Infekt nach Osteosynthese? HD Fraktur oder Infekt?

  • Hallo Forum,
    wir brüten über folgendem Problem:
    Pat. mit OSG-Fraktur bekam (auswärts) eine opertive Versorgung. Einige Zeit später erfolgt die Aufnahme bei uns wegen eines Infekts in besagtem OP-Bereich. Das Metall wird entfernt und der Infekt mit einer Vakuumversiegelung mit mehrfachen Wechseln behandelt.

    Also ergeben sich folgende Codes:
    S82.31 Distale Fraktur der Tibia mit Fraktur der Fibula
    T81.4 Wundabszeß nach medizinischen Maßnahmen
    Z47.0 Metallentfernung
    F17.2 Smokey

    5-893.0f Chirurgische Wundtoilette [Wunddebridement] und Entfernung von erkranktem Gewebe an Haut und Unterha
    5-916.2f Entfernung und Neuanlage einer Vakuumversiegelung 5-893.0f Chirurgische Wundtoilette [Wunddebridement] und Entfernung von erkranktem Gewebe an Haut und Unterha
    5-916.2f Temporäre Weichteildeckung durch alloplastisches Material, kleinflächig, Unterschenkel
    5-787.3n Entfernung von Osteosynthesematerial, Platte, Tibia distal
    5-900.1f Einfache Wiederherstellung der Oberflächenkontinuität an Haut und Unterhaut durch Sekundärnaht

    Nach D005d ist bei einem GEPLANTER Folgeeingriff (ME nach Fraktur) die Fraktur die HD. Hier ist der Folgeeingriff zwar ungeplant (trotz ME), aber letzlich doch Folge der Verletzung (Pat. hätte ohne Verletzung/OP ja keinen Infekt).

    D002d, Abschnitt \"Erkrankungen...nach med. Maßnahmen\" könnte auch dafür sprechen, die T81.4 als HD zu nehmen (allerdings leuchtet das jetzt nicht so ein).

    Doch wie soll man\'s denn bei TEP nach Koxarthrose, dann Infekt machen? Hier ist die ursrüngliche Koxarthrose irgendwie als HD nicht mehr so passend....

    Noch so am Rande:
    HD S82.31 = DRG I02Z / RG 4.633
    HD T81.4 = DRG T01C / RG 1.485

    Noch eine Anmerkung: Würde der Pat. als \"Komplikation innerhalb oGvwd\" wieder aufgenommen, wäre die HD auch die Fraktur.

    Der MDK der BG allerdings sieht natürlich die T81.4 als HD.

    Hat vielleicht schon mal jemand ähnliche Fälle MDK-mäßig bearbeitet?

    @Orthos/UnfallChirurgens: Könnte man eine Zeitgrenze angeben, ab derer der Infekt vielleicht doch nicht mehr Folge der Fraktur ist, also z.B. ggf. endogen? Was könnte dann die HD sein? T81 wäre da ja auch nicht mehr angebracht?

    Vielen Dank!

    P.Dietz

  • Hallo Herr Dietz.

    In dem geschilderten Fall ist für Sie auf jeden Fall der Infekt als HD anzusehen.
    Mit der Fraktur an sich hatten Sie ja nur \"am Rande\" etwas zu tun.

    Anders würde die Sache aussehen, wenn die Versorgung der Fraktur auch bei Ihnen (<- wichtig!) stattgefunden hätte. Dann wäre es eine WA wegen Komplikationen, mit der Fraktur als HD.

    Da die ME ungeplant war, kommt die DKR D005d nicht in Betracht.

    Warum leuchtet die DKR D002d nicht ein?

    Veranlassung KH Aufenthalt bei Ihnen -> Infektion nach Eingriff = T81.4
    Fraktur ist ND

    Schönen Feierabend
    papiertiger
    P.S.: Wurde ein Keim nachgewiesen? Wenn ja, unbedingt mitkodieren.

    Gruß
    papiertiger

    Sport: eine Methode, Krankheiten durch Unfälle zu ersetzen.

  • Hallo P. Dietz!
    Ich würde HD T81.4 nehmen. Da der Patient nicht zu geplanten, regulären Metallentfernung kommt, würde ich sogar Z47.0 weglassen, dafür haben sie ja eine entsprechende Prozedur eingegeben, welche hier auch für die DRG-Zuordnung verantwortlich ist. Da die Fraktur aber offensichtlich schon verheilt ist, zumindest wurde ja kein neues Osteosynthesematerial mehr \"verbaut\", käme für mich als ND T93.2 (Folgen einer Fraktur d. unteren Extremitäten)in Frage. Als eine weitere HD wäre evtl. auch T84.6 (Infektion u. entzündliche Reaktion durch eine interne Osteosynthesevorrichtung) möglich, sollte es sich um eine Osteosyntheseunverträglichkeit handeln, welche ein ähnliches Bild, wie eine postoperative Infektion zeigen kann. Dann würde sicher auch das Metall entfernt, trotz noch bestehender Fraktur, ggf aber kein Neues mehr implantiert. In diesem Fall würde ich die Fraktur dann doch wieder als ND aufführen und die T93.2 weglassen. Betreffs WA schließe ich mich dem Papiertiger an.

    mfG Findus

    MfG findus

  • Schönen guten Tag Herr Dietz!

    Die operative Frakturbehandlung besteht in der Regel aus

    1. der Osteosynthese und
    2. der Entfernung des Osteosyntehsematerials.

    Nur so ist der ursprüngliche Zusatnd (weitgehend) wiederhergestellt. Insofern ist es konsequent, die geplante ME mit der Hauptdiagnose der Fraktur zu versehen.

    Im Falle eines Infektes ist jedoch der Infekt der Aufnahmeanlass, denn bei regelhaftem Verlauf wäre eine Aufnahme (zu diesem Zeitpunkt) nicht erforderlich gewesen. Dies gilt auch, wenn im Rahmen der Infektbehandlung das Metall entfernt werden muss.

    Die Wiederaufnahme mit Fallzusammenführung bedeutet, dass sie aus den zwei Aufenthalten (Frakturbehandlung und Infektbehandlung) einen Aufenthalt machen. Für diesen zusammengefassten Aufenthalt war dann logischerweise der Aufnahmeanlass des ersten Aufenthaltes, also die Fraktur der Aufanhmeanlass.

    Anders sieht es aus, wenn der Patient von Ihnen an der Fraktur versorgt wurde, die Wiederaufnahme wegen Infektes jedoch außerhalb der Grenzverweildauer stattfand. Dann gilt wieder für jeden Aufenthalt der eigene Aufnahmeanlass als HD und damit für die Infektbehandlung auch der Infekt.

    Übrigens: Zu dem Code T81.4 gehört die textliche Einschränkung \"andernorts nicht klassifiziert\". Wenn sie also einen spezifischeren Code für den Infekt finden, dann können/sollten sie ihn meines Erachtens auch bevorzugen.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo zusammen,
    vielen Dank mal für die Antworten.
    Also liest man nochmals die Kodierregeln zu den Txx.x Codes:
    \"Dieser Code ist nur zu verwenden, wenn kein spezifischerer Code aus ...M96.-...usw.\"

    M96.9 ist ja ein netter Code (\"Komplikation nach med. Maßnahmen am Muskel.Skelett-System, n.n.bez.\", aber wiederum ausgeschlossen, wenn ein T-Code doch spezifischer ist.

    Welcher Chirurg, der sich NICHT täglich mit diesen Spitzfindigkeiten auseinandersetzt, weiß das schon?

    Nun, T81.4 ist mit diesen Hinweisen allerdings auch nicht richtig, vielmehr ist der Infekt nach Osteosynthese mit T84.6 zu verschlüsseln!

    Und was kommt nun raus?
    Ob M96.9 oder T84.6, die DRG bleibt bei I02Z, nur mit der \"falschen\" T81.4 geht es runter auf T01C.

    Was schliessen wir daraus? Alle T81.4 überprüfen, ob nicht doch ein T84.6 dahintersteckte, und dann eine neue Rechnung erstellen ;)

    Viele Grüße
    P. Dietz

  • Sehr geehrter Herr Dietz,

    T81.4 steht als Untergruppe zu \"Komplikationen bei Eingriffen, anderen Ortes nicht klassifiziert\".
    T84.- lautet \"Kompliktionen durch..\"
    Ein früher Infekt dürfte nichts mit dem Implantat sondern alleine mit der Kontamination durch den Eingriff in Zusammenhang stehen.
    Bei Spätinfekten hat ein Implantat eine andere (teil-) verursachende Bedeutung.
    Somit dürfte die T84.- eher eine rare Diagnose sein, es sei, dass unser ICD Formulierer das Wort \"durch eine interne... mit \"bei\" ersetzt oder ergänzt.
    Leider heist codieren immer noch Sprachverständnis vor Medizinverständnis.
    Viele Grüße
    P.Host

  • Hallo alle miteinander,

    ich wundere mich, warum es auch noch nach 19 Jahren immer noch Probleme mit der Unterscheidung http://T84.ff/T81.ff früher ICD http://996.ff/998.ff gibt.

    Es ist klar definiert, das die T84 (fast) immer an die Stelle von T81 tritt, wenn orthopädisch-, traumatologische Implantate im Spiel sind. Somit gibt es also kaum Wahlmöglichkeiten.

    Ob der Code nun \"bei\" oder \"durch\" heißt, dürfte ziemlich egal sein, denn das \"durch\" kann man auch so sehen, das das Einbringen von Implantaten (un-)mittelbar die Ursache für Komplikationen sein kann; größerer Zugang, Fremdkörperreaktionen, Minderdurchblutungen, Nekrosen/Verbrennungen im OP-Gebiet nach dem Bohren usw. alle sind spezielle Nährböden oder Gründe für das Angehen von Infektionen, Erleichterungen für das Entstehen von Stressfrakturen usw.

    Nun aber zu den Codierungen.

    Sie schreiben S82.31 Fraktur distale Tibia + Fibula jeder Teil. Im Text steht OSG-Fraktur (S82.8ff). War es eine distale US Fraktur oder eine OSG-Fraktur?

    T81.4 darüber hat schon Herr Findus sich ausgelassen. Das der Erreger fehlt, wurde auch schon bemerkt (Papiertieger) (B95.ff – B97; bei Resistenzen noch zusätzlich Uff).

    Das Pendant zur S82.ff als Folge einer Fraktur ist die T93.2 (Findus) je nach dem was zutrifft.

    Z47.0 kommt nur für eine geplante Weiterbehandlung in Frage, also entfällt sie hier (Findus).

    F17.2 Nikotinabhängigkeit, wenn die Bedingungen dafür erfüllt sind und diese codierrelevant sind, kann sie genommen werden.

    5-787.3n Plattenentfernung distale Tibia (da ungeplant fehlt noch die 5-983). War es dann wirklich nur eine OSG-Fraktur?

    5-893.0f ….wirklich nur kleinflächig? Auch wenn die Schichten hier dicht beieinander liegen, wäre in diesem Fall die 5-869.1 nicht besser?

    5-916.2f (2x) die Vakuumversiegelung ist die 5-916.aff (s. dort auch den Hinweis u.a. zur 5-869.1 oder zur 5-85ff; 5-916.aff je nach Schichttiefe). Ist denn über die Vacuumversiegelung weiteres alloplastisches Material verwendet worden?

    Wenn die Vacuumversiegelung mehrfach gewechselt wurde, muss der Code öfter angegeben werden. Oder wurde nur das Sogsystem gewechselt (8-190.1ff je nach Dauer)?

    Die 5-983.0f taucht 2x auf; zur 5-983 und 5-869.1 habe ich schon etwas gesagt.

    5-900.1f Sekundärnaht Haut. Wurde wirklich nur die Haut versorgt?

    Allein die Fragen, ob es eine US-Fraktur war, ob sie noch akut oder bereits durchgebaut war und ob das ganze sich tatsächlich nur im Cutis-/Subcutisbereich abspielte, sind es wert, an Hand des Krankenblattes gegengeprüft zu werden. Wenn alles überprüft und dann stimmig ist, kann man nach Analyse die HD festlegen, wobei es die S82ff oder T93.ff wahrscheinlich nicht sein wird. Das Groupen wird dann zum Automatismus.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin

  • Guten Abend zusammen, hallo Herr Winter,

    vielen Dank für die Hinweise. Bin nun zuhause, kann aber ein paar Fragen erinnerlich klären ;)

    Um genau zu sein war es gar eine trimalleoläre Fraktur, die Pat. kam zu uns nach auswärtiger Versorgung wegen einer Fistel, die bis auf die Platte reichte. Allerdings war die Platte auf der Fibula (insofern falscher ME-Code). Auch unter der Platte war ein Infekt nachweisbar, wenn auch keine Osteitis. Staph aureus war der Bösewicht, wie so oft.

    Es waren drei OPs, also einmal ME, Debridement und Coldex(Vak.-versiegelung), einmal Wechsel und dann Sekundärnaht (vermutlich auch mehr als Haut). Ich kann jetzt nicht das Grouperergebnis mit den korrekten Codes testen, ich vermute aber schwer, dass es bei I02Z bleibt - und diese DRG spiegelt auch den Aufwand und die Aufenthaltsdauer einigermaßen korrekt wider.

    Ich bin der Meinung, dass eine korrekte und ehrliche Kodierung eine ehrliche DRG bringt. Andererseits - und das teste ich oft - bringt eine marginal \"richtigere\" Kodierung oft keinen Unterschied - und das ist auch gut so. In diesem Falle ist der Unterschied von T81 zu T84 gut 6000 EUR zu unseren Lasten, hier lohnt der Aufwand allemal - wir haben schon Rückforderungen in Höhe von 18 EUR erhalten....

    Letztlich kommt die primäre Fehl-Kodierung ja in einem Controlling nur als ICD/OPS-Salat an. Wenn dieser stimmig ist, und die DRG plausibel erscheint, wird kaum jemand nach der Akte rufen. Im speziellen Falle nun jedoch der MDK...Dann allerdings - und so machen wir\'s ja auch - muß die Akte gegen die Kodierung geprüft werden.

    Nochmals vielen Dank für die Hinweise.

    Ruhige Nacht
    P.Dietz

  • Hallo Herr Dietz,

    nun liegen genauere Angaben vor.

    Danach würde ich folgendes codieren:

    S82.82 oder T93.2 je nach dem, ob die Primärbehandlung abgeschlossen war oder nicht.
    T84.6 für die Infektion unter der Platte
    B95.6! für den Staph. Aureus
    F17.2 für den Nikotinabusus

    HD dürfte die T84.6 sein.

    Als Prozeduren würde ich dann codieren:
    1. 5-787.3r + 5-983 + 5-869.1 + 5-916.a1 (jeweils + R/L)
    2. 5-916.a1 (+R/L; und hier in der Bedeutung Wechsel; wenn dabei noch ein Debridement durchgeführt wird käme noch die 5-869.1 hinzu, 5-983 ad libitum, da mit der 5-916.aff bei der Bedeutung Wechsel schon ausgedrückt ist)
    2a. 8-190.1ff je nach Dauer
    3. 5-869.1 + 5-983 (Debridement (hier als Sekundärnaht) mehr als nur Haut schichtübergreifend)

    Mit der T93.2 als ND und T84.6 als HD sowie 8-190.13 (langer als 21 Tage) käme dann die I22Z als DRG heraus mit einem RW von 3,279.

    Eine gerechtere Bezahlung wird wohl erst dann erfolgen, wenn die Problematik der Mehrfacheingriffe insbesondere bei septischen Prozessen gelöst ist.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin