Tertiäre Fehlbelegung

  • Liebes DRG-Forum,

    ich muss mich hier mal outen, und zwar als naiv!!

    Hab ich doch gedacht, dass im Rahmen der DRG-Einführung die Fachabteilungszuordnung untergeordneter Bedeutung ist. Auf unsere (manchmal) gute interdisziplinäre, oder besser, fachgebietsübergreifende Zusammenarbeit und Organisation reagieren Kassen und MDK aber mit :i_baeh: und :laugh:

    Folgender Fall:

    Ein Patient wird mit neu aufgetretenen Gangstörungen und Stürzen ohne Bewusstseinsverlust aus einem anderen Krankenhaus mit der Bitte um Abklärung zu uns verlegt und in der internistisch/neurologischen Aufnahmestation gesehen. Eine MS ist seit 40 Jahren bekannt und ist zur Zeit nicht medikamentös therapiert.

    Bei Aufnahme wird zusätzlich ein komplizierter Harnwegsinfekt festgestellt, der bei Entlassung als vermutliche Ursache einer Verschlechterung der MS (Uthoff-Phänomen) gewertet wird. Eine kardiale Ursache wird während des 5-tägigen Aufenthaltes in der Inneren Medizin ausgeschlossen. Eine Mitbetreuung durch die Neurologie erfolgte. Eine Behandlung des Harnweginfektes wurde begonnen. Die Patientin wurde zur weiteren neurologischen und urologischen ambulanten Behandlung entlassen.

    Der MDK kommt zu dem Schluss, es handele sich hier um eine tertiäre Fehlbelegung. Die Patientin hätte nur in eine neurologische Fachabteilung verlegt werden dürfen.

    Daraufhin verlangt die Kasse eine Rückzahlung jeglicher Leistung!

    Wie sehen Ihre Erfahrungen mit tertiärer Fehlbelegung aus, wie beurteilen Sie den Fall?

    Gruss,

    Rolf Grube
    Klinikum Krefeld

    Grüße aus dem Rheinland

    Rolf Grube, MBA
    FA für Anästhesie

    • Offizieller Beitrag

    Guten Abend, Herr Grube

    Zitat


    Original von grubie:
    ...
    Der MDK kommt zu dem Schluss, es handele sich hier um eine tertiäre Fehlbelegung. Die Patientin hätte nur in eine neurologische Fachabteilung verlegt werden dürfen.
    ...

    Nach meiner Kenntnis bedeutet \"tertiäre Fehlbelegung\" die stationäre Belegung in einem Krankenhaus mit einer (unangemessen erscheinenden) Versorgungsstufe. Die obige Aussage und daraus gezogenes Fazit erscheinen mir daher nicht zusammengehörig...?

    Gruß
    B. Sommerhäuser

  • Hallo Herr Grube,

    ich bin ja nun auch mit vielem nicht einverstanden, was Krankenhäuser
    in Sachen Verlegungspraxis so alles treiben. Muss ihnen aber hier recht geben, dass der MDK hier eindeutig zu weit geht.

    Die Forderung könnte ich allenfalls nachvollziehen, wenn Sie 1 Woche an den Tatsachen vorbeidiagnostiziert und -behandelt hätten und dann hilfesuchend an eine neurologische Fachabteilung weiterverlegt hätten. Da hätte ich sie wahrscheinlich auch gefragt, was das hätte werden sollen.

    Was sie hier schildern, hört sich für mich recht brauchbar an, vor allem, da Sie ja auch den diagnostischen Erfolg vorweisen können, die entsprechende Therapie begonnen und in die ambulante Weiterbehandlung entlassen haben.

    Den kompletten Fall würde ich mir nicht vom Brot nehmen lassen. Sekundäre Fehlbelegung kann ich jetzt nicht abschließend beurteilen, da sie sich z.B. über den umfang der kardiologischen Abklärung nicht weiter ausgelassen haben. Aber tertiäre Fehlbelegung (hab ich heute übrigens das erste Mal gehört 8o ) halte ich für definitiv übertrieben. Ich gehe abschließend auch davon aus, das sich das zuverlegende Haus wahrscheinlich auch was dabei gedacht hat, in ihr Haus zu verlegen.

    Würde mich glatt mal interessieren, was diese spezielle Krankenkasse/ der spezielle MDK-Gutachter angezettel hätte, wenn KH 1 an eine neurologische Klinik überwiesen hätte und die weiter verlegt hätten, weil eine kardiologische/internistische/urologische Abklärung für notwendig erachtet worden wäre. :d_zwinker:

    Hier stutzt sogar der Erlösminimierer.

    MFG
    Martin Wittwer

    :t_teufelboese: Abrechnungssachbearbeiter :t_teufelboese:

    Alle Menschen sind klug - die einen vorher, die anderen nachher.

    Voltaire ( 1694-1778 )

  • Hallo Herr Grube,
    die KK hat m.E. keine Chance, diesen Streit zu gewinnen. Das BSG hat eindeutig ein Wahlrecht des KH zwischen Fachabteilungen bejaht. MAW das KH hat ein Wahlrecht, in welcher der fachlich in Betracht kommenden Abteilungen die OP durchgeführt werden kann.

    BSG Urteil vom 24.7.2003, Az B 3 KR 28/02 R

    (Zitiert nach \"Praktiker-Handbuch Krankenhaus\")

    Freundliche Grüße
    Christoph Bobrowski

    Dr. med. Christoph Bobrowski, M.Sc.