und eine Verschiebung von Geldern hin zu kleineren Kliniken und Spezialkrankenhäusern. Für das Klinikum der Universität München würden daraus nicht mehr tolerierbare Millionendefizite resultieren. Die Behandlung komplexer Krankheitsfälle und schwerstkranker Patienten wäre damit substanziell bedroht.
In praktisch allen anderen Ländern, die ihre Krankenhäuser über Fallpauschalensysteme finanzieren, wurde dieses Problem erkannt und durch eine nach Klinikgröße differenzierte Vergütung berücksichtigt. In Deutschland soll die Weiterentwicklung des Fallpauschalensystems durch ein Fallpauschalenänderungsgesetz (2. FPÄndG) erfolgen. Im Entwurf für dieses Gesetz wurde die Problematik der Unterfinanzierung der Maximalversorgung praktisch überhaupt nicht berücksichtigt. Die Gefahr für die Hochleistungsmedizin in den Krankenhäusern besteht somit unverändert. Das Bundeskabinett hat dem Gesetzentwurf vom 28.07.2004 zugestimmt, ohne diesbezüglich Änderungen zu erwirken.
Im weiteren Gesetzgebungsverfahren erfolgt nun am 09./10.09.2004 die erste Lesung im Deutschen Bundestag sowie am 24.09.2004 die erste Lesung im Bundesrat. Sollte das Gesetz beide Kammern ohne Vermittlungsverfahren passieren, könnte eine endgültige Verabschiedung durch den Bundesrat am 26.11.2004 erfolgen. Es erscheint daher außerordentlich dringlich, eine Nachbesserung dieses Fallpauschalenänderungsgesetzes anzumahnen. \"Andernfalls wäre eine gravierende Fehlentwicklung im Bereich der stationären Krankenversorgung absehbar. Schon im nächsten Jahr würden im ersten Schritt der Umsetzung des DRG-Systems 15 % der letztlich zu erwartenden Defizite auflaufen\", so Günter Auburger, Verwaltungsdirektor des Klinikum der Universität München, das mit 2.479 Betten und jährlich etwa 480.000 ambulanten und stationären Patienten zu den größten Universitätskliniken in Deutschland gehört. Neben den betroffenen Patienten sollte es auch im Interesse der Bundesländer liegen, für eine ausreichende Finanzierung ihrer Kliniken der Maximalversorgung und insbesondere auch der Universitätskliniken Rechnung zu tragen.
Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:
Professor Dr. med. Arend Billing
Klinikum der Universität München, Chirurgische Klinik - Großhadern
Telefon 089-7095-3560 oder 7095-0, Fax 089-72 44 74 11
e-mail: Arend.Billing@med.uni-muenchen.de
Uni-Protokolle - http://www.uni-protokolle.de[/f2]
Hallo Forum,
auch auf die Gefahr hin, in ein Wespennest zu stechen:
Mit welchem Recht fordern „Krankenhäuser der Maximalversorgung“ eine „Extrawurst“ ein?
Vielleicht, weil sie sich erst einmal bei der DRG-Kalkulation verweigert haben und schließlich zu spät aufgewacht sind (wir erinnern uns) ???
Merke:
Im DRG-System sind reichlich Vorkehrungen getroffen, um verschiedene Schweregrade entsprechend abzubilden, z.B. schwerkranker Pat. – reichlich Nebendiagnosen – höher bewertete DRG!
Also sollten die Kosten durch die vielen schwerkranken Pat. in Häusern der Maximalversorgung auch abgedeckt werden können, es sei denn...
... es würde nicht korrekt (=vollständig) kodiert (weil z.B. das neue System zu lange ignoriert wurde und/oder zu wenig Aufwand diesbezüglich getrieben wurde --> Schulungen, Motivationssteigerung...). Folge: Weniger Erlös als möglich !
... die Kosten des Einzelfalls wären zu hoch, weil Prozesse bisher nicht optimiert wurden, wie z.B. verzögerte Verlegungen zwischen Abteilungen, Wartezeiten auf erforderliche Untersuchungen, unnötige (!) kostenintensive Untersuchungen (auch Wissenschaft braucht Input)...
... es würden bei der vorhandenen Infrastruktur (die auf die Versorgung schwerkranker Pat. ausgerichtet ist) zu viele „einfache“ Pat. mit niedrig bewerteten DRGs behandelt (auch eine Form der Fehlbelegung!)...
Fazit:
Im DRG-System sind (seit mindestens drei Jahren) alle (!) Kliniken gut beraten, ihre Abläufe zu überdenken und zu straffen. Auch wenn es bequem sein mag, so weiter zu wursteln wie bisher.
Natürlich fällt es einer großen Klinik erst einmal schwerer, die zweifellos mit dem neuen Entgeltsystem auftauchenden Hürden zu nehmen. Aber große Kliniken verfügen auch über reichlich „manpower“. Man muss sie nur sinnvoll nutzen.
Ich kann und will nicht einsehen, weshalb alle übrigen Kliniken unter eventuellen Defiziten (und hier meine ich nicht nur die finanziellen) der „Krankenhäuser der Maximalversorgung“ leiden sollen.
Ich hoffe sehr, dass die Politik genügend Standfestigkeit besitzt, um das neue System, das sicherlich noch etliche Schwächen aufweist, aber auf jeden Fall gerechter als die Abrechnung nach „abgelegenen“ Tagen ist, wie geplant umsetzt, d.h. EIN Basisfallwert für alle ! Alles andere wäre der Offenbarungseid für das DRG-System.
In Erwartung einer angeregten Diskussion
Dr. R. Balling